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SPRACHE/676: "Wie die Fremden auf unsere Sprache geblickt haben..." (Uni Bremen)


Universität Bremen - 3. Dezember 2009

"Wie die Fremden auf unsere Sprache geblickt haben..."

DFG fördert dreijähriges Editionsprojekt der Bremer Linguistik zum Chamorro


Seit 1996 wird von der Bremer Linguistik über das Chamorro, die austronesische Ethnosprache der Marianen-Inseln im Westpazifik erfolgreich geforscht. Während des weltweit ersten Festivals der Sprachen (17.9.-7.10.2009) in Bremen gründeten Fachleute aus zehn Staaten mit CHIN ("Chamorro Linguistics International Network") die erste internationale Organisation, die sich der Erforschung, dem Erhalt und dem Ausbau des vom Aussterben mittelbar bedrohten Chamorro widmet. Der Sitz von CHIN ist in der Universität Bremen (http://www.fb10.uni-bremen.de/chin/www.fb10.uni-bremen.de/chin/), der Bremer Linguistik-Professor Thomas Stolz Vizepräsident der Gesellschaft. Ihm hat nun die Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG) ein dreijähriges Projekt mit einem Finanzvolumen von 320.000 Euro bewilligt.

Unter dem Titel "Chamorrica - die kommentierte (Neu-)Edition und Übersetzung der frühen nicht englischsprachigen Quellen zum Chamorro (1668-1950)" wird Professor Stolz mit zwei Doktorandinnen ab April 2010 die zahlreichen und zum Teil bis heute nicht veröffentlichten Texte aus der spanischen, deutschen und japanischen Kolonialzeit aufbereiten, übersetzen, kommentieren und herausgeben. In diesen Texten wird das Chamorro aus der Sicht der verschiedenen Kolonialherren beschrieben (Grammatiken, Wörterbücher) bzw. als zur Vermittlung religiöser, philologischer und historischer Inhalte in nicht muttersprachlicher Form verwendet.

Den heutigen Sprechern des massiv vom auf den Marianen dominanten Englisch bedrängten Chamorro sind diese Texte zum allergrößten Teil unbekannt und unzugänglich, auch weil Kenntnisse in den Sprachen der früheren Kolonialherren fehlen. Durch das Projekt wird der an zeitgenössischen Schriftquellen relativ armen Chamorrosprecherschaft ein wertvolles Kulturgut aus ihrer Vergangenheit verfügbar gemacht. Zum einen deckt das Projekt auf, wie die auswärtigen Kolonialherren das Chamorro wahrgenommen, verstanden oder missverstanden haben. Zum anderen können die edierten Quellen der heutigen Sprecherschaft Mittel für den Ausbau ihrer Sprache in die Hand geben, da in ihnen längst vergessene Wörter, Konstruktionen, idiomatische Wendungen usw. belegt sind, die wiederbelebt werden können. Damit wird auch ein Beitrag zum Erhalt der Sprache geleistet.

Das Projekt wird im Interesse und mit Einverständnis der Chamorro-Ethnie durchgeführt. Die Bremer Linguisten kooperieren dabei nicht nur mit der Universität Guam und dem Northern Marianas Humanities Council vor Ort, sondern auch mit der University of Southern California (Santa Cruz) und der Asociación de Estudios del Pacífico (Madrid) sowie anderen Mitgliedern von CHIN. Die seit 2007 bestehende Kooperationsvereinbarung zwischen der Universität Guam und der Universität Bremen wird somit im Bereich Forschung umgesetzt.


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Quelle:
Pressemitteilung Nr. 387 / 3. Dezember 2009 SC
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veröffentlicht im Schattenblick zum 5. Dezember 2009