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REZENSION/005: Prinzessin Soraya - Palast der Einsamkeit (Autobiogr.) (SB)


Prinzessin Soraya


Palast der Einsamkeit



Soraya, iranische Ex-Kaiserin und als Abschiedsgeschenk des Schahs in den Stand einer Prinzessin erhobene Tochter eines iranischen Aristokraten und einer Deutschen, erzählt ihre turbulente Lebensgeschichte. Dabei kommen wohl vor allem jene auf ihre Kosten, die sich schon zu Zeiten, als Soraya noch ihre Kaiserinnenwürde innehatte, von deutschen Illustrierten mit Klischees bedienen ließen.

Fast wie ein Märchen mutet der Lebenslauf der Tochter einer der angesehensten iranischen Familien an, die im zarten Alter von 16 Jahren angeblich aufgrund eines Fotos vom Schah als Nachfolgerin seiner Frau Fawzia, die ihn verließ, auserkoren wurde.

Anscheinend ohne politische oder weltanschauliche Stellungnahme ist Soraya stets darum bemüht, das zu erfüllen, was von ihr als frischgebackene Prominente ihres Landes erwartet wird: sich als Projektionsfläche für die Wunschträume, aber auch für die Ängste ihrer Landsleute zur Verfügung zu stellen.

Eifrig darauf bedacht, die aufwendige Lebensweise der Schah- Familie zu relativieren, stellt sie klar, daß die "Diamanten", mit der ihr Hochzeitskleid bestickt war, nur Glassteine waren. Doch an anderer Stelle zählt sie die namhaften Pariser Modesalons auf, bei der die Schwestern des Schahs, die zwischen London, Rom, Paris und Teheran hin- und herjetten, ihre Garderobe anfertigen lassen.

Obgleich Sorayas Autobiographie, in der sie auch das kurze Zusammenleben mit dem italienischen Filmregisseur Franco Indovina schildert, eher einem tragischen Liebesroman mit historischem Hintergrund gleicht, berichtet sie doch über Details aus ihrem Leben mit Mohammed Resa Pahlewi, die diesen als skrupellosen Vertreter eines ausbeuterischen Feudalregimes in die Geschichte eingegangenen Herrscher in einem menschlichen Licht erscheinen lassen. Dem Leser drängt sich dabei die Frage auf, ob nicht nur Soraya, sondern auch der Schah als Projektionsfläche für das einfache Gut-Böse-Weltbild gedient haben, das auch heute noch von den meisten Menschen bevorzugt wird. Mußten sich beispielsweise jene Anti-Schah-Demonstranten der heute so gern glorifizierten Studentenbewegung der 60er Jahre angesichts der Blutgerichte des Revolutionsführers Khomeni nicht fragen, wem ihr Engagement tatsächlich gedient hat?

Soraya vermittelt in ihrem Buch nicht ein Bild des Politikers sondern des Menschen Resa Pahlewi, wie sie ihn in der Zeit ihrer Ehe von 1951 bis 1958 erlebt hat. Obwohl sie den vorwiegend in der Schweiz ausgebildeten Schah als sehr kultivierten, rücksichtsvollen Ehemann beschreibt, der sich kaum Zeit für persönliche Interessen nimmt, läßt sie hin und wieder auch durchblicken, daß sein Wesen wohl nicht ganz dem entsprach, was man von einem Schahinschah (König der Könige) erwartete:

Ich konnte diesen Schwächling, zu dem er geworden war, diesen entscheidungsunfähigen König auf dem Schachbrett der Großmächte, diese Marionette zwischen der Meinung der einen und den Ratschlägen der anderen, einfach nicht mehr ertragen. (S. 163)

Daß auch Mohammed Resa sich zuweilen weniger als machtvollen Herrscher denn als fremdbestimmtes Werkzeug ihm letztlich unverständlicher Mächte fühlte, deutet ein von ihm für Soraya zitierter Vers von Omar Khayyâms an:

Das ist die einzige Wahrheit: Wir sind nur einfache Bauern auf Allahs geheimnisvollem Schachbrett. Er rückt uns vor, läßt uns stehen, schiebt uns weiter. Bis er einen nach dem anderen opfert und dem Nichts übergibt. (S. 130)

Dieses Selbstbild Mohammed Resas, das durch den vielleicht typisch orientalischen Fatalismus noch verstärkt worden sein mag, ist nicht weiter verwunderlich, da sein Leben wohl von Anfang an von anderen verplant worden war. In der Schweiz wurde er nach westlichen Vorstellungen erzogen, im Alter von 20 Jahren mit der Schwester des ägyptischen Königs Faruk verheiratet und mit 22 als Schah auf den Pfauenthron gesetzt, nur um die Abdankung seines unbequemen Vaters zu erzwingen. Fortan war er mehr oder weniger Spielball internationaler Interessen, in deren Brennpunkt das iranische Öl stand. Seine Schwester Chams sagte über ihn:

"Mohammed Resa ist ein schüchterner, sanfter Mann, dem es an Selbstvertrauen mangelt. Im Schatten eines allmächtigen Vaters hatte er keine leichte Kindheit." (S. 263)

Nur allzu leicht drängt sich angesichts solcher Aussagen der psychologische Allgemeinplatz auf, daß gerade Menschen, die als zu schwach und sanftmütig gelten, sich eines Tages verpflichtet fühlen, vor der Welt mit Blutbädern und Greueltaten den Gegenbeweis anzutreten. Ein derartig begründetes Verständnis wäre ebenso schwarz-weiß-malerisch wie die Selbstdarstellung Sorayas als engagierte Wohltäterin der iranischen Unterschicht.

Die Kehrseite des vermeintlichen kaiserlichen Glanzes wird deutlich, wenn Soraya die Zeiten beschreibt, in denen die Position des Schahs alles andere als gesichert war:

Nachts schläft er mit einem Revolver unter dem Kopfkissen und wechselt ständig das Zimmer. Wie ein verfolgtes Tier. (S. 155)

Sorayas Beschreibung der Geschehnisse am iranischen Kaiserhof endet mit ihrer Ehe im Jahre 1958. Zwanzig Jahre danach läßt der Schah seine Armee und seinen gefürchteten Geheimdienst Savak gegen seine Gegner marschieren. Tausende werden in seinem Namen getötet, bevor er schließlich mit seiner Familie das Land verläßt. Es ist nicht leicht, eine Verbindung zwischen diesem erklärten Feindbild der Studentenbewegung (Benno Ohnesorg wurde auf einer Anti-Schah-Demonstration erschossen) und jenem Mann herzustellen, dessen Reaktionen Soraya so nachvollziehbar beschreibt:

Der meisten seiner Befugnisse beraubt, schloß Mohammed Resa sich nun stundenlang in sein Zimmer ein, las Kriminalromane oder döste vor sich hin. (S. 135)

Und es sind genau diese Widersprüche zwischen dem Bild des Despoten und der Privatperson Mohammed Resas, die die Autobiographie von Soraya lesenswert machen - stört sie doch zumindest ein wenig die Farbverteilung in einer Welt, die viel zu sehr nur aus Schwarz und Weiß zu bestehen vorgibt.


Prinzessin Soraya
Palast der Einsamkeit
Autobiographie
edition ferenczy bei Bruckmann, 1994
272 Seiten
ISBN 3-7654-2722-5