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REZENSION/024: Susan Bosanko, Hg. - Das große Buch der Magie (SB)


Herausgeber: Susan Bosanko


Das große Buch der Magie

Handlesen · Wünschelrute · Biorhythmus · Graphologie · Hellsehen · Kartenlegen ...



Dieses 320 Seiten starke Buch aus dem Delphin Verlag ist recht unauffällig aufgemacht. Auf dem grauen Buchdeckel glänzt unspektakulär eine Kristallkugel und eine weiße Schrift kündigt Vorhersagen der verschiedensten Art an.

In dem kurzen Vorwort definiert die Herausgeberin Susan Bosanko ihre Intention: Es soll ein Nachschlagewerk über die mannigfaltigen Wege der Wahrsagemethoden sein. Und man kann sagen, es ist der Herausgeberin mit der Unterstützung mehrerer Experten gelungen, diesem Anspruch gerecht zu werden.

Auch sind, wie es beabsichtigt war, die Informationen mühelos zu erfassen, denn sie sind recht einfach und überschaubar gehalten.

Dieses Buch ist sowohl für denjenigen geschrieben worden, der auf einer Party wahrsagen möchte wie auch für den "magisch interessierten Neuling", der sich ernsthaft unter den verschiedensten Vorhersagepraktiken orientieren möchte.

Um eine wohlmeinende Bewertung voranzustellen: Dies Buch ist mit Sicherheit dazu geeignet, einen allgemeinsten Überblick mit all seinen positiven und negativen Implikationen zu verschaffen.

Positiv deshalb, weil jede Art der Vorhersage, selbst die einfachste Wahrsagemethode, wie zum Beispiel das Beantworten einer Frage mit ja oder nein durch das Fallenlassen zweier entsprechend gekennzeichneten Zetteln, in der umfangreichen Liste der Vorhersagepraktiken erscheint.

Negativ hingegen, weil mit der Vereinfachung, die unweigerlich bei der Kategorisierung für einen schnellen Überblick notwendig wird, die sowieso schon bestehenden Klischees noch gesteigert werden. Das artet dergestalt aus, daß bei der Physiognomik, in der aus der Kopfform beziehungsweise der Form der Einzelteile des Gesichts Rückschlüsse auf das Wesen der Person gezogen werden, schablonenhaft gefolgert wird: heruntergezogene Mundwinkel weisen auf einen mißmutigen Menschen hin und hochgezogene Mundwinkel auf einen freundlichen Menschen.

Nicht alle Vorhersagemethoden werden mit der gleichen Ausführlichkeit behandelt. Fünf Experten haben ihr Fachgebiet detailliert dargestellt, oftmals anhand von praktischen Beispielen. Die Schwerpunkte in diesem Buch liegen daher bei: Handlesen, Graphologie, Kartenlegen, Tarot und Astrologie. Diesen Bereichen merkt man deutlich an, daß sie von jemandem präsentiert werden, der sich ausgiebig mit der Materie befaßt hat.

Beim HANDLESEN spielen die Hand- und Fingerformen eine große Rolle sowie die Handlinien und -berge, die, vergleichbar mit der Astrologie, ihre Entsprechung in den Planeten und deren Zuordnungen finden. Die Deutungen, vor denen zwar insofern gewarnt wird, als daß keine Einzelheiten gesondert herausgelöst, sondern alle Aspekte in ihrer Gesamtheit beachten werden sollten, werden aber dennoch als Einzelaspekte angeboten, so daß man durchaus versucht ist, nur punktuelle Deutungen vorzunehmen.

Die GRAPHOLOGIE ist in der dargestellten Weise sehr psychologisch geprägt, obwohl sie nach Angaben ihrer Geschichte bereits Jahrtausende alt ist. Anzeichen von psychologischen Prozessen sollen daran abgelesen werden können, wie bestimmte Wörter oder Buchstaben in der Handschrift ausgebildet sind. In der Hauptsache aber werden Charaktereigenschaften aufgezählt.

TAROT und KARTENLEGEN stellen jeweils die Karten vor und zeigen ihre Bedeutungen auf. Die Methoden des Auslegens der der Karten sowie ihr Auftreten in bestimmten Kombinationen werden in bezug auf die Frage des Ratsuchenden hin interpretiert. Beide Methoden des Wahrsagens unterscheiden sich in der Art des Auslegens wie auch in der Deutung. Aber wenngleich das Kartenlegen im Unterschied zum Tarot auch einfacher scheint, so lassen sich ähnliche Interpretationen doch nicht ausschließen.

ASTROLOGIE ist diejenige Methode, die den an Seitenzahl stärksten Anteil im Buch einnimmt. Das liegt unter anderem daran, daß es vieler Berechnungen bedarf, um ein Horoskop zu erstellen und die Deutung auf zahlreichen Kombinationen beruht. Da vorrangig ein Beispiel-Horoskop erstellt wird, kann derjenige, der seine Planetenkonstellationen nicht kennt, wenig mit der allgemeinen Deutung anfangen. Besitzt man jedoch bereits ein errechnetes Horoskop, ist es durchaus möglich, eine oberflächliche Deutung vorzunehmen. Besorgt man sich die notwendigen Tabellen, bietet das Buch anhand des Beispiels eine Anleitung, nach der ein Horoskop erstellt werden könnte.

Aber auch das I Ging und die Traumdeutung nehmen einen großen Raum ein. Für das I Ging wird der geschichtlichen Hintergrund und der Aufbau der Hexagramme dargestellt. Um die in der Deutung auftretende bildhafte Sprache für die konkreten Fragen der Europäer zugänglich zu machen, wird auch hier ein praktisches Beispiel gegeben.

Die Traumdeutung bietet eine Liste von symbolhaften Entsprechungen, die einfache Analogien beinhalten wie zum Beispiel: Akrobat - Vorsicht vor Unfällen, besonders auf Reisen. Blätter - Grün und wachsend = Glück und Gesundheit,

abfallend = Trennung, Abschied. Ziegelsteine - Plötzliche, ungünstige Veränderung.

Wer abergläubisch ist, kommt vollends auf seine Kosten. Seitenweise werden gute wie böse Omen in knappen Sätzen dargelegt. Zum Beispiel Omen, die Glück verheißen: Wenn man sich bei Sturm die Haare schneidet. Wenn man auf ungebügelten Laken schläft. Wenn ein Rotkehlchen ins Haus fliegt. Omen, die Unglück verheißen: Wenn man einen Hut aufs Bett legt. Wenn man vor dem Frühstück singt. Wenn man direkt nach der Trauung ein Schwein sieht.

Auch das überall verlachte Kaffeesatzlesen oder Teeblätterdeuten wird in diesem Buch ernsthaft behandelt. Unter dem Namen Tasseographie wird der historische Hintergrund aufgezeigt, und es werden genaue Anweisungen geboten, wie der Bodensatz zu behandeln sei sowie zwölf Seiten über mögliche Symbole aus Bodensatz oder Teeblättern und deren Deutungsgehalt.

Würfeln, Numerologie, Pendeln, Runen und Biorhythmus bis hin zu so unbekannten Vorhersagemethoden wie Entomomantie, dem Wahrsagen aus dem Erscheinen und Verhalten von Insekten, oder Phyllorhodomantie, dem Wahrsagen aus Blütenblättern von Rosen, sind in diesem Nachschlagewerk vertreten und bieten dem Leser eine gute Übersicht mitsamt des jeweiligen geschichtlichen Hintergrunds vieler bisher nicht weit verbreiteten Möglichkeiten der Vorhersage. Insgesamt 100 Wahrsagemethoden werden aufgelistet.

Es fällt angenehm auf, daß Wahrsagen, wie das Hellsehen beispielsweise, nicht als außergewöhnliches Talent dargestellt wird, sondern als eine für jeden erlernbare Fertigkeit. Auch zeugt es von einem gewissen Verantwortungsgefühl, wenn die Verfasser daran erinnern, daß selbst derjenige, der das Wahrsagen nur aus einer Laune heraus betreibt, gleichwohl Diskretion und Mitgefühl aufbringen sollte. Denn wie spaßhaft die Vorhersagen auch immer vorgetragen werden: sie zeitigen doch ihre Wirkung.

Der Rat, vorsichtig und eingedenk der eigenen Fehlbarkeit vorzugehen, ist sicherlich angemessen wie auch weitsichtig.

Was man nicht von diesem Buch erwarten darf, ist eine Auseinandersetzung mit dem Wissen, aus dem die Fähigkeit der Vorhersage stammen könnte. Angeboten wird lediglich der jeweilige historische Hintergrund, sofern er überliefert ist, und die denkbar einfachste Deutungsmöglichkeit. Das hat zwar den Vorteil, daß der Stoff unterhaltend wie auch leicht verständlich ist, doch läßt diese Art des Herangehens auch ein leeres Gefühl zurück, als wäre das Wichtigste unerwähnt geblieben.

Sollte ein Leser tatsächlich auf der Suche nach einem Wissen sein, das in dem Staub seiner Spuren jene Vorhersagemethoden zurückließ, deren Treffsicherheit noch heute viele Menschen in Erstaunen versetzt, so wäre ihm mit diesem Buch der Magie nicht weit gedient.

Will er allerdings seine Sammlung über magische Praktiken vervollständigen, ähnlich einem Wissenschaftler, der akribisch genau alle Arten einer Spezies zusammenträgt und ihre Erscheinungsweisen dokumentiert, ist er mit diesem artenreichen Buch gut beraten.


Herausgeber: Susan Bosanko
Das große Buch der Magie
Handlesen · Wünschelrute · Biorhythmus
Graphologie · Hellsehen · Kartenlegen ...
Aus dem Englischen von Edith H. Aulich
Delphin Verlag GmbH, München und Zürich 1985
320 Seiten