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REZENSION/507: "Der Hauptfeind steht im eigenen Land" - Dokumentation der I. Konferenz 2009 (SB)


Der Hauptfeind steht im eigenen Land!


Dokumentation der I. Konferenz, 21. bis 24. Mai 2009, Göttingen



Veranstalter:
KAZ-AG "Zwischenimperialistische Widersprüche"
www.secarts.org.

Im Mai 1915 prägte der damals noch der SPD zugehörige Reichstagsabgeordnete Karl Liebknecht in einem Flugblatt gegen den Krieg die Losung "Der Hauptfeind jedes Volkes steht in seinem eigenen Land!" Für die Bevölkerung des deutschen Kaiserreichs bedeutete dies, gegen den "deutschen Imperialismus, die deutsche Kriegspartei, die deutsche Geheimdiplomatie" zu kämpfen, und zwar "zusammenwirkend mit dem Proletariat der anderen Länder, dessen Kampf gegen seine heimischen Imperialisten geht". Der Politiker, den das Kriegsbündnis der Sozialdemokratie mit der Bourgeoisie und dem Adel aus der SPD trieb, der zusammen mit Rosa Luxemburg den revolutionären Spartakusbund begründete, um schließlich mit ihr am 15. Januar 1919 von den Prätorianern der bürgerlichen Reaktion ermordet zu werden, legte mit dieser Ausrichtung des Widerstands den Finger in die Wunde einer Kollaboration, mit der die Opfer des Kapitalismus für dessen Ziele vereinnahmt wurden.

Warum sollten sich Menschen, die einander nicht kennen und sich unter anderen Umständen vielleicht hervorragend verstanden hätten, im Auftrag von Herren, die ihre gemeinsamen Feinde sein könnten, gegenseitig umbringen? Auch wenn sich diese Frage im heutigen Europa nicht mehr auf dieselbe Weise stellt wie vor 95 Jahren, bleibt sie als Gegenposition zu den Strategien der Klassenspaltung virulent. Während imperialistische Kriege weitgehend auf die Peripherie der hochproduktiven Zentren Westeuropas und Nordamerikas begrenzt bleiben, bildet die internationale Arbeitsteilung im kapitalistischen Weltsystem das ökonomische Äquivalent zu den kriegerischen Raubzügen der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts. Übersetzt auf heutige Verhältnisse lautet die Frage daher, was der einzelne Bundesbürger damit zu tun hat, daß seine Regierung Krieg in Afghanistan führt, daß sie am Überfall der NATO auf Jugoslawien teil hatte, daß sie hochgradig zerstörerische Waffen in Spannungsgebiete wie den Nahen und Mittleren Osten liefert und daß sie sich an der gegen den Iran gerichteten Eskalationsstrategie beteiligt. Was geht es deutsche Bürger an, wenn in ihrem Land angesiedelte Konzerne in den Ländern des Südens und Ostens eine die Lebensverhältnisse der Menschen zerstörende Kapitalakkumulation betreiben, wenn deutsche Behörden mit politisch repressiven Regimes in aller Welt gemeinsame Sache machen, um die Verwertungsbedingungen des hiesigen Kapitals zu sichern, wenn die EU eine menschenfeindliche Flüchtlingspolitik betreibt und bürgerliche Politiker rassistische Ressentiments gegen Migranten schüren?

Aufschluß über diese Fragen bietet die Dokumentation einer Konferenz, zu der die Internet-Plattform www.secarts.org und die KAZ-AG "Zwischenimperialistische Widersprüche" im Mai 2009 nach Göttingen eingeladen hatten. Die dort gehaltenen Referate sind in Form eines Sammelbands erhältlich, der in gedruckter Form bestellt oder als PDF-File heruntergeladen werden kann. Auch wenn die einzelnen Beiträge den Charakter von Redemanuskripten haben, so daß man eher von einer Textsammlung als einem Buch sprechen muß, lohnt sich die Lektüre.

Im Mittelpunkt aller Analysen und Reflexionen steht, dem Liebknecht-Motto der "1. Konferenz gegen den Hauptfeind" gemäß, der deutsche Imperialismus. Erika Wehling-Pangerl von der Kommunistischen Arbeiterzeitung (KAZ) bietet im ersten Vortrag "Entwicklung der deutschen Bourgeoisie seit dem deutschen Bauernkrieg" einen historischen Abriß der Entstehung des deutschen Imperialismus in den sozialen Kämpfen früherer Jahrhunderte, die sich als Nationalgeschichte von unten liest. Das Schwergewicht ihrer Analyse, die maßgeblich auf den Erkenntnissen der Imperialismustheorie W.I. Lenins beruht, liegt allerdings auf der Geschichte des 20. Jahrhunderts, in der der nachholende deutsche Imperialismus zwar militärisch scheiterte, sich jedoch in Fortsetzung des nazistischen Antibolschewismus mit Rückendeckung der Westalliierten neu formierte und letztlich gegen die DDR durchsetzte.

Gretl Aden von der KAZ-AG "Zwischenimperialistische Widersprüche" spricht unter dem Titel "Der deutsche Imperialismus und die EU: eine Frage von Krieg und Frieden" über die Europastrategien des deutschen Kapitals. Sie greift zurück auf das Ende des 19. Jahrhunderts, also die Epoche des klassischen Imperialismus, an dem das wirtschaftlich so starke Kaiserreich der Ansicht ihrer Eliten nach völlig unzureichenden Anteil hatte. Wie man diese ökonomische Stärke noch vor dem ersten Weltkrieg in Gestalt eines mitteleuropäischen Zollvereins expansiv zu nutzen gedachte, wie das Projekt eines mitteleuropäischen Wirtschaftsverbandes zum Kriegsziel erklärt wurde und wie man anschließend aus der Not eine Tugend machen wollte, in dem ein mit Menschenrechten, Minderheitenschutz und dem Selbstbestimmungsrecht der Völker bemäntelter "Ethischer Imperialismus" konzipiert wurde, erinnert nicht von ungefähr an Konzepte der Europäischen Union. Auch knüpfen heutige Kerneuropakonzepte nahtlos an die sich durch die Jahrzehnte ziehende Vorstellung der Schaffung eines organisatorischen Kerns, von dem aus die weitere Expansion vollzogen werden sollte, an.

Drei weitere Vorträge sind geostragischen Entwicklungen und der Rolle, die die Bundesrepublik dabei spielt, gewidmet. Albertine Schumann berichtet über die "Kriegsschauplätze Kosovo und Kaukasus" unter dem Gesichtspunkt der nach Südosteuropa, Osteuropa und Zentralasien gerichteten deutschen Großraumpolitik. Jörg Kronauer von German Foreign Policy bietet mit "Der deutsche Imperialismus und Afrika" eine fundierte Analyse des westlichen Einflusses auf diesem heterogenen Kontinent, wobei er insbesondere die Entwicklung im Sudan und die dort zwischen Deutschland und den USA auf der einen und China auf der anderen Seite kollidierenden Interessen an den Rohstoffen des Landes in den Blick nimmt. Auch Nigeria, Südafrika und der mörderische Krieg in der Demokratischen Republik Kongo unter Beteiligung Ruandas werden in den Kontext einer Einflußnahme der Bundesrepublik gestellt, die weit umfassender ist, als es die zurückhaltende Afrika-Berichterstattung in den großen Medien ahnen läßt.

Carlo Bastian vom Redaktionskollektiv www.secarts.org beleuchtet unter dem Titel "China und der deutsche Imperialismus" die ambivalente, zwischen ökonomischer Exploitation und geostragischer Eindämmung changierenden Politik Berlins gegenüber der Volksrepublik. Sein Rückblick auf die einstmals bedeutsame hegemoniale Rolle des chinesischen Reichs in Ostasien, seine Europa weit überlegene zivilisatorische und kulturelle Entwicklung sowie den Niedergang Chinas unter dem Einfluß der europäischen Kolonialmächte zeigt, daß die Kritik westlicher Staaten am chinesischen Entwicklungsmodell am blinden Fleck des eigenen Interesses an der Schwächung Chinas als globaler Akteur krankt. Zwar will man keinesfalls auf die Rolle der Volksrepublik als Wachstumslokomotive der angeschlagenen Weltwirtschaft und als Finanzier des US-amerikanischen Leistungsbilanzdefizits verzichten, gleichzeitig jedoch soll das Land weder in Hinsicht auf den Lebensstandard der eigenen Bevölkerung noch als Konsument endlicher Rohstoffe den gleichen Stand wie die ehemaligen Kolonialmächte erreichen. Dementsprechend verlogen sind die an Peking gerichteten Menschenrechts- und Demokratisierungsforderungen - die Nutzung der chinesischen Volkswirtschaft als billige Werkbank westlicher Wertschöpfungsketten setzt autoritäre staatliche Verfügungsgewalt voraus, zumal nicht gewährleistet ist, daß die verlangte Demokratisierung nach westlichem Vorbild notwendigerweise in ein kapitalistisches Akkumulationsregime mündete, das den Zugriff des westlichen Kapitals auf Land und Leute erweiterte. Wichtig für das Verständnis der gegen China gerichteten Offensiven sind auch die von Bastian geschilderten separatistischen Konflikte unter besonderem Augenmerk auf den nicht nur hierzulande, sondern auch in den USA florierenden Tibet-Mythos.

Rolf Fürst von der KAZ-AG "Zwischenimperialistische Widersprüche" bietet mit dem Titel "Weltwirtschaftskrise 2008 - ???" einen Ausblick auf die Krise des kapitalistischen Weltsystems, der aus gutem Grund offen bleibt. In seiner marxistischen Analyse legt er besonderen Wert auf die Entwicklung der organischen Zusammensetzung des Kapitals, also des Verhältnisses zwischen Investitionen in Maschinen und Anlagen einerseits und Lohnkosten andererseits. Da letztere im Rahmen der technischen Produktivkraftentwicklung und der wettbewerbsorientierten Senkung der Lohnstückkosten immer geringer werden, entsteht eine Überproduktionskrise mit tendenziellem Fall der Profitrate, der bereits seit den 1970er Jahren nachweisbar ist. Die dabei im Verhältnis zur Wirtschaftsleistung überproportional anwachsende Kapitalmenge bringt insbesondere deutsche Banken in die Position von Gläubigern gegenüber anderen Staaten, was für die politische Reichweite des deutschen Imperialismus von erheblicher Bedeutung ist. Die durch die Weltwirtschaftskrise besondere Betroffenheit deutscher Banken wiederum könnte, so Fürsts Analyse vor einem Jahr, in Anbetracht des im Vergleich zu anderen europäischen Volkswirtschaften relativ hohen Anteils der industriellen Güterproduktion an der Gesamtwirtschaftsleistung der Bundesrepublik zu einer Rückkehr zu keynesianischen Konzepten eigenstaatlicher Wirtschaftsorganisation sowie zur Notwendigkeit einer Kapitalvernichtung, die auch die Gefahr neuer Kriege in sich birgt, führen.

Betrachtet man die jüngste Entwicklung im Umgang der Bundesrepublik mit der Schuldenkrise Griechenlands, so gibt es für die von dem Referenten erwogene Möglichkeit einer offenen Kerneuropastrategie zur Konsolidierung deutscher Kapitalmacht einige Anzeichen. Der von ihm für den deutschen Imperialismus ausgemachte strukturelle Nachteil des Euro könnte nun, da die seinen Konvergenzkriterien geschuldeten Exportvorteile der deutschen Wirtschaft wegbrechen und die Rückzahlung der Kredite, die deutsche Banken an die besonders hoch verschuldeten Euro-Staaten Südeuropas vergeben haben, in Frage gestellt ist, durch die Reduzierung föderaler Verbindlichkeiten in der EU kompensiert werden. Inwiefern der mit dem Lissabon-Vertrag vorangetriebene Übergang vom Staatenbund zum Bundesstat EU unter diesen Bedingungen fortgesetzt wird, ob die führende Stellung Deutschlands und Frankreichs für einen EU-weiten wirtschaftspolitischen Paradigmenwechsel in Richtung auf staatskapitalistische Strukturen genutzt werden wird oder man sich von vornherein auf eine Rückkehr zu nationalstaatlicher Souveränität besinnt, dürfte zu den interessanten Fragen der nächsten Zukunft gehören.

Die zentrale Frage nach der Stellung der Lohnabhängigen im Prozeß der Krisenbewältigung, mit der dieser Vortrag abschließt, wird derzeit am Beispiel Griechenlands durch die Belastung der Lohnabhängigen und Versorgungsbedürftigen mit den Kosten der Krise beantwortet. Damit ist auch eine Antwort auf die Frage danach, was der einzelne Bundesbürger mit den imperialistischen Strategien der Bundesregierung zu tun hat, gegeben. Bringt der in die Peripherie getragene Krieg nicht das erwartete Ergebnis optimierter Verwertungsmöglichkeiten, kehrt er in Gestalt massiver sicherheitsstaatlicher Unterdrückung sozialer Konflikte in seine Herkunftsländer zurück. Die Rettung der Profitrate durch fortschreitenden Sozialabbau, durch die steuerliche Mehrbelastung der Lohnabhängigen und die Einspeisung aller verfügbaren Verwertungspotentiale, die sich noch aus den Mitgliedern der zur Schicksals- und Notgemeinschaft erklärten Nation herauspressen lassen, birgt zudem die Gefahr einer Abrichtung der Bevölkerung auf rassistische Feindbilder und die daraus resultierende Zustimmung zur staatsautoritären Verschärfung der Regierungsführung.

Der letzte von Marcel Kowalski von der KAZ-AG "Zwischenimperialistische Widersprüche" gehaltene Vortrag zur Frage "Was ist proletarischer Internationalismus?" bietet eine Begründung des Leitmotivs der Konferenz. Der bereits im Jahr 2004 entstandene Text legt unter Berufung auf die Klassiker der kommunistischen Theoriebildung Marx, Engels, Lenin und Clara Zetkin besonderes Gewicht auf die kritische Analyse der Einbindung der eigenen Bevölkerung in die Austragung zwischenimperialistischer Konkurrenzkämpfe. Nur "der nationale Klassenkampf gegen die eigene Bourgeoisie (habe) internationalistischen Charakter", denn erst die Summe dieser Kämpfe mache den "internationalen Klassenkampf" aus, in dem "die von den Kommunisten der verschiedenen Länder gemäß ihrer spezifischen Situation erarbeiteten Strategien wieder in den jeweiligen Ländern umgesetzt" würden.

Die Betonung dieser Reihenfolge wurzelt in der berechtigten Befürchtung, daß der Klassenkampf durch die Mobilisierung der Bevölkerung für nationalistische Ziele, die sich gegen die imperialistische Konkurrenz richten, gegen sich selbst gekehrt wird. Als ein Beispiel für derartige Konter wird unter anderem die ablehnende Haltung der deutschen Bourgeoisie gegen den Irakkrieg angeführt:

"'Wir haben in der ganzen Heuchelei eines Herrn Bush die Heuchelei der deutschen Regierung aufzuzeigen, in der Kritik der US-Hegemonie die Vorherrschaftsbestrebungen des deutschen Imperialismus, in der Expansion der US-Monopole die Gier der deutschen Monopole nach Beute. Das erst macht uns zu Internationalisten.' Wir dürfen nicht wieder 'auf die große Explosion warten bis die Gefährlichkeit des deutschen Imperialismus in der Linken erkannt wird.'"
(S. 89)

Mit diesem den Text "Was ist proletarischer Internationalismus?" abschließenden Zitat aus der KAZ wird die Gefahr eines Krieges zwischen imperialistischen Staaten beschworen, die zumindest zur Zeit nicht sehr naheliegend erscheint. Viel mehr scheint die Bundesrepublik bei dem Versuch, die EU zu einem den USA gegenüber gleichwertigen globalen Akteur aufzubauen, stark auf die transatlantische Karte zu setzen. Die Scharade, mit der der ehemalige Bundeskanzler Gerhard Schröder gegen den Überfall der US-geführten Koalition der Willigen auf den Irak opponierte, war von Anfang an als verdeckte Unterstützung dieses Krieges zu durchschauen. Schlimmer noch, durch den scheinbaren Bruch im westlichen Kriegsbündnis und die Bildung einer Achse der Weigerung Frankreich-Deutschland-Rußland wurden äquivalent zu der vom damaligen US-Verteidigungsminister Donald Rumsfeld geprägten Aufteilung der europäischen Partner in kriegsbereite "neue" und friedensselige "alte" Europäer eine Interessendivergenz unterstellt, die den Bevölkerungen vorgaukelte, es mit einer echten Polarisierung zwischen aggressiven und friedliebenden Staaten zu tun zu haben.

Dies hat sich im besagten Sinne einer Strategie der Befriedung und Kooptierung negativ auf die allgemeine Bereitschaft ausgewirkt, den Widerstand gegen den Irakkrieg und weitere Aggressionen aufrechtzuerhalten. Zustimmung der deutschen Bevölkerung zum imperialistischen Charakter deutscher Regierungspolitik zu erwirtschaften, fällt, wie die breite Mobilisierung chauvinistischer Ressentiments gegen die griechische Bevölkerung belegt, in Zeiten der Krise leichter denn je. Auf die Grausamkeiten anderer westlicher Staaten zu verweisen ist in Anbetracht der ideologischen Hegemonie einer sozialdarwinistischen Ich-Kultur nur bedingt erforderlich, um überwunden geglaubte Stereotypien der Feindseligkeit dem anderen, fremden gegenüber wirksam zu machen.

Wenn sich die Bundesrepublik heute zur informellen Vetomacht des UN-Sicherheitsrats aufschwingt, indem sie die gegen den Iran gerichtete Sanktionspolitik und Kriegsdrohung unterstützt, dann befindet sie sich mehr denn je in einem Boot mit den USA und ihren Verbündeten. Auch wenn ein letztlich zum Krieg führender Bruch zwischen der EU und den USA niemals ausgeschlossen werden kann, so scheint das vorherrschende Interesse der Administrationen in Washington, London, Paris, Berlin und Brüssel in einer Konsolidierung imperialistischer Schlagkraft gegenüber dem Rest der Welt, sprich China, Rußland, Indien und Brasilien sowie den übrigen Ländern des Südens zu liegen.

Nicht nur die internationale Arbeitsteilung unter der Regie der neoliberalen Welthandelsordnung, sondern auch die institutionelle Verschränkung des globalen Krisen- und Sicherheitsmanagements lassen einen fortgeschrittenen Entwicklungsstand supranationaler Globaladministration erkennen, die durch die Synchronizität bedrohlicher Entwicklungen des Klimawandels und der Ressourcenverknappung bei Nahrungsmitteln und Energie, die immer weniger gelingende Reproduktion kapitalistischer Gesellschaften und der Legitimationsverlust der politischen Systeme eher konsolidiert denn fragmentiert wird. Die ideologische Durchdringung der westlichen Kultur mit neokonservativen Konzepten biologistischer und sozialrassistischer Art tut ein übriges dazu, Feindbilder innerhalb und außerhalb der eigenen Gesellschaften salonfähig zu machen, auf die man sich zugunsten der Herrschenden einigen kann, solange man hofft, nicht selbst betroffen zu sein, was zu glauben wesentliche Absicht dieser Ausgrenzungsstrategien ist.

Kritik am spezifischen Charakter des in den USA herrschenden Verelendungs- und Akkumulationsregimes, am angeblichen Kampf der Kulturen und seinen islamophoben Auswirkungen, an neokolonialistischen Protektoraten auf dem Balkan, in Afghanistan und Irak, am israelischen Siedlerkolonialismus, an der mit der Terrorismusgefahr begründeten Einschränkung bürgerlicher Freiheiten wie der restriktiven Verhaltenskonditionierung unter dem Vorwand sozialer Befriedung und medizinischer Vorsorge, wie auf exemplarische Weise am Beispiel Britannien zu studieren ist, am herrschaftsförmigen Charakter moderner Sozial- und Naturwissenschaften wie an den propagandistischen Zumutungen einer vornehmlich von US-Konzernen produzierten globalisierten Unterhaltungskultur ist der Analyse des deutschen Imperialismus nicht abträglich, sondern erweitert den Blick auf seine Entwicklungsperspektiven. Diese in ihren spezifischen Interessen- und Manöverlagen transparent und greifbar zu machen, ist ein unbestreitbarer Verdienst der vorliegenden Dokumentation einer Konferenz, die dieses Jahr vom 13. bis 16. Mai unter dem gleichen Leitmotiv mit dem inhaltlichen Schwerpunkt "Innere Mobilmachung" in Göttingen ihre Fortsetzung nehmen wird.

6. April 2010


Die Dokumentation ist erhältlich unter der Adresse
info@gegen-den-hauptfeind.de; Download u. a. via
www.gegen-den-hauptfeind.de oder www.secarts.org. [PDF, ca. 5,4 MB]