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REZENSION/715: Craig Unger - House of Trump, House of Putin (SB)


Craig Unger


House of Trump, House of Putin

The Untold Story of Donald Trump and the Russian Mafia



2004 feierte Craig Unger mit "House of Bush, House of Saud - The Secret Relationship between the World's Two Most Powerful Dynasties" (in Deutschland unter dem Titel "Die Bushs und die Sauds - Öl, Macht und Terror" erschienen) einen großen Erfolg. Monatelang stand das Buch nicht zuletzt deshalb weltweit ganz oben auf den Bestsellerlisten, weil die darin enthaltene These einer Kumpanei der Familie des damals amtierenden US-Präsidenten George W. Bush mit dem saudischen Herrscherhaus eine schlüssige Erklärung für das rätselhafte Versagen der US-Geheimdienste im Vorfeld der Flugzeuganschläge vom 11. September 2001 sowie für den völkerrechtlich illegalen Einmarsch angloamerikanischer Truppen 2003 in den Irak lieferte und zugleich die Grundlage des Oscar-gekrönten Dokumentarfilms "Fahrenheit 9/11" von Michael Moore bildete. Damals hat der Schattenblick Ungers Arbeit einerseits wegen der Fülle an zum Teil bis dahin unbekannten Details und der berechtigten Kritik an der Arbeit der republikanischen Regierung von Bush jun. hoch gelobt, andererseits Bedauern wegen der Nachsicht, mit der der Autor der Vorgänger-Administration des Demokraten Bill Clinton ähnliches Fehlverhalten Riad gegenüber durchgehen ließ, geäußert. [1]

Nichtsdestotrotz fiel Ungers einseitige Parteinahme für die Demokraten und gegen die Republikaner bei "House of Bush, House of Saud" nicht allzu sehr ins Gewicht. Ganz anders sehen die Dinge bei seinem neuen Buch "House of Trump, House of Putin - The Untold Story of Donald Trump and the Russian Mafia" aus. In der vorliegenden Lektüre hat sich der liberal eingestellte ehemalige Chefredakteur des Boston Magazine viel zu sehr von seiner persönlichen Abneigung gegenüber dem reaktionär-rassistischen Prahlhans Trump verleiten sowie von der in weiten Teilen des US-Sicherheitsapparats, aber besonders bei den Demokraten herrschenden Russophobie anstecken lassen. Herausgekommen ist ein Werk, dessen steile Kernbotschaft lautet, Trump sei eine Marionette des Kremls und der russische Präsident Wladimir Putin ein mutmaßlicher Kinderschänder, der mit den Methoden des "Hybridkriegs" die westlichen Demokratien Nordamerikas und Europas zu Fall bringen wolle.

Tatsächlich versucht Unger dem Leser weiszumachen, Trumps wiederholter Eintritt für bessere Beziehungen zwischen Washington und Moskau sei darauf zurückzuführen, daß der Kreml bereits beim ersten Besuch des New Yorker Baulöwen 1987 in der Sowjetunion kompromittierendes Material - etwa Bild- oder Tonaufnahmen sexueller Eskapaden mit Prostituierten im Luxushotel - in die Finger bekommen hat. Doch wenn "Kompromat" gegen Trump existiert, dann wäre der wahrscheinlichste Besitzer Jeffrey Epstein. Mit dem verurteilten Kinderschänder hat Trump im New York der achtziger und neunziger Jahre bekanntlich rauschende Sexorgien gefeiert. Der schwerreiche Epstein, der auf dem Höhepunkt seiner Macht ein ganz dicker Kumpel Bill Clintons gewesen ist, sitzt derzeit wegen mutmaßlichen Geschlechtsverkehrs mit Minderjährigen sowie Mädchenhandels in Untersuchungshaft. Der zwielichtige Finanzmakler steht im Verdacht, im Auftrag des Mossads in seinem Town house in Manhattan sowie auf seiner Insel in der Karibik durch den Einsatz junger Mädchen gigantische Mengen Erpressungsmaterial gegen ranghohe Persönlichkeiten der englischsprachigen Welt produziert zu haben. Im Buch Ungers wird Trumps ehemaliger Amigo Epstein jedoch nirgendwo erwähnt.

Der größte Lapsus ist jedoch das völlige Fehlen jeden Hinweises auf die Deutsche Bank, obwohl das Frankfurter Finanzinstitut bekanntlich seit Jahren der mit Abstand größte Gläubiger Trumps ist. 2017 mußte die Deutsche Bank wegen des Waschens von Geldern in Milliardenhöhe aus dubiosen russischen Quellen eine Strafe von 425 Millionen Pfund an das New York State Department of Financial Services und 163 Millionen Pfund an die britische Financial Conduct Authority zahlen. Aktuell ermitteln zwei Kongreßausschüsse, das Außenministerium und das Justizministerium der USA gegen die Deutsche Bank und zwar in Verbindung mit Trumps Rußland-Kontakten. Vor diesem Hintergrund sowie der nachgewiesenen jahrelangen Zusammenarbeit westlicher Großbanken wie der HSBC und des US-Geheimdienstes CIA mit der internationalen Drogenmafia mutet Ungers Behauptung, während die Amerikaner und Europäer das organisierte Verbrechen bekämpften, hätte Putin mit Hilfe brutaler Gangster in Rußland einen "Mafiastaat" errichtet, etwa so plausibel wie eine Gute-Nacht-Geschichte für Kinder im Vorschulalter an.

Peinlich ist auch Ungers Beharren auf der These, russische Einmischung habe Hillary Clinton bei der Präsidentenwahl 2016 den Sieg gegen Trump gekostet. Bis heute hat es keinen stichhaltigen Beweis für die Behauptung, russische Hacker hätten politisch belastende Emails der Demokraten, welche Wikileaks mitten im Wahlkampf veröffentlichte, gestohlen und an Julian Assange, damals im "Exil" in der ecuadorianischen Botschaft in London, übermittelt. Assange hat stets bestritten, das fragliche Material von staatlichen Akteuren erhalten zu haben. Zudem behauptet der ehemalige britische Botschafter Craig Murray, der sich seit Jahren als Bürgerrechtler gegen staatliche Übergriffe engagiert, persönlich den Transport der Datensammlung über den Atlantik begleitet zu haben, die seinen Angaben nach von Whistleblowern bei den Demokraten stammte, die sich über die illegalen Machenschaften von Clintons Wahlkampfteam gegen den innerparteilichen Rivalen Senator Bernie Sanders empörten.

Ungers durchgehender Wunsch, Putin die Schuld am Einzug Trumps ins Weiße Haus zuzuschieben, ist im höchsten Maße ärgerlich, denn hätte er auf den ganz großen Wurf verzichtet, wäre es ein besseres Buch geworden. Schließlich enthält es eine Fülle an aufschlußreichen Informationen über den Aufstieg des New Yorker Bauunternehmers zum Immobilienhai, Reality-Fernsehstar und schließlich zum Staatsoberhaupt der Vereinigten Staaten. Das gleiche gilt für die unglaubliche Expansion der russischen Unterwelt in die USA, besonders an die Ostküste, nach dem Zusammenbruch der Sowjetunion 1991. An dieser unheilvollen Entwicklung haben sich viele Akteure beteiligt. Daß sich ab diesem Zeitpunkt London und New York zu den wichtigsten Anlegeplätzen für die Gewinne aus dem Raub russischen Volksvermögens entwickeln konnten, war von höchster Stelle gewollt. Für die entsprechenden Gesetze, die bis heute eine lückenlose Kontrolle des Vermögenstransfers von Ost nach West verhindern - etwa durch den Verzicht auf die Offenlegung der Herkunft der Finanzierung beim Immobilienkauf mit Bargeld im Vereinigten Königreich und in den USA - haben die Mitglieder der amerikanischen und britischen Legislativen selbst gesorgt.

Daß Donald Trump von diesen Gesetzen in den USA Gebrauch machte und russische Investoren anlockte, um mit deren Hilfe sein Firmenimperium zu retten, steht außer Frage. Bislang konnte ihm jedoch in diesem Zusammenhang keine illegale Handlung und erst recht kein Landesverrat nachgewiesen werden. Trumps größte Schwierigkeiten als Geschäftsmann manifestierten sich vor einigen Jahren, als er sich mit dem Betrieb dreier protziger Kasinos in Atlantic City übernahm. Seitdem gilt Trumps Pleiteserie in der Zockerhöhle von New Jersey als Beweis dafür, daß er kein guter Geschäftsmann, sondern einzig ein Blender ist. Wenn das Haus immer gewinne, könne nur ein Trottel im Kasino-Geschäft einen Konkurs einfahren, so das Urteil vieler Beobachter. Doch das Glücksspiel ist ähnlich den Immobilien und dem Kinogeschäft bekanntlich auch ein bevorzugter Platz für die Geldwäsche. Von daher liegt die Frage nahe, ob nicht ganz andere Geheimdienste, etwa die CIA und/oder der Mossad, lange vor dem Aufstieg Putins zum neuen russischen Zaren Trump bereits in der Hand hatten.

30. Juli 2019


Craig Unger
House of Trump, House of Putin
The Untold Story of Donald Trump and the Russian Mafia
Dutton/Penguin Random House, New York, 2018
354 Seiten
ISBN 978-1-5247-4350-5
 
 
Fußnote:
 
[1] Siehe dazu im Schattenblick unter
www.schattenblick.de → INFOPOOL → BUCH → SACHBUCH
REZENSION/218: Craig Unger - Die Bushs und die Sauds (SB)


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