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AFRIKA/216: Zentralafrikanische Republik - Keine Profite mit Konfliktdiamanten!


Amnesty International - Meldung vom 30. September 2015

Zentralafrikanische Republik: Keine Profite mit Konfliktdiamanten!


30. September 2015 - Die wichtigsten Handelsunternehmen in der Zentralafrikanischen Republik (ZAR) haben Diamanten im Wert von mehreren Millionen Dollar gekauft, ohne dabei ausreichend zu prüfen, ob sie damit bewaffnete Gruppen finanzieren, die für Massenexekutionen, Vergewaltigungen, Verschwindenlassen und Plünderungen verantwortlich sind. Amnesty International dokumentiert dies in einem neuen Bericht.

Der Bericht "Chains of Abuse: The global diamond supply chain and the case of the Central African Republic" zeigt auch weitere Missstände im Diamantensektor auf, darunter unerlaubte Kinderarbeit und Steuervergehen.

Die Diamantenfirmen könnten in Kürze mit dem Export jener Diamanten beginnen, die sie während des anhaltenden Konflikts eingekauft haben. Ein Exportverbot, das seit Mai 2013 besteht, soll teilweise aufgehoben werden, sobald die Regierung die im Juli 2015 festgelegten Bedingungen des Kimberley-Prozesses erfüllt. Ziel des Kimberley-Prozesses ist es, internationalen Handel mit Diamanten aus Konfliktregionen zu verhindern. Vor Ausbruch des Konflikts, der bereits mehr als 5.000 Menschen das Leben gekostet hat, machten Diamanten die Hälfte der Exporte aus der ZAR aus.

"Firmen, die Konfliktdiamanten gekauft haben, dürfen daraus keinen Profit schlagen", sagt Lucy Graham, Rechtsberaterin im Team für Wirtschaft und Menschenrechte bei Amnesty International. "Die Regierung sollte alle Konfliktdiamanten beschlagnahmen und selbst verkaufen und den Gewinn für gemeinnützige Zwecke einsetzen. Die Bürger_innen der ZAR haben das Recht, von den Rohstoffen ihres Landes zu profitieren. Beim Wiederaufbau müssen die Diamanten ein Segen und kein Fluch sein."

Der Bericht stützt sich auf Interviews mit Bergarbeiter_innen und Händler_innen und zeigt, wie die bewaffneten Gruppen - sowohl die Anti-Balaka-Miliz als auch die Seleka-Miliz - vom Diamantenhandel profitieren. Die bewaffneten Gruppen kontrollieren Bergwerke und erpressen "Steuern" oder Schutzgeld von den Minenarbeiter_innen und Händler_innen.

Der Bericht dokumentiert auch die Überwachungslücken in den Diamantenhandelszentren, die es ermöglichen, dass Konfliktdiamanten in die Vertriebsketten gelangen und weltweit verkauft werden können.


Diamantenhändler vernachlässigen ihre Sorgfaltspflicht

Der größte Diamantenkäufer während des Konflikts war die Firma Sodiam. Es ist sehr wahrscheinlich, dass mit Diamanten, die Sodiam gekauft hat und immer noch kauft, die Anti-Balaka-Miliz finanziert wurde. Sodiam hat einen Vorrat von 60.000 Karat Diamanten im Wert von sieben Millionen US-Dollar angesammelt.

Die Vereinten Nationen haben den zweitgrößten Händler in der ZAR, Badica, und seine belgische Tochterfirma Kardiam bereits auf eine schwarze Liste gesetzt, da beide Unternehmen Diamanten gekauft und geschmuggelt haben, die aus den Seleka-kontrollierten Gebieten im Osten des Landes stammen.

Im Mai 2015 hat ein Vertreter von Sodiam im Ort Carnot Amnesty bestätigt, dass die Firma trotz des Konflikts Diamanten im Westen der ZAR gekauft hat und diese lagert, bis sie exportiert werden können.

Der Bericht dokumentiert, dass die Anti-Balaka-Miliz maßgeblich am Diamantenhandel im Westen der ZAR beteiligt ist. Die Händler_innen, mit denen Amnesty International in der Region gesprochen hat, wussten von der Beteiligung der Miliz. Trotzdem schien niemand jene Diamanten auszusortieren, die bewaffnete Gruppen finanziert haben könnten. Einer der Händler zeigte Amnesty Rechnungen über Verkäufe an Sodiam. Andere Händler_innen, die an Sodiam verkauft haben, machten den Vereinten Nationen gegenüber ähnliche Angaben.

Sodiam leugnet, jemals Konfliktdiamanten gekauft zu haben. Die Firma gibt an, sie kaufe Diamanten weder aus Minen, die von Rebellengruppen kontrolliert werden, noch von Händler_innen, die bekanntlich mit Rebellengruppen zusammenarbeiten. Amnestys Bericht stellt jedoch das System des Unternehmens zur Erfüllung der Sorgfaltspflicht in Frage.

Amnesty International fordert die Regierung der ZAR auf, Diamanten zu konfiszieren, wenn Sodium und andere Exportfirmen nicht nachweisen können, dass mit den Diamanten keine bewaffneten Gruppen finanziert wurden. Beschlagnahmte Diamanten sollten verkauft werden und der Gewinn gemeinnützigen Zwecken zugute kommen.


Internationale Diamantenfirmen müssen sich mit dem Scheitern des Kimberley-Prozesses befassen

Der Bericht beleuchtet mehrere Länder in der Lieferkette, von der ZAR über Belgien bis zu den Vereinigten Arabischen Emiraten. Es werden zudem Menschenrechtsverletzungen, Schmuggel und Steuerhinterziehung in der gesamten Lieferkette aufgedeckt.

Im März 2016 kommt die Diamantenindustrie im Rahmen des "Jewellery Industry Summit" zusammen, um über verantwortungsbewusste Beschaffung zu diskutieren. Vor diesem Hintergrund fordert Amnesty Regierungen und internationale Diamantenfirmen wie de Beers und Signet auf, eine strengere Regulierung des Sektors zu unterstützen.

"Internationale Diamantenfirmen müssen bei den Missständen in ihrer Lieferkette - von Kinderarbeit bis Steuervergehen - genau hinschauen. Der Kimberley-Prozess betrachtet lediglich Konfliktdiamanten und verdeckt so die anderen Menschenrechtsverletzungen und skrupellosen Praktiken, die mit Diamanten in Verbindung stehen", sagt Lucy Graham. "Das ist ein Weckruf für den Diamantensektor. Der Kimberley-Prozess kann nicht länger das Feigenblatt sein, mit dem Staaten und Firmen den Kunden versichern, dass ihre Diamanten aus verantwortungsvollen Quellen stammen."

Diamanten sind allerdings nur ein Beispiel für den unverantwortlichen Umgang vieler Unternehmen, die Rohstoffe ausbeuten und mit diesen handeln. Notwendig sind daher verbindliche Regeln für menschenrechtliche Sorgfaltspflichten und umfassende Transparenz entlang der gesamten Wertschöpfungskette im Rohstoffsektor, um den Beitrag dieser Branche zu Konflikten und Menschenrechtsverletzungen zu unterbinden. Der derzeit auf EU-Ebene diskutierte Gesetzesentwurf zum Handeln mit sogenannten Konfliktrohstoffen (Zinn, Tantal, Gold, Wolfram) muss deshalb verbindliche Rechenschaftspflichten enthalten. Freiwillige Maßnahmen reichen da nicht mehr aus. Amnesty International fordert die deutsche Regierung deshalb auf, sich in diesem Gesetzgebungsprozess für verbindliche Regelungen einzusetzen.


Lesen Sie den vollständigen englischsprachigen Bericht "Chains of Abuse: The global diamond supply chain and the case of the Central African Republic": http://www.amnesty.de/2015/9/30/zentralafrikanischen-republik-keine-profite-mit-konfliktdiamanten?destination=node%2F2817

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Quelle:
ai-Meldung vom 30. September 2015
http://www.amnesty.de/2015/9/30/zentralafrikanischen-republik-keine-profite-
mit-konfliktdiamanten?destination=node%2F2817
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veröffentlicht im Schattenblick zum 2. Oktober 2015

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