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MELDUNG/059: Nachrichten - August/September 2012 (ai journal)


amnesty journal 08/09/2012 - Das Magazin für die Menschenrechte

NACHRICHTEN

- Ägypten - Mächtiger Militärrat
- Indonesien - Haftstrafe für Atheisten
- Argentinien - Verurteilt wegen der Entführung von Kindern



Mächtiger Militärrat

ÄGYPTEN - Der ägyptische Militärrat hat mit der Entscheidung, sich selbst unbeschränkte Macht zu geben, das Land auf den Weg zu weiteren Menschenrechtsverletzungen gebracht. Amnesty International warnt davor, dass die Armee die Menschenrechte weiterhin straffrei missachten kann, sollte diese Machtfülle nicht beschnitten werden. Im März 2011 trat eine Verfassungserklärung in Kraft, die der Armee die Regierungsgewalt zu billigte, bis die ägyptische Bevölkerung ein Parlament und einen Präsidenten gewählt hat. Doch der Oberste Militärrat änderte die Erklärung am 17. Juni 2012 ab und erteilte sich selbst die Vollmacht über sämtliche Armeeangelegenheiten. Diese Verfassungsergänzungen entziehen die Armee der zivilen Kontrolle.

Einer der Verfassungszusätze ermöglicht es dem ägyptischen Präsidenten, die Armee zur Bekämpfung von "internen Unruhen" zur Hilfe zu holen. "Es ist sehr besorgniserregend, dass die Armee sich selbst nun Möglichkeiten geschaffen hat, um weiterhin Zivilpersonen verhaften und Gewalt gegen Protestierende einsetzen zu können - ohne eine funktionierende Überwachung des Militärs", sagte Philip Luther, Leiter der Abteilung Naher Osten und Nordafrika bei Amnesty International. "Die ägyptische Armee mit ihrer schlechten Menschenrechtsbilanz sollte unter keinen Umständen die Macht haben, Zivilpersonen zu verhaften und festzuhalten."


Haftstrafe für Atheisten

INDONESIEN - Weil er auf Facebook zugab, ein Atheist zu sein, muss der 32-jährige Alexander Aan in Indonesien für zweieinhalb Jahre hinter Gitter. Ein Gericht auf Sumatra warf dem Mann Gotteslästerung vor. Mit der Facebook-Gruppe "Ateis Minang", die er verwaltet hatte, habe er den Propheten Mohammed beleidigt. Er könnte der erste Mensch in dem südostasiatischen Land sein, der ins Gefängnis muss, weil er sich zu keiner Religion bekennt. Amnesty übte scharfe Kritik an dem Urteil und forderte die sofortige und bedingungslose Freilassung des Mannes. Es handle sich um einen "schweren Rückschlag für die Meinungsfreiheit in Indonesien", heißt es in einer Erklärung. Das Land verstoße damit gegen internationales Recht. Amnesty betrachtet Aan als gewaltlosen politischen Gefangenen.


Verurteilt wegen der Entführung von Kindern

ARGENTINIEN - Die früheren argentinischen Diktatoren Jorge Rafael Videla (86) und Reynaldo Bignone (84) sind Anfang Juli wegen Babyraubes zu langjährigen Haftstrafen verurteilt worden. Die Anklage hatte ihnen vorgeworfen, dafür verantwortlich zu sein, dass während der Militärdiktatur von 1976 bis 1983 Kinder inhaftierter Regimegegner ihren Eltern systematisch geraubt und unter falschem Namen an regierungstreue Familien gegeben wurden.

Gegen Ex-General Videla verhängte das Bundesgericht in Buenos Aires eine Gefängnisstrafe von 50 Jahren, Bignone erhielt 15 Jahre. Vier weitere ranghohe Offiziere bekamen Strafen von 14 bis 40 Jahren Gefängnis. Zwei Angeklagte wurden freigesprochen.

Schätzungsweise 500 Neugeborene und Kleinkinder von Frauen, die von den Militärs verschleppt worden waren, wurden illegal an fremde und zumeist regimetreue Familien gegeben. Die leiblichen Mütter - und oft auch die Väter - wurden gefoltert und ermordet.

"Die Urteile gegen Videla und Bignone zeigen, dass niemand über dem Gesetz steht", sagte Mariela Belski, Direktorin von Amnesty International Argentinien. Sie seien "ein großer Schritt auf dem Weg, die Verbrechen während der Militärdiktatur aufzuklären". Die Regierung solle weiterhin alles dafür tun, um die Identität der verbliebenen Opfer von Kindesentführungen zu klären.

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Quelle:
amnesty journal, August/September 2012, S. 14
Herausgeber: amnesty international
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veröffentlicht im Schattenblick zum 25. September 2012