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MELDUNG/633: Berliner Wassertisch feierte 10. Geburtstag mit Startschuß für ein neues Volksbegehren (Pressenza)


Internationale Presseagentur Pressenza - Büro Berlin
Nachricht vom 30. April 2016

Berliner Wassertisch feierte 10. Geburtstag mit dem Startschuss für ein neues Volksbegehren


Menschenreihe mit Buchstaben-Plakaten, die den Spruch 'Wasser-Demokratie: Jetzt!' bilden - Foto: © Berliner Wassertisch

Foto: © Berliner Wassertisch

Berlin - 30.04.2016. Der Wassertisch feierte am Donnerstag mit einem großen Fest 10 Jahre erfolgreichen Kampfes gegen die Privatisierungspolitik in Berlin, für den Schutz der Gemeingüter und die Stärkung der direkten Demokratie. Gleichzeitig beteiligte er sich am Startschuss für das neue Volksbegehren "Rettet den Volksentscheid".

Das Ergebnis des 10jährigen politischen Kampfes darf sich sehen lassen: den gewonnenen Wasservolksentscheid im Februar 2011, die Gründung des direktdemokratischen Untersuchungsausschusses Klaerwerk, die Erstellung der 'Berliner Wassercharta', die Gründung des 'Berliner Wasserrates, die Initiierung des Bündnisses der 100 Bürgerinitiativen in Berlin zur 'Rettung des Volksentscheids', die Aufklärung und Ermutigung vieler Menschen in Berlin und in aller Welt.

"Am Beispiel Wasser in Berlin haben wir erfolgreich die Folgen der Privatisierungspolitik deutlich gemacht. Heute weiß jeder: Privatisierung der Daseinsvorsorge ist Mist! Die Privatisierungsbefürworter haben versagt und haben dem Gemeinwohl, das sie eigentlich befördern sollen, schweren Schaden zugefügt. Die beteiligten privaten Konzerne haben Gewinn gemacht - die Bevölkerung zahlt die Zeche. Das empört die Menschen!" sagt Gerlinde Schermer, Mitbegründerin des Berliner Wassertisches und MdA a.D.

Die Vorhersagen der Privatisierungsbefürworter unter den Politikern stellen nichts als Wunschdenken, oder schlimmer noch, bewusste Täuschungsmanöver dar. Mitte der 90er-Jahre argumentierte die Berliner Regierung, wegen des EU-Vertrages von Maastricht und der Umsetzung der 'Maastricht-Kriterien' müsse Berlin Landesvermögen an Private Konzerne verkaufen, um neue Schulden zu vermeiden. Damals 1998 hatte Berlin 31,2 Mrd. EUR Schulden, heute, im Jahr 2016, sind es 60 Mrd. EUR!

Die mit der Privatisierungsstrategie verfolgten Ziele dienen nicht dem Allgemeinwohl, sondern den Interessen Einzelner. Im Zuge der Privatisierungsstrategie wurde in Berlin 13,7 Mrd. EUR öffentliches Vermögen verkauft. Wohnungen, öffentliche Betriebe für Gas und Strom, die Hälfte des Wassers. Kurz gesagt: Alles was wir zum Leben unbedingt brauchen. Wer von diesem Ausverkauf den Vorteil hatte, ist bekannt. Fast immer verhält es sich wie bei der Bankgesellschaft: Die Einnahmen aus dem Verkauf der Bankgesellschaft im Jahr 2007 in Höhe von 4.622 Mio. EUR flossen nicht in den Landeshaushalt, sondern wurden für die Bedienung der Fonds aus dem Berliner Bankenskandal von 2001 verwendet. Panama in Berlin.

Gerhard Seyfarth, strategischer Planer des Berliner Wassertischs, kommentiert: "Unser Beispiel hat andere Initiativen angespornt, die Bürgerinteressen gegen den Senat durchsetzen wollen. Die Schaffung einer einheitlichen Front gegen die regierenden Verwalter der Misere ist die Hauptaufgabe im Jahr 2016 und darüber hinaus."

"Die Berlinerinnen und Berliner hatten ein einziges Mittel diesen Wahnsinn zu stoppen. Die direkte Demokratie. Die Chance haben wir genutzt. Und das feiern wir!" sagt Dorothea Haerlin, Mitbegründerin des Berliner Wassertisches. "10 Jahre Kampf um das Berliner Wasser, das ist lang. Aber wir sind noch lange nicht am Ende, denn unser Ziel ist die Verwaltung unseres Wassers als Gemeingut: demokratisch, transparent, ökologisch und ökonomisch nachhaltig mit hoher Beteiligung der Berliner Bevölkerung."

Dr. Ulrike Kölver, Mitglied des Sprecherteams, zieht den Schluss: "Wir fordern die endgültige Beseitigung der Privatisierungsfolgen und die sofortige Auflösung des noch immer bestehenden Konsortialvertrages, sowie die Änderung des Betriebegesetzes, der die Wassertarife wesentlich bestimmt. Wasser ist nicht für Rendite da!"

Pressesprecherin Ulrike von Wiesenau freut sich auf weitere direktdemokratische Pionierarbeit: "Der Berliner Wasser-Volksentscheid war Ausdruck eines neuen politischen Gestaltungswillens, seitdem haben viele stadtpolitische Initiativen Räume der direkten Demokratie zum Wohl der Allgemeinheit erschlossen, mit Volksgesetzen, konstruktiven Eingaben und neuen Konzepten. Der Berliner Wassertisch steht als inspirierende Kraft inmitten dieser Bewegung: Transparenz und Mitbestimmung sind die natürlichen Antagonisten weiteren Demokratieabbaus und der allgegenwärtigen Mitmachfalle, die dazu dient, das reibungsloser durchzusetzen, was bereits längst entschieden ist. Dieser Arroganz der Macht werden wir erneut entgegentreten, zum 10. Geburtstag schenken wir uns mit dem Demokratie-Bündnis der 100 Tische und Initiativen den neuen Berliner Volksentscheid zur Stärkung der direkten Demokratie. Er wird der direkten Demokratie einen angemessenen rechtlichen Ausdruck verschaffen und die Machtbalance zwischen Volk und Volksvertretern neu definieren."

Der Berliner Wassertisch wird weiterhin das Ziel verfolgen, durch eine stärkere Partizipation der Bürgerinnen und Bürger unsere Demokratie zu erneuern und ihr weiteres Abdriften in eine autoritäre Pseudodemokratie zu verhindern.


Der Text steht unter der Lizenz Creative Commons 4.0
http://creativecommons.org/licenses/by/4.0/

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Quelle:
Internationale Presseagentur Pressenza - Büro Berlin
Johanna Heuveling
E-Mail: johanna.heuveling@pressenza.com
Internet: www.pressenza.com/de


veröffentlicht im Schattenblick zum 3. Mai 2016

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