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MUMIA/782: Wiedergutmachung für Sklaverei gefordert


Kolumne # 825
Wiedergutmachung für Sklaverei gefordert

Schwarze Bürgerrechtsbewegung kämpft für Wiedergutmachung der Sklaverei

von Mumia Abu-Jamal, Oktober 2016


Seit dem Ende der Sklaverei hofft die afroamerikanische Bevölkerung auf Reparationsleistungen für das Unrecht, das den Schwarzen seit Jahrhunderten angetan wurde. Nach dem Amerikanischen Bürgerkrieg (1861-65) wurden den befreiten afrikanischen Sklaven »40 Morgen Land und ein Maultier« in Aussicht gestellt, damit sie das Land selbst bestellen könnten, auf dem sie und ihre Vorfahren unter anderem schon vor der Gründung der USA ohne Entlohnung schuften mussten. Dieses Versprechen wurde jedoch niemals eingelöst.

Sojourner Truth (1797-1883), die großartige Kämpferin zur Abschaffung der Sklaverei und Wanderpredigerin, die selbst einst eine Sklavin war, forderte Reparationen mit diesen Worten: »Amerika schuldet meinem Volk einige Dividenden .... Ich werde denen zu verstehen geben, dass sie so tief bei den Schwarzen in der Schuld stehen, dass sie diese niemals werden zurückzahlen können. Ab dann werden sie zumindest Wiedergutmachung leisten müssen.«

Von jenem Tag an, als diese Worte zum ersten Mal ausgesprochen wurden, bis in die Gegenwart haben viele Schwarze ihre Stimme erhoben und Reparationen gefordert. Es wird einige überraschen, dass auch Reverend Dr. Martin Luther King jr. (1929-68) sich dieser Forderung anschloss.

In seinem 1964 veröffentlichten Buch »Why We Can't Wait« (»Warum wir nicht warten können«) schrieb King sinngemäß, dass auch Gold, egal wieviel, keine angemessene Entschädigung für die durch die Jahrhunderte gegen Schwarze gerichtete Ausbeutung und Erniedrigung böte. »Selbst mit dem gesamten Reichtum dieser Wohlstandsgesellschaft könnte die Rechnung nicht beglichen werden. Dennoch könnte ein Preis für die unbezahlten Löhne bezahlt werden.« Vielleicht hat King nicht ausdrücklich das Wort »Reparationen« benutzt, aber ganz bestimmt ging er auch von dieser Vorstellung aus.

Erst kürzlich hat die Bewegung »Black Lives Matter« eine Liste mit Themen veröffentlicht, die für das Leben der Schwarzen von Bedeutung sind. Eines dieser Themen lautete: »Reparationen für die Nachfahren der afrikanischen Sklaven.«

Die seit 2002 bestehende »United Nations Working Group of Experts on People of African Descent« (»Arbeitsgruppe von Experten zu Menschen afrikanischer Herkunft«beim UN-Menschenrechtskommissar) kam jüngst zu einem ähnlichen Schluss. Nach sechsjähriger Arbeit an diesem Thema erklärte die Arbeitsgruppe, die Sklaverei in den USA sei ein »Verbrechen gegen die Menschlichkeit« gewesen und die US-Regierung müsse dafür Reparationen an die Nachkommen der Sklaven, denen Unrecht geschah, zahlen. Die Experten der Vereinten Nationen trafen sich mit Vertretern der US-Ministerien für Gesundheit, Arbeit und Justiz sowie weiteren Regierungsinstitutionen. Sie besuchten mehrere Großstädte im Norden, Süden, Osten und Westen der USA. Danach war klar: Nachdem die Schwarzen zwei Jahrhunderte lang ignoriert wurden und offizielle Stellen sich um die Zahlung drückten, sind Reparationen überfällig.


Copyright: Mumia Abu-Jamal
mit freundlicher Genehmigung des Autors

Übersetzung: Jürgen Heiser
Erstveröffentlicht in "junge Welt" Nr. 236 vom 10. Oktober 2016

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Quelle:
Der Beitrag entstammt der Website www.freedom-now.de
mit freundlicher Genehmigung von Jürgen Heiser
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veröffentlicht im Schattenblick zum 21. Oktober 2016

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