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ASIEN/019: Philippinen - Investoren bedienen, Agrarreformen ignorieren (FoodFirst)


FoodFirst Nr. 3/2009
FIAN-Magazin für die wirtschaftlichen, sozialen und kulturellen Menschenrechte

Investoren bedienen, Agrarreformen ignorieren
Ausverkauf von Land auf den Philippinen

Von Roman Herre


Afrika ist die Hauptzielregion großflächiger Investitionen in Land. Aber auch in Asien gibt es einige Länder, in denen große Landflächen an ausländische Investoren veräußert werden. Auch hier zeigt sich das gleiche Muster: Korruption und schwache demokratische Strukturen ziehen die Investoren magisch an. Würde es einen öffentlichen Dialog um die Vergabe von Ackerflächen geben, würden die Investoren keine solch großen Flächen zugeteilt bekommen. Und das wissen sie auch.


Neben Kambodscha sind die Philippinen eines der asiatischen Hauptzielländer von Investoren. Hier kontrollieren bis heute wenige Familienklans große Teile des Landes. Die Landkonzentration ist ein zentraler Grund für Armut und Hunger im ländlichen Raum. Seit 21 Jahren kämpfen KleinbäuerInnen und Landlose im Rahmen der nationalen Agrarreform für ein eigenes Stück Land. Kleine Erfolge wurden schmerzvoll erkämpft (Vgl. FIAN 2006: Running Amok. Landlord Lawlessness und Impunity in the Philippines). Bis heute warten rund 700.000 KleinbäuerInnen auf die Zuteilung von Land. Noch immer sind über 1,1 Millionen Hektar nicht verteilt.

Nun jedoch macht die Regierung Arroyo, was bis dato nicht möglich zu sein schien: sie verteilt Land in großem Stil. Nur nicht an jene, denen es laut Agrarreform zusteht. Der philippinische Kleinbauernsprecher Danilo Ramos bringt es auf den Punkt: "Die Regierung ist schnell bei der Zuteilung von 600.000 Hektar Land an Ausländer, während die philippinischen Bauern und Bäuerinnen seit Jahrzehnten dafür kämpfen, dass sie Land zugeteilt bekommen".


Philippinen 'Hot Spot' der neuen Landnahme

Tatsächlich sind die Philippinen ein wichtiges Zielland der Investoren. 2007 wollte sich China 1,24 Millionen Hektar Land sichern. Als der Deal an die Öffentlichkeit gelangte, wurden die Verhandlungen wegen massiver Proteste der Bevölkerung auf Eis gelegt. 2008 hat sich Bahrain 10.000 Hektar und Südkorea knapp 100.000 Hektar Land zum Reisanbau für die eigene Bevölkerung gesichert. Die japanische Pacific Bio-Fields hat jüngst 400.000 Hektar Land für Kokosnuss-Plantagen für 50 Jahre von der Regierung zugeteilt bekommen. Aus der Kokosnuss sollen Agrartreibstoffe für den japanischen Markt produziert werden. Besonders skurril: der Deal wird als Aufforstungsprojekt angepriesen. Wie auch die Europäische Union hat Japan eine Beimischungsquote. Ein wichtiger Anreiz für diese Investitionen.

Auf dem zugeteilten Land leben heute KleinbäuerInnen. Deren Zukunft ist ungewiss. Die Vergangenheit hat gezeigt, dass Vertreibungen auf den Philippinen oft in Kauf genommen werden und eine rechtliche Verfolgung solcher Fälle kaum von den staatlichen Behörden aufgegriffen wird.


Abhängigkeit von Nahrungsmittelimporten steigt

Besonders kritisch ist der Kontext zu bewerten, in dem diese Deals stattfinden. Die philippinische Regierung hat in den letzten Jahrzehnten einseitig die Esportlandwirtschaft gefördert und hat die Förderung der nationalen Grundnahrungsmittelproduktion im Rahmen der so genannten Strukturanpassung massiv zusammengestrichen. Heute sind die Philippinen der größte Reisimporteur der Welt. 2008 mussten 2,3 Millionen Tonnen Reis für über 1,5 Milliarden US-Dollar importiert werden. Die Folgen dieser Abhängigkeit haben die Ärmsten leidvoll zu spüren bekommen. Reis wurde knapp und teuer. Die Regierung hat mit der Verteilung von Grundnahrungsmitteln einen nationalen Aufstand verhindert, aber bis heute nichts gegen die Ursachen dieser Abhängigkeit getan. Im Gegenteil verschärft sie mit den Landdeals, die einzig den Export der angebauten Produkte zum Ziel haben, die Abhängigkeit. Ackerflächen für den Anbau von Grundnahrungsmitteln für die eigene Bevölkerung werden noch knapper und Agrarreformen noch schwieriger durchzusetzen sein.


Landdeals verletzen Recht auf Nahrung

Die Situation auf den Philippinen zeigt sehr deutlich, dass die aktuellen Landnahmen Strukturen verstärken, die dem Recht auf Nahrung grundlegend widersprechen: Zugang zu Land für Landlose und KleinbäuerInnen wird weiter erschwert, und eine stabile, nachhaltige Ernährungssicherung - wie sie das Recht auf Nahrung verlangt - wird durch eine Verschärfung der Abhängigkeit unterhöhlt.

Roman Herre ist Referent für Agrarreformen bei FIAN-Deutschland.


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Quelle:
FoodFirst - FIAN-Magazin für die wirtschaftlichen,
sozialen und kulturellen Menschenrechte, Nr. 3/2009, November 2009, S. 15
Herausgeber: FIAN-Deutschland e.V., Briedeler Straße 13, 50969 Köln
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veröffentlicht im Schattenblick zum 12. Februar 2010