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ATTAC/988: Zehn Jahre Attac Deutschland


Attac Deutschland - Pressemitteilung vom 19. Januar 2010

* Den neoliberalen Mainstream aufgebrochen
* Attac Deutschland wird zehn Jahre alt


Das globalisierungskritische Netzwerk Attac Deutschland wird am Freitag zehn Jahre alt. "In diesem Jahrzehnt haben wir die politische Landschaft in Deutschland verändert. Attac hat - als starker Teil der globalisierungskritischen Bewegung - den neoliberalen Mainstream im öffentlichen Diskurs aufgebrochen und deutlich gemacht, dass die gegenwärtige Form der Globalisierung kein Schicksal, sondern das Ergebnis mächtiger wirtschaftlicher Interessen ist", sagte Detlev von Larcher vom bundesweiten Attac-Koordinierungskreis am Dienstag in Berlin. Spätestens seit der Finanzkrise stehe auch für die breite Öffentlichkeit fest, dass Attac Recht gehabt hat. "Vor zehn Jahren wurden wir belächelt für unseren Slogan 'Entwaffnet die Finanzmärkte'. Inzwischen haben bis auf die FDP alle Parteien im Bundestag unsere Gründungsforderung nach einer Finanztransaktionssteuer übernommen."

Bei der Attac-Gründung am 22. Januar 2000 in Frankfurt am Main hätten wohl die wenigsten Anwesenden damit gerechnet, dass es Attac zehn Jahre später noch gibt, räumte Attac-Mitgründer Peter Wahl ein. "Heute zeigt sich: Attac ist die erfolgreichste Gründung einer emanzipatorischen Organisation seit Greenpeace." Mit zahlreichen Kampagnen, Aktionen und Veranstaltungen sei es den Globalisierungskritikern immer wieder gelungen, die angebliche Alternativlosigkeit der neoliberalen Globalisierung in Frage zu stellen, auf ihre negativen Folgen für die Mehrheit der Menschen und die Umwelt hinzuweisen sowie neoliberale Projekte wie den geplanten Bahn-Börsengang zu verhindern oder zumindest - wie bei der EU-Dienstleistungsrichtlinie - abzumildern.

Auch Franziska Drohsel, Juso-Vorsitzende und Attac-Mitglied, zog eine positive Bilanz: "Attac hatte schon vor zehn Jahren das richtige Gespür und hat die Regulierung der Finanzmärkte zum Thema gemacht. Kritik an der neoliberalen Globalisierung bleibt notwendiger denn je, und so hoffe ich, dass Attac sich auch in den nächsten Jahren kritisch in gesellschaftliches Geschehen einbringen wird."

In 2010 wird sich Attac auf die drei Schwerpunkte Entwaffnung der Finanzmärkte, Umverteilung von Reich zu Arm und Klimagerechtigkeit konzentrieren. Mit einem großen Bankentribunal vom 9. bis 11. April in der Berliner Volksbühne wollen die Globalisierungskritiker die Finanzkrise und Bankenrettung kritisch durchleuchten, die Verantwortlichen zur Rechenschaft ziehen und Alternativen erarbeiten. Druck zu machen für die Einführung der Finanztransaktionssteuer steht ebenso weiterhin oben auf der Attac-Agenda wie das das Engagement für eine Vermögensabgabe. Geplant ist zudem eine dezentrale Kampagne gegen Public Private Partnerships (PPP), mit der Attac seinen Kampf gegen den Ausverkauf öffentlichen Eigentums fortsetzt. Auch zur UN-Klimakonferenz vom 30. Mai bis 11. Juni in Bonn wird das Netzwerk mobilisieren.

Jutta Sundermann vom Attac-Koordinierungskreis: "Attac wird weiter gebraucht - gerade jetzt. Es gilt nicht nur, das Geld von den Banken, sondern auch demokratische Spielräume zurückzufordern. Das Kasino muss endlich geschlossen werden. Dazu gehört eine weit reichende Umverteilung des Reichtums, der auf Renditejagd das Klima zerstört, Menschenrechte mit Füßen tritt und Entwicklungsperspektiven in Nord und Süd vernichtet."


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BAUSTEINE "ZEHN JAHRE ATTAC"

Gründungdaten:

22. Januar 2000: In Frankfurt am Main kommen Vertreter von rund 50 Nichtregierungsorganisationen und etwa 80 Einzelpersonen zusammen, um nach französischem Vorbild auch in Deutschland ein globalisierungskritisches Netzwerk zu gründen - damals unter dem Namen "Netzwerk zur demokratischen Kontrolle der Finanzmärkte".

17. bis 18. November 2000: Beim dritten Ratschlag - wieder in Frankfurt am Main - übernimmt das Netzwerk den französischen Namen Attac (Association pour la Taxation des Transactions financières pour l'Aide aux Citoyens / Vereinigung für die Besteuerung von Finanztransaktionen zum Wohl der Bürgerinnen und Bürger) ergänzt.

19. Dezember 2002: Attac eröffnet das Bundesbüro in Frankfurt am Main, in dem zunächst acht hauptamtliche Angestellte den Aktivisten und politischen Gremien zuarbeiten. Heute beschäftigt Attac 17 Mitarbeiter (umgerechnet ca. zehn Vollzeitstellen).



Kampagnen und Schwerpunkte:

Mit zahlreichen Kampagnen, Aktionen und Veranstaltungen ist es den Globalisierungskritikern von Attac immer wieder gelungen, die Alternativlosigkeit der neoliberalen Globalisierung in Frage zu stellen und auf ihre Folgen für die Mehrheit der Menschen und die Umwelt hinzuweisen.

Der breiten Öffentlichkeit bekannt geworden durch die G8-Proteste in Genua im Jahr 2001, spielte das Netzwerk bald darauf eine zentrale Rolle bei den Demonstrationen gegen den Irakkrieg und den Sozialprotesten gegen Hartz IV. Die Globalisierungskritiker protestierten gegen das Welthandelsabkommen GATS, das Dienstleistungen liberalisiert und privatisiert, und die ähnlich ausgerichtete Bolkestein-Richtlinie der EU, brachten den Discounter Lidl ("Lidl ist nicht zu billigen") wegen seiner Dumpingpolitik und den Mobilfunkanbieter Vodafon wegen seiner Steuertricksereien ("Stoppt Vodaklau!") unter Druck und trugen gemeinsam mit anderen Organisationen im Bündnis "Bahn für alle" maßgeblich dazu bei, den Börsengang der Deutschen Bahn bis auf Weiteres zu verhindern. Attac mobilisierte zu den Protesten gegen den G8-Gipfel in Heiligendamm, zu denen sich im Juni 2007 mehr als 100.000 Menschen aus ganz Europa an der Ostseeküste versammelten.

Im Herbst 2008 passiert, wovor Attac schon seit seiner Gründung gewarnt hat: Die Finanzkrise eskaliert, die unregulierten Finanzmärkte drohen vollends zu kollabieren - und die gesamte Weltwirtschaft mit zu reißen. Mit zahlreichen Aktionen dringt Attac auf einen Umbau des Finanzsystems hin zu einer echten demokratischen Kontrolle sowie auf eine soziale Bewältigung der Krise. Vor laufenden Kameras hängen die Globalisierungkritiker in der Frankfurter Börse ein Banner mit der Forderung "Finanzmärkte entwaffnen! Mensch und Umwelt vor Shareholder Value" über die Dax-Anzeigentafel, protestieren vor dem Bundestag gegen das Bankenrettungspaket und mobilisieren zu Demonstrationen unter dem Motto "Wir zahlen nicht für eure Krise!". Mit einem Plagiat der renommierten Wochenzeitung "Die Zeit" erregt Attac ebenso bundesweit Aufmerksamkeit wie mit seinem Kongress "Kapitalismus am Ende?", zu dem 2500 Menschen an die TU in Berlin strömen.



Zahlen:

Mitglieder: 22.430 (Die Mitgliederzahlen sind immer gestiegen)
Ortsgruppen: ca. 200
Mitgliedsorganisationen: ca. 240 (Verdi bis zu kleinen Eine-Welt-Initiativen)
Haushaltsvolumen (2009): ca. 1,3 Millionen Euro (Attac finanziert sich nahezu ausschließlich aus Mitgliedsbeiträgen und Spenden).

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ATTAC-JUBILÄUM "ZEHN VON VIELEN"

* DER SOLI-SAMPLER "Die Verhältnisse rocken" versammelt zum Teil unveröffentlichte Songs von Bela B., Jan Delay, Bernadette La Hengst, Sportfreunde Stiller, BAP, Rainer von Vielen, Donots, Spillsbury, Irie Révoltés, Miss Platnum, Chumbawamba, Die Sterne, LéOparleur und New Model Army versammelt.
http://www.attac.de/aktuell/10-von-vielen/cd-sampler/

* DAS BUCH "Gekommen um zu bleiben - Attac: Die ersten Jahre" gibt auf 180 Seiten einen (notwendigerweise unvollständigen) Überblick über kleine und große politische Aktionen, Schritte auf dem Weg der Verwirklichung politischer Alternativen, erfolgreiche Projekte, Missgeschicke - Alltag, Tiefschläge und Höhepunkte der ersten zehn Jahre einer bewegten Organisation.
http://www.attac.de/aktuell/10-von-vielen/das-buch/

* DIE FEIER mit ehemaligen und aktuelle Mitstreitern von Attac, Sympathisantinnen, Freunden, Neugierigen und einem bunten Programm steigt am Samstag, 23. Januar, ab 14 Uhr in der Frankfurter Brotfabrik. Das Fest ist öffentlich, Medienvertreter sind herzlich willkommen.
http://www.attac.de/aktuell/10-von-vielen/die-feier/


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Quelle:
Pressemitteilung vom 19.01.2010
Pressesprecherin Attac Deutschland
Frauke Distelrath
Post: Münchener Str. 48, 60329 Frankfurt/M
Tel.: 069/900 281-42; Fax: 069/900 281-99
E-Mail: presse@attac.de
Internet: www.attac.de


veröffentlicht im Schattenblick zum 20. Januar 2010