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STANDPUNKT/022: Mandatsverlängerung für Afghanistan bringt keinen Frieden (IPPNW)


Pressemitteilung der Kooperation für den Frieden - 26.01.2012

Mandatsverlängerung für Afghanistan bringt keinen Frieden

Kritik der Friedensbewegung


Die in der Kooperation für den Frieden zusammengeschlossenen Gruppen - darunter die IPPNW - kritisieren die Entscheidung des Bundestages, das Mandat der Bundeswehr für den Afghanistaneinsatz bis zum 31. Januar 2013 zu verlängern, da die Weiterführung des Einsatzes nicht zum Frieden führt. Das erneuerte Mandat ist trotz der Verringerung der SoldatInnenzahlen kein Beitrag für ein "zivileres Gesicht" des Einsatzes, wie es der Außenminister nennt.

Auch dieses Mandat ist von dem Irrglauben getragen, dass eine Kombination aus militärischem und zivilem Einsatz eine Verbesserung der Lage erreicht. Die gesellschaftlichen Zustands-Indikatoren Afghanistans sprechen nach zehn Jahren "Krieg gegen den Terror" eine andere Sprache.

Die Aussage, Ende 2014 seien alle deutschen Kampftruppen abgezogen - wenn es "die Lage" erlaube, denn von Afghanistan dürfe nicht wieder eine "Gefährdung" ausgehen, ist Augenwischerei. Bestimmte Truppentypen, Ausbilder der afghanischen Armee und Polizei, aber auch Spezialeinheiten mit offensivem Kampfauftrag, sind vom Abzug explizit ausgenommen.

Als äußerst kritisch erweist sich, dass die internationale Interventionsgemeinschaft bei der anvisierten Übergabe auf zwei miteinander verflochtene Elemente setzt: Zum einen auf die Regierung Karzai, deren Existenz über 2014 hinaus abhängt von ihrem Zugriff auf für sie funktionierende Gewaltorgane. Zum anderen auf den Ausbau eben dieses afghanischen Sicherheitsapparates als Stellvertreter-Garant der eigenen geopolitischen Interessen. Diese politisch-militärische Strategie führt dazu, dass sich ein für alle gesellschaftlichen Kräfte offener und gleichberechtigter Friedensprozess nicht entwickeln kann, der jedoch als konstitutioneller Teil des Übergangs unbedingt notwendig ist.

Für die Beendigung des Krieges und die Schaffung eines stabilen Friedens muss jedoch eine politische Lösung der Konflikte gefunden werden, die nur mit zivilen Mitteln erfolgen kann.

Die zersplitterten Taliban werden als Antwort auf die fortgesetzte Intervention ihre Doppelstrategie beibehalten. Laut Taliban-Sprecher Sabiullah Mudschahid verstärken sie einerseits ihre Bemühungen, Kontakte zur internationalen Gemeinschaft aufzubauen, um Frieden in Afghanistan zu schaffen. Andererseits kündigen sie an, den Kampf gegen die afghanische Regierung fortzusetzen, die sie als ausländische Marionette sehen. Präsident Karzai wiederum setzt sich deswegen für die Stationierung ausländischen Militärs über das Abzugsdatum 2014 ein.

Die Kritik der Friedensbewegung gegen den Krieg in Afghanistan wird und muss weiter erhoben werden. Für den Herbst 2012 ist in Bonn eine internationale Afghanistan-Friedenskonferenz mit afghanischen Organisationen und Initiativen in Europa geplant. Auf dieser Konferenz wird die Diskussion der Notwendigkeiten für Frieden in und den Abzug der Truppen aus Afghanistan im Mittelpunkt stehen.

Aktuelle Informationen dazu und zu Protestinhalten und Aktionen finden sich auf der Webseite www.afghanistanprotest.de.


SprecherInnen der Kooperation für den Frieden: Judith Conrads (Bund für Soziale Verteidigung), Susanne Grabenhorst (IPPNW und Mönchengladbacher Friedensforum), Jens-Peter Steffen (IPPNW) und Renate Wanie (Werkstatt für Gewaltfreie Aktion, Baden).


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Quelle:
Pressemitteilung vom 26. Januar 2012
Internationale Ärzte für die Verhütung des Atomkrieges,
Ärzte in sozialer Verantwortung e.V. (IPPNW), Sektion Deutschland
Körtestr. 10, 10967 Berlin
Tel. 030/69 80 74-0, Fax: 030/69 38 166
E-Mail: ippnw@ippnw.de
Internet: www.ippnw.de


veröffentlicht im Schattenblick zum 28. Januar 2012