Schattenblick → INFOPOOL → BÜRGER/GESELLSCHAFT → MEINUNGEN


STANDPUNKT/140: Azize Tank zum Internationalen Tag gegen Rassismus (Pressenza)


Internationale Presseagentur Pressenza - Büro Berlin
Nachricht vom 21. März 2016

Zum Internationalen Tag gegen Rassismus

Gemeinsam für eine offene Gesellschaft der Vielfalt und des Respekts - gegen jede Form des Rassismus


Berlin - 21.03.2016. Auch in einer Phase zunehmender Polarisierung gilt es, einen klaren Kopf zu bewahren und die Zielrichtung unseres Kampfes genau zu bestimmen.

Dazu Azize Tank: "Ich begrüße die diesjährigen Aktivitäten im Rahmen des Internationalen Tages gegen Rassismus mit hunderten von Veranstaltungen, Kundgebungen und Demonstrationen gegen neonazistische und rechtspopulistische Aufmärsche wie auch die Stellungnahmen von Menschen- und Bürgerrechtsorganisationen. Diese ergänzen die jahrelange Arbeit antirassistischer Initiativen, antifaschistischer Organisationen und der über sieben Millionen Menschen, die im Rahmen der "Willkommenskultur" Geflüchteten spontan geholfen haben."

Auf der anderen Seite zählt das Bundeskriminalamt für das Jahr 2015 mehr als 1000 Anschläge auf Flüchtlingsunterkünfte und Flüchtlinge; dazu kommen zahllose rassistisch motivierte Gewalttaten gegen Moslems und Moscheen, Synagogen und Juden, Sinti und Roma und POC - die Aufklärungsquote ist erschreckend gering, die Motive werden nicht einmal statistisch ausreichend erfasst. Rassistische Gewalt und rechter Terror durch Neonazis haben sich in den bundesdeutschen Alltag eingeschrieben und doch bleiben auch heute noch Opfer rassistischer Gewalt der fatalen Mischung aus Ignoranz, Inkompetenz, Verharmlosung und Vertuschung bei Strafverfolgern und Justiz ausgesetzt, die das Staatsversagen im NSU-Komplex im Zusammenspiel mit institutionellem Rassismus erst ermöglicht haben. Rechtspopulisten und selbsternannte "Islamkritiker" feiern sich als Retter eines imaginierten "christlich-jüdischen Abendlandes" - als hätte es die jahrhundertelange Geschichte von Verketzerung, Pogromen und dem Holocaust als industriell organisierten Massenmord nicht gegeben. An die Stelle der völkischen Herrenrassen-Ideologie tritt bei ihnen ein religiös und kulturell begründeter Rassismus, wie er auch in anderen europäischen Ländern schon länger um sich greift. Dieser betrachtet die Menschen nicht als Individuen, sondern bloß als Mitglied einer Gruppe ("die Muslime"), die als "anders", "minderwertig" oder "gefährlich" markiert werden und deshalb auszugrenzen und zu beseitigen seien. Statt diese neue Form rassistischer Hasspropaganda als solche zu bekämpfen, wird sie als "Angst besorgter Bürger" verharmlost. Dabei ist Deutschland in den letzten Jahren wiederholt von Gremien der UN und der EU kritisiert worden, weil es den Rassismus nicht konsequent und energisch bekämpfe.

Azize Tank weiter: "Als Sprecherin meiner Fraktion für soziale Menschenrechte möchte ich betonen: Die Verwirklichung der sozialen Menschenrechte auf eine angemessene Wohnung, bestmögliche medizinische Versorgung und die Sicherung eines Existenzminimums haben universelle Geltung und sind unteilbar, seit dem UN-Sozialpakt von 1966 völkerrechtlich verbindlich. Sie können auch bei uns dazu beitragen, die Ausgrenzung von Minderheiten zu überwinden. Langfristig wird dies nur gelingen, wenn wir gemeinsam für eine offene Gesellschaft der Vielfalt und des Respekts, ohne institutionellen und strukturellen, ohne antisemitischen, antiziganistischen und antimuslimischen Rassismus kämpfen. Das schulden wir nicht nur den Opfern, es ist eine Frage unserer Demokratie, betroffen sind wir also alle."

Azize Tank Mitglied des Deutschen Bundestages
Berlin, 21. März 2016


Der Text steht unter der Lizenz Creative Commons 4.0
http://creativecommons.org/licenses/by/4.0/

*

Quelle:
Internationale Presseagentur Pressenza - Büro Berlin
Johanna Heuveling
E-Mail: johanna.heuveling@pressenza.com
Internet: www.pressenza.com/de


veröffentlicht im Schattenblick zum 23. März 2016

Zur Tagesausgabe / Zum Seitenanfang