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ITALIEN/213: 10 Tage vor den Wahlen - Wahlsieg der faschistisch-rassistischen Allianz nicht auszuschließen (Gerhard Feldbauer)


10 Tage vor den Wahlen in Italien

Nach letzten Umfragen Wahlsieg der faschistisch-rassistischen Allianz nicht auszuschließen

von Gerhard Feldbauer, 21. Februar 2018


Zehn Tage vor den Parlamentswahlen am 4. März herrscht in Italien das große Unbehagen, ob es den verschiedenen Mitte-Links-Kräften noch gelingen wird, einen Wahlsieg der rechtsextremen Allianz zu verhindern. Die letzten am Freitag veröffentlichten Meinungsumfragen des Instituts Demopolis sehen weiter die faschistisch-rassistische Allianz der Forza Italia (FI) Berlusconis, der Lega Salvinis und der "Fratelli d'Italia" (Brüder Italiens) von Giorgia Meloni mit 35,2 Prozent an der Spitze. Ein amputiertes Mitte-Links-Bündnis der regierenden Partito Democratico (PD) mit "Piu Europa" (Mehr Europa) der früheren Außenministerin Emma Bonino, der Südtiroler Volkspartei (SVP) und "Civica Popolare" von Gesundheitsministerin Beatrice Lorenzin käme auf 28,6 Prozent, die allein antretende Fünf-Sterne-Partei (M5S) auf 28,3. Die Prognosen für die übrigen Parteien, von denen die stärkste auf die Nominierung des Premiers pochen kann, liegen für die FI bei 18 Prozent. Die PD ist auf 23 Prozent abgesackt. Sicher scheint nur, dass keine Partei bzw. Allianz eine regierungsfähige Mehrheit erreicht.

Die PD entstand 2007 aus einer Fusion der Linksdemokraten, die aus der 1990 aufgelösten Italienischen Kommunistischen Partei (IKP) hervorgingen, mit der katholischen Zentrumspartei "La Margherita". Der frühere rechte Christdemokrat Matteo Renzi, der 2014 Partei- und Regierungschef wurde, hat die PD mit seiner Kollaboration mit Berlusconi in eine tiefe Krise gestürzt. Schätzungsweise 100.000 Mitglieder verließen ihn und bildeten zu den Wahlen mit der "Sinistra Italiana" (SI), der Demokratie- und Fortschrittsbewegung (MDP) des früheren Ministerpräsidenten der Linksdemokraten, Massimo D'Alema, und anderen Linken ein Bündnis "Liberi e Uguali" (Freie und Gleiche - LeU). PD-Chef Renzi musste 2016 nach einer Niederlage im Referendum über eine Senatsreform als Premier zurücktreten. Er beharrte nicht nur auf seiner Kandidatur, sondern wollte bei einer fehlenden Mehrheit nach den Wahlen auch eine Regierungszusammenarbeit mit der FI Berlusconi nicht ausschließen. Daraufhin lehnten die LeU ein Mitte-Links-Bündnis mit der PD ab. Mit Senatspräsident Pietro Grasso und Parlamentspräsidentin Laura Boldrini treten sie allein an. Ihnen werden zwischen sieben und acht Prozent Stimmen zugetraut.

Mitte-Links tritt also gespalten gegen die vereinte faschistisch-rassistische Allianz an. Nun ist Schadensbegrenzung angesagt. Renzi versichert, es werde keine Kooperation mit Berlusconi geben. Bei einem Wahlsieg will er auf eine Nominierung zur Regierungsbildung verzichten und Premier Paolo Gentiloni den Vortritt lassen. Er vergisst nicht zu drohen, wer LeU wähle, helfe Berlusconi/Salvini. Unterstützung erhält die PD von dem früheren Ministerpräsidenten Romano Prodi, der Mitte-Links 1996 und 2006 zum Sieg über Berlusconi führte. Er appelliert, PD zu wählen, um einen Wahlsieg der Faschisten und Rassisten zu verhindern. Grasso entgegnet, eine künftige PD-Regierung brauche eine starke Linke und wirbt um Wähler. Gleichzeitig erklärt er sich zur Zusammenarbeit nach den Wahlen bereit, womit PD/Mitte-Links nach den Vorhersagen zumindest gegenüber Berlusconi/Salvini gleichziehen, wenn nicht gar einen Vorsprung erzielen könnte.

Dazu müsste der Wahlkampf in der letzten Etappe allerdings offensiv geführt werden und, wie es Umberto Eco, Dario Fo oder Antonio Tabucchi einst sagten, Berlusconi als Verkörperung des übelsten Erbe des Faschismus Mussolinis als solcher entlarvt und seine Allianz nicht als "Centro-destra" (rechtes Zentrum) verharmlost werden. Als ein Signal dafür kann die von Laura Boldrini erhobene Forderung, die neofaschistischen Organisationen zu verbieten, gesehen werden. Die Hoffnungen, das Ruder herumzureißen, ruhen nun auf den antifaschistischen Manifestationen am Sonnabend, zu denen der Partisanenverband ANPI, die mit über vier Millionen Mitgliedern stärkste Gewerkschaft CGIL und die PD aufgerufen haben.

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Quelle:
© 2018 by Gerhard Feldbauer
Mit freundlicher Genehmigung des Autors


veröffentlicht im Schattenblick zum 23. Februar 2018

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