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KALENDERGESCHICHTEN/014: 02-2012   Grimbart Wohlgemut - Grimmy auf der Flucht (SB)


Buntstiftzeichnung: © 2012 by Schattenblick

Grimmy auf der Flucht

Just als Grimmy wenige kühle Wassertropfen getrunken hatte und diese Wohltat genoss, hörte er ein merkwürdiges Geräusch in der Luft. Eine Art leicht pfeifendes Surren. Neugierig drehte er seinen Kopf nach hinten und erschrak. Etwas flog auf ihn zu ... ein Stock. Von Panik ergriffen rannte Grimmy an dem Baum mit den Eiszapfen vorbei. Er wollte auf keinen Fall von diesem fliegenden Stock getroffen werden.

Doch sollte dies erst der Beginn des Schreckens sein. Denn es kam noch schlimmer. Über seinem Rücken hörte Grimmy ein lautes Fauchen und ein Schnappen, verbunden mit einem leisen Knacken. Unmittelbar darauf stemmte sich etwas Rundes, Weiches auf seinen Rücken. Grimmy schrie auf und fiel mit seiner Schnauze voraus in den nassen, schweren Schnee.

"Pasch dosch auf, du dummer Dachsch! Kannsch du nich ausch dem Weg gehen un mir Platzsch machen", brummte ein schlecht gelaunter Hund. Grimmy hob langsam seine Schnauze aus dem Schnee und blickte sich um. Ein ziemlich großer, brauner Hund stand über ihm, den fliegenden Stock quer zwischen seinen Zähnen, und nahm jetzt seine Pfote von Grimmys Rücken. Ziemlich unbeholfen stellte er sich wieder auf seine vier Pfoten.

"Oh", mehr brachte der kleine Dachs nicht hervor. Er wusste nicht, was all das hier zu bedeuten hatte. Nur einen Schluck Wasser hatte er trinken und dann wieder in seinen Bau verschwinden wollen, um weiter zu schlafen. Und jetzt? Grimmy fühlte sich bedroht und wünschte sich, er wäre wieder bei seiner Mutter und seinen Brüdern in der Schlafhöhle.

Der große Hund ließ nun den Stock in den Schnee fallen. "So, ohne Stock im Maul spricht es sich doch gleich viel besser. Also, dummer Dachs, kannst du nicht antworten? Was machst du eigentlich um diese Zeit hier draußen und stehst mir im Weg?" - "Ich, ich, ich kann ...", stotterte Grimmy etwas verlegen, "ich hatte Durst und wollte trinken, da, sieh, da an dem Baum, an dem die Eiszapfen hängen ... Woher sollte ich denn wissen, dass das dein Weg ist?"

"Mein Weg ist überall, überall dort, wo dieser Stock hin fliegt. Ich muss ihm so schnell ich kann hinterher laufen und ..." Der Hund konnte seine Erklärung nicht zu Ende bringen, denn schon wieder sauste ein Stock durch die Luft in Richtung Hund und somit auch auf Grimmy zu. Sie standen ja noch dicht beieinander. Nun wurde es dem kleinen Dachs zu bunt, sollte der große Braune doch den Stöcken hinterher jagen.

Einen winzigen Augenblick später gellte eine hohe Stimme durch die winterliche Stille: "Harro, Harro, komm, bring das Stöckchen, sei ein guter Hund, bring Frauchen das Stöckchen!"

"Da, hörst du? Ich mache lieber kehrt und bringe ihr den Stock, bevor sie noch eines wirft oder gar unfreundlich wird und schimpft", erklärte der Hund, nahm den Stock, den er in den Schnee hatte fallen lassen, wieder ins Maul, drehte sich um und rannte los.

Grimmy aber war so durcheinander, dass er ebenfalls losspurtete, allerdings in gegensätzlicher Richtung, fort von dem Hund, fort von der Frau und den fliegenden Stöcken.

Nach einer ganzen Weile verlangsamte Grimmy sein Rennen, bis er schließlich stehen blieb. Er verschnaufte einen kurzen Moment. Dann sah er sich um. Alles um ihn herum erschien ihm fremd. Nichts Vertrautes konnte er finden. "Wo bin ich nur hingeraten, ich weiß gar nicht mehr, wo ich hier gelandet bin."

Grimmy setzte sich in den Schnee und fing fürchterlich an zu schluchzen. Mittlerweile begann die Abenddämmerung sich auszubreiten. Es würde bald stockfinster sein. "Ich werde mir einen Schlafplatz suchen", überlegte Grimmy, "schließlich kann ich ja nicht hier mitten in der Gegend herumliegen, nein, ich denke, das wäre zu gefährlich." Der kleine Dachs suchte die Gegend ab und entdeckte in der Nähe einen großen Holzhaufen, geschichtet aus dicken Stämmen und starken Ästen. Einer davon ähnelte dem dicken Ast, der den Eingang zu seinem Bau umrahmte. Dieses bisschen Vertrautheit veranlasste Grimmy, sich den Holzstoß als Übernachtungsplatz auszuwählen. "Sieht ein wenig aus wie zuhause. Das ist gut. Hoffentlich ist auch genug Platz für mich darin."

Nun, Platz war in dem Holzstoß reichlich, aber nicht nur das. Noch jemand hatte es sich unter dem Holz gemütlich gemacht.



1. Februar 2012