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KALENDERGESCHICHTEN/043: 07-2014   Der kleine Wolf - Eine neue Höhle ... keine neue Höhle (SB)



Wolf rennt hinter dem Fuchs durchs Gras - Buntstiftzeichnung: © 2014 by Schattenblick

Der kleine Wolf

Eine neue Höhle - keine neue Höhle

Krawell, Rufus und Rudi brachten den Bären zum Bach, in dem er seine dicke Pfote kühlen konnte. Da erfuhren sie auch die traurige Geschichte des Bären, der glaubte, seine Mutter sei tot. Der Rabe Krawell war los geflogen, um das zu prüfen, denn falls der Bär nun wirklich ganz allein war, mussten sie sich um ihn kümmern. Unterdessen erzählte der kleine Wolf sein Erlebnis in dem Wald.

Der Fuchs kam aus dem Staunen nicht mehr raus. "Verdammter Mist, das hätte ganz schön ins Auge gehen können, verdammt gefährlich so eine Sache, Pfoten, die einem nicht mehr gehorchen, scheußlich schrecklich." Er schüttelte sich. Dabei trat er von einer Pfote auf die andere, so als wolle er sich vergewissern, dass die seinen noch taten, was er von ihnen verlangte.

Krawell landete zwischen Rufus und dem kleinen Wolf, schlug zwei-, dreimal mit den Flügeln und flüsterte: "Von nun an gehört der Bär zu uns, er hat sonst niemanden mehr."

Rudi und Rufus nickten und sahen besorgt zum Bären hinüber, der immer noch tief und fest schlief. "Wenn er aufwacht, sagen wir es ihm, also, ich spreche mit ihm!", bestimmte der Rabe.

"Hmm, ist gut. Du, Krawell, dann suchen wir jetzt ein Zuhause für dich, für Rufus, für mich und den Bären?", überlegte der kleine Wolf leise.

"Ja, genau." Versonnen sah Krawell zu einem hohen Baum hinauf. "Können Bären eigentlich gut auf Bäume klettern?" Er malte sich aus, wie der Bär dort den Stamm nach oben kraxelte.

"Das wird nichts, das kannst du vergessen", fuhr Rufus dazwischen, "in einem Nest findet der Bär keinen Platz. Er ist jetzt schon viel zu groß, und ich sage dir, Krawell, der sieht so aus, als wenn aus ihm später ein ziemlicher Koloß wird. Nee, in einem Nest kann der ...?"

"Ist schon gut, du hast ja recht", unterbrach ihn der Rabe.

"Na, dann", meinte Rudi, "müssen wir uns etwas Neues einfallen lassen."

"Klare Sache", pflichtete Rufus ihm bei und schlug Krawell vor: "Wenn du hier beim Bären bleibst, sehe ich mich in der Zwischenzeit mit dem kleinen Wolf schon mal hier in der Gegend um. Vielleicht finden wir eine Höhle, einen alten Schuppen oder so. Was meinst du, Rudi?"

"Ich komme mit."

"Tja, die Idee ist nicht schlecht, aber ...", der Rabe blickte Rufus an und hüpfte auf seine Seite, um ihm dicht in sein Ohr zu flüstern, "bitte, Rufus, du musst aufpassen, dass ihr nicht in Gefahr geratet. Du weiß, was geschieht. Rudi wird sich dann nicht mehr rühren und zu einer Statue erstarren."

"Ach so", nachdenklich schielte Rufus zu Rudi hinüber, ob er vielleicht etwas mit angehört hatte. Aber der kleine Wolf war schon aufgestanden und ein paar Schritte voraus gegangen. Gerade drehte er sich um und rief flüsternd, um ja den Bären nicht zu wecken: "Rufus, nun komm endlich!"

"Bin gleich da." Da drehte der Fuchs sich zu Krawell und beruhigte ihn: "Du kannst dich auf mich verlassen. Ich gebe acht auf uns beide. Du glaubst gar nicht, wie gut ich darin bin, Gefahren zu erspüren."

"Na, dann ..., ich warte hier auf euch." Ganz wohl war ihm trotzdem nicht. Er machte sich große Sorgen um den kleinen Wolf.

Rudi und Rufus streiften durch das hohe Gras, und schließlich konnte Krawell die beiden nicht mehr sehen. Er setzte sich zum Bären an den Bach, summte eine leise Melodie, die er hin und wieder unterbrach, um seine Federn zu putzen.

Rufus raste an Rudi vorbei, sprang mit allen vieren in die Luft, drehte sich um und rief: "Nun komm schon!"

"Warum rennst du denn so schnell. Ich kann mich gar nicht richtig umschauen. Wie soll ich denn da eine Wohnung für uns finden?", beschwerte sich der kleine Wolf.

Rufus trabte zu ihm zurück, setzte sich auf sein Hinterteil und ließ angestrengt seinen Blick schweifen. Das hohe Gras, die vielen Blumen und das Gestrüpp am Wiesenrand versperrten ihm die Sicht auf die von ihm ersehnten Eingänge zu Erdhöhlen. Am liebsten hätte er eine richtig große gefunden, in der sie alle Platz finden konnten.

Der kleine Wolf war von dieser Idee nicht begeistert. Lieber würde er in einer Felsenhöhle wohnen wollen. Deshalb richtete er seinen suchenden Blick auf den Wald. Hinter diesem Wald konnte er in weiter Ferne die Gipfel der grauen Bergen erkennen.

"Hey, Rudi, wo guckst du denn hin? Ich denke, wir wollen eine Erdhöhle finden. Da musst du deine Nase schon etwas weiter unten halten."

"Sieh doch mal, da drüben, hinter dem Wald - in den Bergen gibt es bestimmt eine große Höhle, in die wir alle einziehen können. Lass uns mal nachschauen!", forderte der kleine Wolf begeistert.

"Oh, nee, Felsenhöhlen sind doch dunkel und kalt und unheimlich und da hausen Fledermäuse und, und ... außerdem ist das ziemlich weit weg." Mehr fiel Rufus gerade nicht ein, um die Höhlen schlecht zu machen.

"Oh, ja, ... was sind Fledermäuse? Die will ich mir ansehen, los, komm schon, Rufus!", bettelte der kleine Wolf.

Nun wurde der Fuchs ernst. Er erinnerte sich an die Worte von Krawell, acht zu geben, dass sie nicht in Gefahr gerieten: "Nein, Rudi, wir werden uns die Felsen nicht ansehen. Die sind viel zu weit weg! Viel zu weit weg von Krawell und dem Bären, hörst du!"

Jetzt war Rudi wirklich ärgerlich geworden. Bockig und wütend drehte er sich um und sprintete los: hinein ins hohe Gras, geschwind bis an den Wiesenrand, geduckt ins Unterholz und vom kleinen Wolf ward nichts mehr gesehen.

"Bleib stehen, warte auf mich, verdammt, du, du, du, ...", brüllte der Fuchs ihm aus Leibeskräften nach und rannte so schnell er konnte hinterher. Er hatte den tief hängenden Zweig zu spät bemerkt, der ihm jetzt ins Gesicht peitschte. Er stoppte, jaulte jämmerlich auf, fluchte und schimpfte, rappelte sich auf und nahm die Verfolgung flugs wieder auf. Es dauerte nicht all zu lang, bis er den kleinen Wolf eingeholt hatte, der aus irgendeinem Grund vor einem umgestürzten Baumstamm hockte.

Der kleine Wolf hockt traurig vor einem liegenden Baumstamm - Buntstiftzeichnung: © 2014 by Schattenblick

Buntstiftzeichnung: © 2014 by Schattenblick

"Du dummer, kleiner, verrückter Wolf, verflucht noch mal, was fällt dir ein, einfach ...", Rufus unterbrach sein Schimpfen, weil er so froh war, Rudi unversehrt gefunden zu haben, "ein Glück, dass dir nichts passiert ist. Dir ist doch nichts passiert, oder?"

"Rudi drehte sich um, ließ den Kopf hängen und maulte: "Nee, mir geht es gut. Ich hab mich so geärgert, dass wir nicht zu den Bergen gehen und da bin ich einfach los gerannt."

"Ist schon gut. Aber warum hockst du hier vor dem Baumstamm?"

Der kleine Wolf schniefte: "Ich weiß gar nicht, ob ich in einer Höhle leben möchte. Ich bin ein Wolf und weiß nicht ...", Rudi schluckte schwer, "wenn die anderen Wölfe hier wären, wenn ich bei ihnen wäre, dann ..." Nun weinte er richtig und Tränen kullerten auf seine Pfoten.

"Hey, Kleiner, sei nicht traurig. Du meinst, die anderen Wölfe aus deinem Rudel wüssten schon, wo ihr alle zusammen wohnen würdet?"

"Mmmm, ja"

"Nun, die sind aber nicht hier und wir wissen auch nicht, ob sie nach dir suchen. Ich sage dir was, ganz gleich was andere Wölfe tun, wir suchen uns eine Bleibe und machen es uns richtig gemütlich, du, Krawell, der Bär und ich. Einverstanden?", Rufus bemühte sich mutig und aufmunternd zu klingen.

"Mmmm, ja", flüsterte der kleine Wolf und wischte sich mit der Pfote über seine Augen. Er hob den Kopf und sah Rufus an.

"Hey, wir rennen zurück zu Krawell und beratschlagen, ob wir zu den Bergen gehen und uns dort nach einer geeigneten Höhle umsehen, aber alle zusammen. Was sagst du?", schlug der Fuchs vor.

"Ist gut." Der kleine Wolf war erleichtert. "Mein Wolfsrudel ist eben anders. Ein Bär, ein Fuchs und ein Rabe - toll." Dann sprang er auf, knuffte Rufus in die Seite und rannte los, der Fuchs gleich hinterdrein.

Fortsetzung folgt ...

zum 1. Juli 2014