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PFLANZEN/019: Die Selbstverteidigung der Pflanzen - Giftküche, Drogen und willige Helfer (SB)


Die Akazie

(Acacia cornigera bzw. Acacia hindsii)



Die Akazie will auf Nummer sicher gehen. Zum Schutz vor großen Fraßfeinden wie Weidetieren, wachsen kräftige Dornen zwischen ihren Blättern. Kein Tier lässt sich beim Fressen gern in die Nase stechen. Doch in Afrika haben Antilopen und Giraffen einen Weg gefunden, trotz der Dornen an die Akazienblätter zu gelangen. Wird eine Pflanze in so einem Fall angefressen, dann beginnt sie mit der Produktion eines giftigen Stoffes mit der Bezeichnung "Tannin". In hohen Dosen kann dieses Gift selbst für so große Tiere wie Antilopen tödlich wirken. Doch meistens merken die Antilopen bzw. Giraffen die Gefahr und lassen die Akazie in Ruhe. Sie ziehen weiter zur nächsten. Zusätzlich zu dem Tannin bildet die Akazie aber auch noch ein Gas, sobald ein Tier an ihren Blättern knabbert. Dieses Gas kann ca. 45 Meter weit durch die Luft verbreitet werden und soll die Nachbar-Akazien warnen. Wenn dieses Gas auf die nächste Pflanze trifft, beginnt sie sofort mit der Produktion des "Tannin". Wenn sich jetzt Giraffen oder Antilopen an ihr gütlich tun wollen, wenden sie sich rasch wieder ab, da sie die giftige Gefahr wittern oder schmecken.

Es gibt auch kleinere Tiere, Käfer und Insekten, wie beispielsweise Grashüpfer, Zikaden oder ein Insekt namens Heupferd, die sich gut zwischen den Dornen bewegen und so die Blätter fressen können. Dagegen ist die Akazie allein machtlos. Also hat sie sich Hilfe geholt.

Ameisen versammeln sich auf Akazienpflanze - Foto: 2010, by Ryan Somma,[CC-BY-SA-2.0 (http://creativecommons.org/licenses/by-sa/2.0)], via Wikimedia Commons

Angriffslustige Ameisen als Verteidiger gegen Fraßfeinde
Foto:2010, by Ryan Somma, [CC-BY-SA-2.0 (http://creativecommons.org/licenses/by-sa/2.0)], via Wikimedia Commons

Die Akazie beherbergt eine sehr angriffslustige Ameisenart (Pseudomyrmex ferrungineus). Lässt sich ein Insekt auf der Akazie nieder und beginnt mit dem Fressen, so eilen sofort die Ameisen herbei. Um die Eindringlinge zu vertreiben, beißen sie in deren Schwachstellen: die ungeschützten Gelenke oder die Augen. Dabei sondern sie ein giftiges Sekret ab. Der so Verletzte wird anschließend vom Baum geschubst.

Auch wenn eine Schling- oder Kletterpflanze versucht, zum Beispiel eine Bohne, mit ihren Ranken an einer Akazie empor zu wachsen, wird sie von den Ameisen angegriffen. Sie schlagen ihre Kiefer in das Gewebe der Ranke, bis die darin enthaltenen Leitungsbahnen zerstört sind. Dieser Teil kann von der Bohnenpflanze nicht mehr versorgt werden, er stirbt und fällt ab. Die Akazie duldet keine andere Pflanze um sich, die ihr später vielleicht einmal das Licht streitig machen könnte. Mit reichhaltigen Gegenleistungen scheint die Akazie sich für diese Verteidigungsmaßnahmen bei den Ameisen zu bedanken.

Ihre Dornen sind hohl und bieten diesen Ameisen einen sicheren, wohl klimatisierten Wohnort, in dem sie unter besten Bedingungen ihren Nachwuchs aufziehen können. Die Akazie sorgt aber nicht nur für Unterkunft, sondern auch noch für Essen und Trinken. An ihren Blattspitzen sondert sie kleine goldbraune Futterkörnchen ab, die von den Ameisen liebend gern geerntet werden, auch weil dies eine geeignete Nahrung für ihren Nachwuchs ist. An den Blattstielen der Akazie sind kleine, ovale Löcher, die mit einem Rand versehen sind, so dass sie fast wie kleine Brunnen aussehen. Aus ihnen fließt beständig Nektarflüssigkeit. Begierig trinken die Ameisen davon.

Akazie mit großen, hohlen Dornen und kleinem 'Nektarbrunnen' - Foto: 2007, by Stan Shebs, CC-BY-SA-3.0 (http://creativecommons.org/licenses/by-sa/3.0)], via Wikimedia Commons

Foto: 2007, by Stan Shebs, CC-BY-SA-3.0 (http://creativecommons.org/licenses/by-sa/3.0)], via Wikimedia Commons

Solch ein Abwehrkampf ist für die Ameisen selbst nicht ungefährlich. Warum setzen sie sich dennoch so energisch für den Schutz der Akazie ein? Könnten sie nicht auch woanders Unterkunft und Nahrung finden?

Die Akazie möchte auf jeden Fall ihre Schutztruppe behalten. Um sicher zu gehen, dass die Ameisen sie nicht verlassen, wendet sie einen Trick an. Ihr Nektar enthält einen Stoff (das Enzym Chitinase), der eine besondere Wirkung auf die Verdauung der Ameisen hat. Sie können, nachdem sie das erste Mal davon getrunken haben, keinen normalen Zucker, sogenannten "Haushaltszucker" (Saccharose), mehr verdauen. Der kommt aber fast überall in der Natur vor, nur nicht in dem Nektar der Akazie. Um nicht zu verhungern, müssen die Ameisen also genau von dem Nektar der Akazie trinken. In gewisser Weise sind sie von der Pflanze abhängig geworden. Andererseits werden sie gut versorgt und leiden keinen Mangel. Wenn sie die Akazie verteidigen, so schützen sie gleichermaßen ihren Wohnplatz, ihren Nachwuchs und ihre Futterquelle. Die Akazie hat sich auf diese Weise ein außergewöhnlich umfassendes Verteidigungssystem zugelegt.



Quellen:

http://www.zdf.de/leschs-kosmos/trickreiche-pflanzenwelt-5407336.html

http://www.mpg.de/7722249/akazie-ameise-symbiose

http://www.scinexx.de/dossier-detail-60-15.html

http://www.pflanzenforschung.de/de/journal/journalbeitrage/verhaengnisvolle-nascherei-akazien-treiben-ameisen-mit-10167

http://www.spiegel.de/wissenschaft/natur/biologie-akazienbaeume-treiben-ameisen-in-die-abhaengigkeit-a-932067.html

TV Sendung: Kluge Pflanzen
Wie die wilden Tiere
Dokumentation, Deutschland, 2009
Film von Volker Arzt, Immanuel Birmelin
45 Min.



8. August 2014