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PFLANZEN/061: Gummiwahn mit Löwenzahn ... (SB)



Was hat wohl der Name Löwenzahn mit dem Gebiss eines Löwen zu tun? Vielleicht sind es die stark gezackten grünen Blätter dieser Pflanze, die an spitze Zähne erinnern? Aber nicht nur ihr Name ist eigenartig, auch birgt sie einige Besonderheiten, die vielleicht nicht jedem bekannt sind. Hingegen dürften die leuchtend gelben, vielblättrigen Gewächse, die oft in großer Zahl die Wiesen und Rasenflächen bevölkern, den meisten schon begegnet sein. Späterhin werden noch einige andere Bezeichnungen angeführt, die jeweils auf eine besondere Nutzungsmöglichkeit dieser Pflanze hindeuten. Doch zunächst sehen wir uns diese Blütenpflanze etwas genauer an.


Eine gelbe Blüte mit vielen kleinen Blättern auf einem langen Stängel mit grünen gezahnten Blättern - Foto: © 2021 by Schattenblick

Löwenzahn
Foto: © 2021 by Schattenblick


Die gelben Blütenblätter bilden die Krone auf einem 10 bis 30 Zentimeter hohen Stängel, der in einer 1 Meter (manchmal sogar bis zu 2 Meter) langen Wurzel endet. Außen herum ist sie braun bis schwarz gefärbt, innen weißlich. Alle Pflanzenteile enthalten einen weißen Milchsaft. Auffallend sind ihre Blätter, die eiförmig bis eilanzettlich gewachsen sind. Auf einer Länge von 10 bis 25 Zentimeter sind sie stark gezähnt. In der Nähe des Pflanzenstiels sind sie feiner, zur Blattspitze hin gröber gezahnt. Vor allem und in großer Zahl trifft man den Löwenzahn im April und Mai an, aber er kann auch noch bis in den Herbst hinein blühen. Das Besondere an dieser Pflanze, die auch "Pusteblume" genannt wird, ist wohl, dass sie eigentlich gar keinen Nektar produzieren müsste, weil ihre Samen vom Wind davongetragen werden. Warum es sich so verhält, ist nicht genau bekannt, doch für die Bienen bietet sich so im frühen Jahr eine willkommene Pollen- und Nektarquelle.

An Wegrändern, auf Wiesen und in Gärten trifft man auf Löwenzahnpflanzen, manchmal sprießen sie auch durch Mauerwerk oder brüchige Straßendecken. In Gebieten, in denen Temperaturen zwischen 5°C bis 26°C vorherrschen, ist sie verbreitet. Doch viele Gartenfreunde halten den Löwenzahn für ein Unkraut und bemühen sich, ihren Rasen von dieser Pflanze zu befreien.


Viele gelbe Blütenköpfe ragen übers Gras hinaus - Foto: © 2021 by Schattenblick

Wiese mit unzähligen Löwenzahnblüten
Foto: © 2021 by Schattenblick


Dazu ist es erforderlich, dass die Wurzeln ausgegraben werden, da sie ansonsten im nächsten Jahr wieder austreiben. Doch der Löwenzahn ist weitaus mehr als nur ein Unkraut. Er kann auf vielfältige Weise genutzt werden, in der Küche wie auch in der Heilkunde.


Was alles aus Löwenzahn bereitet werden kann

Da wäre zunächst der Honig zu erwähnen, den die Bienen herstellen. Er hat ein kräftiges Aroma, eine goldgelbe Farbe und ist etwas dickflüssig. Dieser Honig ist nicht nur für die Bienen gut, sondern Imker stellen daraus Löwenzahnblütenhonig her, der auf eine besondere Art sehr lecker sein soll. Aus den gelben Blüten kann ein wohlschmeckender Sirup hergestellt werden. Versetzt mit Orange oder Zitrone eignet er sich als leckerer Brotaufstrich. Dazu werden nur die gelben Blüten abgepflückt, wobei jene, die im Frühjahr geerntet werden am wohlschmeckendsten sein sollen.

Aus den zarten, jungen Blättern, die einen leicht bitteren Geschmack haben, lässt sich ein schmackhafter Salat zubereiten. Selbst die Wurzel findet Verwendung. Wird sie getrocknet und dann geröstet, so kann daraus ein Ersatzkaffee erzeugt werden, der kein Koffein enthält und dennoch anregend wirkt. Dazu muss die Wurzel ausgegraben, gesäubert, geröstet und gemahlen werden. In den ersten Jahren nach dem Zweiten Weltkrieg, als es nur wenig Nahrungsmittel und schon gar keinen Bohnenkaffee gab, wurde unter anderen dieses Löwenzahnwurzelgetränk aufgebrüht. Heute wird er wieder hergestellt. Es heißt, er sei gesund, koffeinfrei und schmackhaft und eine gute Alternative für all jene die, richtigen, also koffeinhaltigen Kaffee, nicht vertragen.

In bestimmten Zubereitungen und Darreichungen findet die Löwenzahnpflanze auch in der Heilkunde Anwendung. Sie wird bei besonderen Leberleiden verabreicht, bei rheumatischen Erkrankungen oder eventuell auch bei Magenschmerzen. Zudem wird ihr nachgesagt, sie wirke appetitanregend und verdauungsfördernd. Am bekanntesten ist jedoch ihre harntreibende Wirkung. In einigen Ländern wird die Löwenzahnpflanze deswegen zum Beispiel "Pissblume", "Bettpisser" oder "Bettnässer" genannt.

Aber Vorsicht: verzehrt man eine größere Menge an Löwenzahnstängeln, so führt das zu Übelkeit und Erbrechen. Der weiße Milchsaft des Löwenzahns kann außerdem unangenehme Hautreaktionen verursachen. Es ist ratsam, zunächst vorsichtig und in kleinen Mengen die Löwenzahnzubereitungen zu genießen. Nicht jeder verträgt die in ihm enthaltenen Bitterstoffe gleich gut. Wenn der Löwenzahn-Tee oder -Kaffee auch als gesund und bekömmlich gilt und bestimmte wohltuende Wirkungen damit erzielt werden können, so kommt es doch auf die Dosierung an, also auf die Menge, die verzehrt wird. Aber das ist wohl bei den meisten Lebens- und Genussmitteln so.


Löwenzahn - ein Kraut mit magischen Kräften?

Vor historisch langer Zeit wurde diese Pflanze in Zusammenhang mit Orakeln gebracht, doch wie mit Hilfe des Löwenzahns angeblich ein Blick in die Zukunft ermöglicht werden sollte, bleibt wohl eher ein Geheimnis. Die Ureinwohner von Nordamerika sollen, so heißt es, nicht nur Tabakblätter, sondern auch Löwenzahnblätter zu kultischen Handlungen geraucht haben. In einigen Regionen Europas versprach man sich durch das Verreiben des Löwenzahns auf der Haut die Erfüllung von Wünschen.


Die kleinen braunen Samen sind mit einem feinen Stil an hauchdünne weiße Fasern, die wie ein kleiner Schirm aussehen, befestigt - Foto: © 2021 by Schattenblick

Pusteblume - die vielen Samen hängen an kleinen, weißen Schirmchen
Foto: © 2021 by Schattenblick


Aus der Pusteblume, wie der Löwenzahn genannt wird, weil seine Samen mit den zarten weiß schimmernden Schirmchen zuhauf auf der einstigen Blüte sitzen, könne die Zukunft gelesen werden. So heißt es, dass die Anzahl der übriggebliebenen Schirmchen einer Pusteblume die noch verbleibenden Lebensjahre desjenigen voraussagt, der zuvor einmal kräftig gepustet hat. Nun, darüber sollten wir uns heute keine Gedanken mehr machen, aber in vergangenen Jahrhunderten war der Aberglaube weit verbreitet und hat das Handeln vieler Menschen beeinflusst.


Forschungen an der Löwenzahnpflanze

Ein Verwandter unseres Löwenzahns enthält in seiner Wurzel einen für die Forschung interessanten Anteil an Naturkautschuk. Es handelt sich um den "Russischen Löwenzahn", der gerade jetzt eine hohe Aufmerksamkeit seitens der Autoindustrie erhält. Naturkautschuk hat ganz besondere Eigenschaften, die dem künstlichen, aus Erdöl hergestellten, Kautschuk fehlen. Kautschuk wird für die Produktion aller möglichen Reifen benötigt, also für jene von Fahrrädern, Autos, Lastwagen, Bussen oder Traktoren. Bisher wird dieser Rohstoff, der von einer einzigen Pflanze (Hevea brasiliensis) gewonnen wird, aus Ländern wie Brasilien, Indonesien, Malaysia oder Thailand importiert.


Aus dem angeritzten Baumstamm fließt der weiße Milchsaft in einen kleinen Eimer - Foto: 2004 by AxelBoldt, (eigenes Werk), Public domain, via Wikimedia Commons

Der Milchsaft des Baumes wird in einem kleinen Eimer gesammelt
Foto: 2004 by AxelBoldt, (eigenes Werk), Public domain, via Wikimedia Common


Es handelt sich um einen Baum, der nur in den Tropen wachsen kann. Sein Ursprungsland ist Brasilien. Seit vielen Jahren wird er durch eine sehr ansteckende Schadpilz-Krankheit bedroht, so dass sein Anbau in Plantagen kaum mehr möglich ist. Umso dringender suchen die Reifenhersteller nach Alternativen und konzentrieren sich auf die Erforschung des Russischen Löwenzahns (Taraxacum koksaghyz). Ein wesentlicher Vorteil besteht darin, dass dieser Löwenzahn auch unter unseren klimatischen Bedingungen wächst. Wissenschaftler bemühen sich schon jetzt um effektive Anbau- und Ertragssteigerungsmöglichkeiten.

Es könnte eine gute Entwicklung sein, doch hat es einen schalen Beigeschmack. Je mehr Rohstoffquellen aus welchen Gründen auch immer, versiegen, desto mehr wird auf andere Pflanzen zugegriffen. So kann der Eindruck entstehen, dass eine Pflanze nicht als Lebewesen, sondern lediglich als Rohstoffproduzent gesehen wird und so lange ausgenutzt wird, bis sie erkrankt und damit nicht weiter von wirtschaftlichem Interesse ist.


Diesem Artikel liegen folgende Quellen zugrunde:

https://www.ndr.de/ratgeber/garten/Loewenzahn-Laestiges-Unkraut-und-gesunde-Heilpflanze,loewenzahn172.html

https://kraeuterkontor.de/magazin/loewenzahn/

https://www.plastverarbeiter.de/roh-und-zusatzstoffe/russischer-loewenzahn-als-quelle-fuer-naturkautschuk.html


18. Oktober 2021


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