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MALEREI/041: Harro Maass - Ein Künstler im Einsatz für die Natur (Der Falke)


Der Falke - Journal für Vogelbeobachter 4/2008

Harro Maass - Ein Künstler im Einsatz für die Natur

Von Bernd Nicolai


FALKE-Leser haben bereits von ihm erfahren: Harro Maass als Vogelmaler und Publikumspreisträger der Ausstellung "Moderne Vogelmaler" (MoVo) 2005. Im vorliegenden Beitrag sollen nun er und sein vielfältiges Schaffen etwas näher ins Licht gerückt werden. Damit führen wir die Reihe der in FALKE vorgestellten aktiven Vogelmaler in Deutschland weiter fort. Zur Erinnerung seien die bisher erschienenen Artikel zu bekannten Namen genannt: Ron Meier (FALKE 1997, H. 10), Steffen Walentowitz (FALKE 1998, H. 7-8), Friedhelm Weick (FALKE 1999, H. 3), Eugen Kisselmann (FALKE 2007, H. 1).


Tiere und Lebensräume haben es ihm angetan, sie zu beobachten und auf Papier oder Leinwand festzuhalten, bereitet ihm Freude. Und man spürt dies unmittelbar beim Betrachten seiner Bilder. Diese erscheinen meist kraftvoll und auffallend, fast wie ein Gegensatz zu der bescheidenen, ruhigen Person Harro Maass. So konnte ich den Künstler anlässlich einer gemeinsamen naturkundlichen Mongolei-Reise im vergangenen Jahr erleben, wobei ich ihn als sehr angenehmen und unkomplizierten Begleiter schätzen lernte. Wahrscheinlich kommt diese Abgeklärtheit auch durch den unheimlich reichen Erfahrungsschatz, den er während seiner zahlreichen Reisen insbesondere nach Nord- und Südeuropa, Nord-, Mittel-, Südamerika, Nord- und Ostafrika gesammelt hat.

Durch Naturbeobachtungen im Wattenmeer geprägt

Sein ganzes Leben ist geprägt durch eine enge Beziehung zur Natur, die er bereits in früher Jugend ausgiebig genießen konnte. Harro Maass wurde 1939 auf der ostfriesischen Insel Wangerooge geboren. Dort werden bei den Streifzügen und Naturbetrachtungen, insbesondere auch durch die vielen Aufenthalte bei den Vogelwärtern in den Schutzgebieten der Insel, die ersten tieferen Eindrücke biologischer Zusammenhänge geprägt. In einem späteren Werk, dem "Wattwürfel", mit typischen Bewohnern des Lebensraumes "öko-logisch" zusammengefügt und dargestellt, profitieren wir in hervorragender Weise von seinen frühen Insel-Naturstudien.

1958 verlässt Maass die Insel, um an der Werkhochschule Krefeld (später Fachhochschule Niederrhein) Grafikdesign zu studieren. Nach erfolgreichem Abschluss ist er von 1962 bis 1974 Layouter und Artdirector in einer Düsseldorfer Werbeagenturen, um sich schließlich 1974 als Illustrator selbstständig zu machen. Der Schwerpunkt seiner Arbeit - und das ist nur die logische Folge - liegt bei den Naturillustrationen. Die Aufträge kommen vor allem aus Werbeagenturen, Zeitschriften-, Buchverlagen und dem Bundesministerium für Umwelt. Als Wohn- und Arbeitsort wählte er ab 1978 Ratingen.

Faszination für den tropischen Regenwald

Ab 1989 wendet sich Maass neben den Auftragsarbeiten der freien Tiermalerei zu, arbeitet dabei vorwiegend mit Acrylfarben. Motive und Inspirationen kommen freilich von intensiver Naturbeobachtung. Der Spruch "Reisen bildet" hat für den Naturkundler seinen ganz besonderen Reiz, denn die vielfältigen Lebensräume verschiedenster Klimazonen der Erde halten eine artenreiche, hoch interessante Tier- und Pflanzenwelt parat. So hat schon die erste Reise nach Costa Rica Maass' Faszination für den tropischen Regenwald entfacht und nicht mehr losgelassen. Mehr als passend erscheint deshalb wohl der Quetzal, der eindrucksvolle Wappenvogel von Costa Rica, auf seinem ersten Vogelgemälde, das 1994 bei "Birds in Art" vom "Leigh Yawkey Woodson Art Museum" (L.Y.W.A.) ausgewählt wurde.

Bereits der erste Besuch dieses Museums in Wausau/USA, einem Mekka der Vogelmalerei, war einerseits ein Erlebnis für den Künstler Maass, andererseits prägte er ihn für seine weitere Tätigkeit. Insgesamt wurden dort seine eingereichten Bilder bisher siebenmal ausgewählt und dreimal reiste er zu den Eröffnungen der Ausstellungen in die USA. Der Kontakt und die Gespräche mit Gleichgesinnten und von ihm bewunderten Tiermalern, wie beispielsweise Carl Brenders, Robert Bateman und Lars Johnson, gaben ihm dabei viele Anregungen und neue Perspektiven.

Gedanken über völlig neue Bildgestaltungen

Im Jahr 1994 entstand auch das Bild "Rettet den Regenwald" aus der bereits erwähnten Faszination für das gefährdete Ökosystem und der Überzeugung dringender Notwendigkeit seines Schutzes. Die Rechte für die Veröffentlichung erwarb seinerzeit die Zeitschrift GEO, die mit dem Verkauf eines davon gedruckten Posters die Aktion "Projekt tropischer Regenwald e.V." unterstützte. Mit diesem Bild bringt Maass in einer sehr eindrucksvollen Weise zum Ausdruck, wie gewaltig und vielfältig dieses Ökosystem zwar ist, wie es aber durch unseren Raubbau zusehends vernichtet wird; es liegt "in unserer Hand" es zu schützen und zu erhalten.

Ein weiteres Werk, das den Entwicklungsweg des Malers charakterisiert, ist der "Winterbaum mit Elstern" (1995), das man fast als fotorealistisch einordnen könnte. Es wurde ebenfalls von "Birds in Art" ausgewählt und dort der Öffentlichkeit präsentiert. Während dieses Bild entstand, machte sich Maass bereits Gedanken über völlig neue Bildgestaltungen. Er wollte sich von den konventionellen Bildkonzepten lösen, dabei aber die akkurate Darstellung von Tieren beibehalten. So entstanden praktisch aus dem Lebensraum gelöste "Inszenierungen" von Tieren in verschiedenen Bildebenen. Mit dem Bild "Der Gaukler" (1997) wurde dieses Neuland sofort erfolgreich betreten: Das Werk wurde vom L.Y.W.A. Museum sogar für seine ständige Ausstellung angekauft.

Anregungen kommen aus der Natur

Dass dieses Konzept aufging, die Werke den Betrachtern gefielen, bewies die folgende Zeit, in der eine ganze Serie von Bildern mit ähnlichem Aufbau entstand, wie z. B. "Die Jury - Blaufußtölpel und Meeresleguane" (1999). Auch hier kam die Anregung wieder aus der direkten Beobachtung der Tiere während einer Studienreise nach Galapagos. Neben der exzellenten Darstellung der einzelnen Vögel und Reptilien werden diese in Beziehung zueinander gesetzt. Obwohl sie aus ihrem Lebensraum herausgelöst wurden, scheinen sie miteinander zu kommunizieren. In Verbindung mit dem Titel des Bildes veranlasst der Maler den Betrachter erneut zum genauen Hinschauen und Nachdenken.

Schließlich geht Maass noch einen Schritt weiter, und es entstehen Werke mit surrealistischem Charakter. Von diesen seien hier folgende gezeigt: "Eisvogel" (2002), Austernfischer" (2003) und "Goldies Ende" (2003). In den Ausstellungen fallen die Bilder immer auf. So war das Bild "Reiherenten" (2005; abgebildet in FALKE 2006, H. 1) auf der Movo-Ausstellung 2005 in Halberstadt Publikumssieger und "Schau mir in die Augen Kleines" (2005) kam im vergangenen Jahr in der Besuchergunst auf Platz 3. Der Künstler versteht es meisterlich, die Betrachter in den Bann zu ziehen. So erzielt sein Spaß beim Malen einen doppelten Effekt - zum Glück für uns!

Freude am Zeichnen neu entdeckt

Deshalb sollten wir uns wünschen, dass Maass noch viele Reisen unternimmt, um tierisch Neues zu beobachten, festzuhalten und für uns in Bilder umzusetzen. Überraschungen gibt es immer wieder. So hat beispielsweise unsere Mongolei-Reise dazu geführt, das Zeichnen für ihn wiederzuentdecken, an dem er - nach seinen eigenen Worten - "kaum noch Freude zu haben glaubte, weil fotografieren doch so viel schneller geht". Vielleicht können wir schon im kommenden Sommer davon profitieren, wenn im Halberstädter Museum eine Ausstellung über die gelungene Exkursion in die Mongolei mit vielen Fotos, Skizzen und gemalten Bildern, unter anderem auch von Harro Maass, gezeigt wird!


Literatur zum Thema:

Holz, R. & B. Nicolai (2007): Deutscher Preis für
Vogelmaler "Silberner Uhu" 2007. Ornithol. Jber.
Mus. Heineanum 25: 113-117.

Nicolai, B. (2006): Deutscher Preis für Vogelmaler:
"Silberner Uhu" 2005. Falke 53: 16-21.


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Quelle:
Der Falke - Journal für Vogelbeobachter 4/2008
55. Jahrgang, April 2008, S. 144-149
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veröffentlicht im Schattenblick zum 11. April 2008