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GRASWURZELREVOLUTION/1463: Castorexporte in die USA - Teil 3


graswurzelrevolution 397, März 2015
für eine gewaltfreie, herrschaftslose gesellschaft

Castorexporte in die USA?
3. Teil. Fortsetzung aus GWR 396

Von Peter Bastian


Nachdem im September 2014 die einwöchige Infotour zu den Castorexporten mit dem US-amerikanischen Antiatomaktivisten Tom Clements zu Ende ging, nahm ein weiterer Schwerpunkt des "Bündnisses gegen Castorexporte" Form an.


Mahnwachen in Jülich und Bonn - Aufsichtsrat des FZJ zieht um

Als im letzten Jahr das Wirtschaftsministerium NRW als Atomaufsicht ein Grobkonzept und ein nachfolgendes Detailkonzept zur genauen Planung des weiteren Umgangs mit dem Jülicher Atommüll vom Forschungszentrum Jülich (FZJ) gefordert hatte, entstand im Bündnis die Frage, wie die weiteren Pläne von Bund, Land und Forschungszentrum in die Öffentlichkeit zu transportieren seien. So kam es zu der gemeinsamen Idee, die kommende Aufsichtsratssitzung des FZJ mit einer Mahnwache an beiden Haupttoren zu begleiten. Zu oft hatten diese im Verborgenen getagt. Am 19. November sollte neben der aktuellen Kippung des Jülicher Versuchsreaktors auch über das "Detailkonzept" gesprochen werden. Kurz nachdem die Mahnwachen in Jülich angemeldet waren, entschied sich das FZJ dann plötzlich, die Sitzung nach Bonn ins Bundesforschungsministerium zu verlegen. So beschloss das Bündnis kurzerhand mitzuziehen.

Mit einer Mahnwache in Jülich, die um 9 Uhr an beiden Haupttoren stattfand, und einer gut besuchten Pressekonferenz begann der Tag. Es waren ca. 60 Menschen mit Tonnen, Schutzanzügen und Trillerpfeifen anwesend. Robin Wood spannte ein großes Transparent über die Zufahrtsstraße.

Eine weitere Mahnwache fand dann mit einer guten Mobilisierung von "ausgestrahlt" in Bonn um 12 Uhr statt. Auch hier waren bis zu 60 Menschen anwesend. Die Presse war neben einer Abordnung aus Jülich ebenfalls vor Ort. In Redebeiträgen und mit Livemusik erläuterten Vertreterinnen von BUND NRW, Schacht Konrad und des Bündnisses die Hintergründe des geplanten US-Castorexportes. Gefordert wurden: die Veröffentlichung des Detailkonzeptes, der sofortige Stopp der Vorbereitungen des illegalen Castorexports und ein Stopp der Vorbereitungen zur alternativen Verschiebung des Mülls nach Ahaus. Einen Moment der Unruhe gab es, als die Menge sich formierte und Einlass ins Ministerium forderte. Die Tore wurden geschlossen und der private Wachschutz durch die Polizei verstärkt. Die Mahnwache wurde dann nach einer weiteren Kletteraktion um 14:30 Uhr beendet.

Einsichtnahme ins Detailkonzept

Mitte Dezember gelang es Mitgliedern des Bündnisses aufgrund des Umwelt-Informations-Gesetzes (UIG) im Wirtschaftsministerium NRW Einsicht in die Dokumente des Detailkonzepts des Forschungszentrums zu nehmen. Das FZJ muss hier der Atomaufsichtsbehörde darlegen, wie eine schnellstmögliche Räumung des Jülicher Brennelementelagers ausgeführt werden soll.

Die Betonung liegt auf schnellstmöglich, denn dies hat der zuständige Wirtschaftsminister Duin mit seiner atomrechtlichen Anordnung vom 02.07.2014 so festgelegt. Nicht festgelegt wurde, auf welchen Wegen die "Entsorgung des Atommülls" erfolgen soll und wohin er geht - hier hat das FZJ anscheinend freie Hand.

Das FZJ schreibt dann auch erst einmal, dass die Voraussetzung für eine Räumung des Brennelementelagers mit einer neuen Genehmigung nach § 9 ATG (Atomgesetz) für die Abfallzellen in der Verladehalle vorliegen muss, unabhängig von der jeweiligen Option.

Parallel dazu muss eine abgeschlossene Sanierung der Brückenkrananlage erfolgt sein. Sonst kann die Verladung und Abfertigung der Behälter nicht umgesetzt werden!

Vorgesehene Dauer der Maßnahme: 26 Monate. Unabhängig davon, welche, Option gewählt werden wird, ist mit einem Abtransport frühestens zum Ende des Jahres 2016 zu rechnen.

Option Neues Zwischenlager

Mit einer angenommenen Zeit von 90 Monaten für die "speziellen vorbereitenden Maßnahmen" (u.a. Neubau der Halle) und einer Transportzeit von 12 Monaten werden 7,5 Jahre vergehen bis die Räumung abgeschlossen ist. Somit schließt das FZJ dieses Konzept aus.

USA und Ahaus

Für Ahaus liegen die Zeiten der vorbereitenden speziellen Maßnahmen mit Beginn der Räumung bei 26 Monaten, plus 36 Monate für den Transport, zusammen also 5 Jahre und 2 Monate.

Für die USA wird mit 26 Monaten für spezielle Maßnahmen und Räumungsbeginn die gleiche Zeitspanne angenommen.

Allein der Transport geht dann um einiges schneller: 12 Monate. Zusammen bis zur vollständigen Räumung: 3 Jahre und 2 Monate.

Unter Berücksichtigung der für alle drei Wege bestehenden Genehmigungsrisiken ist bei der US-Option die Umweltverträglichkeitsprüfung im Frühjahr abzuwarten. Erst dann kann ein verbindlicher Vertrag mit dem DOE (Departement of Energy) abgeschlossen werden. Da dies nicht sicher ist, wird Ahaus parallel weiterverfolgt, auch wenn hier die Gesamtdauer der Transporte zwei Jahre länger beträgt.

20 Jahre Ahauser Sonntagsspaziergang

20 Jahre nach dem ersten Sonntagsspaziergang im Dezember 1994, als sich gegen die Atommülltransporte von Hamm nach Ahaus der Widerstand formierte, versammelten sich ca. 150 Menschen am 21.12.2014 zum Jubiläums-Sonntagsspaziergang vor dem Zwischenlager.

In Redebeiträgen wurde die überregionale Wirkung der langjährigen Proteste herausgestellt: 1998 stellten sich Tausende dem großen Castortransport aus Hamm in den Weg.

2005 gab es starke Proteste gegen die Castortransporte Dresden-Rossendorf. Und 2010 konnten die Castortransporte nach Russland verhindert werden. Aktuell aber stand der Widerstand gegen die für 2018 angesagten Castortransporte aus Garching und dem USA Castorexport im Fokus der TeilnehmerInnen.

Zu einem verbalen Schlagabtausch vor dem Mikrofon kam es mit den anwesenden VertreterInnen der Landesgrünen. Als fahrlässig und unhaltbar wurde das Nichtverhalten der Grünen zu den Castorexporten und der immer noch unbegrenzt produzierenden Urenco, die in Gronau die einzige Urananreicherungsanlage (UAA) im Land betreibt, empfunden.

Umweltverträglichkeitsprüfung USA - Freigabe von Geld für WAA Entwicklung

In South Carolina steht voraussichtlich Ende März 2015 die Veröffentlichung der Umweltverträglichkeitsstudie an, der sich eine öffentliche Diskussion unter Einbeziehung der örtlichen Bevölkerung anschließen wird. Erst dann wird ein endgültiger Vertrag zu den Castorexporten von beiden Ländern unterzeichnet werden.

Dessen ungeachtet wird weiter an der Entwicklung und dem Aufbau einer speziellen Wiederaufbereitungstechnik gearbeitet. Es gibt Hinweise, dass Deutschland Anfang Dezember 2014 zustimmte, für den weiteren Ausbau der WAA Technik den USA drei Mio. Dollar bereitzustellen. Wir sind optimistisch den US Export und auch mögliche Transporte ins Brennelementezwischenlager (BEZ) nach Ahaus zu verhindern.


Über die weitere Entwicklung voraussichtlich mehr in der GWR 399. 

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Quelle:
graswurzelrevolution, 44. Jahrgang, Nr. 397, März 2015, S. 10
Herausgeber: Verlag Graswurzelrevolution e.V.
Koordinationsredaktion Graswurzelrevolution:
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einer Sommerpause im Juli/August.
Der Preis für eine GWR-Einzelausgabe beträgt 3,80 Euro.
Ein GWR-Jahresabo kostet 38 Euro.


veröffentlicht im Schattenblick zum 31. März 2015

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