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SOZIALISTISCHE ZEITUNG/1398: Bundeshaushalt 2010 - Wo sind die Löcher und weshalb?


SoZ - Sozialistische Zeitung Nr. 5 - Mai 2010
Friede den Hütten - Krieg den Palästen!

Bundeshaushalt 2010
Wo sind die Löcher und weshalb?

Von Rainer Roth


Die meisten Löcher im Bundeshaushalt gäbe es nicht, wenn die Sozialkassen nicht genutzt würden, um die Unternehmerprofite aufzubessern.


Die Ausgaben des Bundeshaushalts steigen in diesem Jahr auf 325 Mrd. Euro (2009: 295 Mrd. Euro). Man muss jedoch die Schattenhaushalte dazu rechnen. Schattenhaushalte sind der Sonderfonds Finanzmarktstabilisierung, aus dem die "Bankenrettung", sowie der Investitions- und Tilgungsfonds, aus dem die Konjunkturpakete finanziert wurden. Sie existieren neben dem Bundeshaushalt, um die reale Lage zu schönen. Sie müssten eigentlich in den Haushalt einberechnet werden. Nach Angaben von Welt-online (18.2.) betrug der Umfang dieser beiden Schattenhaushalte 61 Mrd. Euro.

Die Gesamtverschuldung des Bundeshaushalts 2010 beläuft sich also nicht auf 85,8 Mrd. Euro, sondern auf 146 Mrd. Euro.


Arbeit und Soziales

147 Mrd. Euro entfallen auf das Ressort Arbeit und Soziales (+19 Mrd.), 16 Mrd. Euro auf das Ressort Gesundheit (+5,5 Mrd.). Diese beiden Posten (163 Mrd.) machen über 50% des Bundeshaushalts aus.

Den Hauptposten bei Arbeit und Soziales bilden mit rund 81 Mrd. Euro die Zuschüsse zur gesetzlichen Rentenversicherung. Sie machen rund 25% des offiziellen Bundeshaushalts aus.

Hierbei handelt es sich letztlich um Lohnzuschüsse, da diese Summe ansonsten über eine Erhöhung der Beiträge zur Rentenversicherung aufgebracht werden müsste. Das würde die Unternehmensgewinne - über höhere Arbeitgeberbeiträge - um 40 Mrd. Euro reduzieren. Wenn es eine gesetzliche Rentenversicherung für alle gäbe, würden diese Ausgaben erheblich sinken.

Die Zahlungen zum Ausgleich des Defizits der Bundesagentur für Arbeit in Höhe von 16 Mrd. Euro haben ebenfalls den Charakter von steuerlichen Subventionen der Unternehmensprofite. Damit wird mitten in der Krise der Beitragssatz zur Arbeitslosenversicherung, der zum 1.1.2009 von 3,3% auf 2,8% gesenkt worden war, aufrecht erhalten. Das Defizit ist nicht zuletzt durch die Senkung dieses Beitrags entstanden. Geht man von einer paritätischen Finanzierung aus, beträgt die Profitsubvention 8 Mrd. Euro. Die 16 Mrd. Euro sind inzwischen von einem Darlehen an die BA in einen Zuschuss umgewandelt worden.

Die Zahlungen für SGB-II-Leistungen sollen 2010 um 1 Mrd. auf 38,7 Mrd. Euro steigen. Diese Summe teilt sich auf in:

4,4 Mrd. Euro für die Verwaltung,
3,4 Mrd. Euro für den Bundesanteil an Unterkunfts- und Heizungskosten,
6,6 Mrd. Euro für Leistungen der Eingliederung in Arbeit und
24,3 Mrd. Euro für den Lebensunterhalt mit ALG II.

Ein bedeutender Teil der Hartz-IV-Ausgaben sind Lohnsubventionen. Sie müssten herausgerechnet werden. Vollzeitjobs werden aufgestockt. Hartz IV ermöglicht auch Teilzeitjobs, von denen man ansonsten nicht leben könnte. Ferner sind auch die 1-Euro-Jobs in der Regel Lohnsubventionen für die Kommunen und Wohlfahrtsverbände sowie für Privatunternehmen, die ALG-II-Bezieher beschäftigen. Dazu kommen diejenigen, deren Umschulung in Unternehmen mit ALG II finanziert wird, und die Praktikanten mit ALG II. Rechnet man all diese zu den Erwerbstätigen hinzu, kommen wir auf etwa 1,7 Mio. Hartz-IV-Bezieher, die arbeiten.


Kranke und Kinder

Die gesetzliche Krankenversicherung erhält 2010 rund 16 Mrd. Euro an Bundeszuschüssen - ebenfalls, um die Arbeitgeberbeiträge niedrig zu halten. Weitere 4 Mrd. Euro sollen noch dazu gekommen sein. Ohne steuerliche Subventionen würde der Druck auf Lohnerhöhungen steigen, da aufgrund der Deckelung des Arbeitgeberbeitrags auf 7% alle jetzigen Ausgabensteigerungen von den Versicherten gezahlt werden müssen. Wenn es eine gesetzliche Krankenversicherung für alle gäbe, könnten auch diese Ausgaben eingespart werden.

Die Ausgabenblöcke für Renten-, Kranken- und Arbeitslosenversicherung könnten durch eine ausreichend hohe Sozialversicherung für alle erheblich reduziert werden bzw. völlig entfallen.

Das Kindergeld schlägt mit rund 40 Mrd. Euro zu Buche (+4,5 Mrd. nach der Erhöhung des Kindergelds von 164 auf 184 Euro und des Kinderfreibetrags von 6024 Euro auf 7008 Euro).

Das Kindergeld wird aus dem Lohnsteueraufkommen bezahlt. Es taucht also im Bundeshaushalt nicht auf, weil es sich in einem um das Kindergeld reduzierten Lohnsteueranteil versteckt. Das gesamte Lohnsteueraufkommen wird für 2010 mit 165 Mrd. Euro angenommen, abzüglich Kindergeld bleiben 125 Mrd. Euro übrig. Davon entfallen auf den Bundeshaushalt 42,5% oder 53,1 Mrd. Euro. Das Kindergeld schmälert den Bundeshaushalt also um 17 Mrd. Euro.

Letztlich handelt es sich beim Kindergeld ebenfalls um eine Lohnsubvention, zumindest für diejenigen Paare, die ein Gesamteinkommen bis zu 50.000 Euro brutto haben. Bei Haushaltseinkommen oberhalb dieser Summe sind die Steuerersparnisse durch den Freibetrag höher als das Kindergeld.


Stand: Februar 2010


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Quelle:
SoZ - Sozialistische Zeitung Nr. 5, 25. Jg., Mai 2010, Seite 6
Herausgeber: Verein für solidarische Perspektiven (VsP)
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veröffentlicht im Schattenblick zum 11. Mai 2010