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INTERNATIONAL/053: Kenia - Von Radio Pamoja lernen, für ein friedliches Miteinander im Slum von Kibera (IPS)


IPS-Inter Press Service Deutschland gGmbH
IPS-Tagesdienst vom 15. März 2012

Kenia: Von Radio Pamoja lernen - Für ein friedliches Miteinander im Slum von Kibera

von Isaiah Esipisu

Reporterin Nancy Mweu von Radio Pamoja bei der Arbeit - Bild: © Isaiah Esipisu/IPS

Reporterin Nancy Mweu von Radio Pamoja bei der Arbeit
Bild: © Isaiah Esipisu/IPS

Nairobi, 15. März (IPS) - Auf dem Weg nach Kibera, dem größten Slum der kenianischen Hauptstadt Nairobi, stimmt der Fahrer eines Kleinbustaxis seine Passagiere schon mal auf die Probleme ein, mit denen sich die dort lebenden Menschen Tag für Tag herumschlagen. "Mal hören, was heute so anliegt", erklärt er und stellt sein Autoradio auf 'Radio Pamoja' ein. Das Lokalradio wendet sich mit seinem Informations- und Unterhaltungsprogramm ausschließlich an Hörer in Kibera.

Die Bezeichnung 'Pamoja' ('Gemeinsam') ist Programm. Der kleine Sender wirbt um ein auskömmliches Miteinander der in drangvoller Enge lebenden Bewohner von Kibera. Die Mitarbeiter sind Amateure. Die Nichtregierungsorganisation 'Internews Network' verhilft ihnen zu einer journalistischen Ausbildung.

"Ich lerne viel von Radio Pamoja'", lässt der Taxifahrer seine Kunden wissen. "Dort diskutiert man über Familienprobleme, die die meisten von uns nur allzu gut kennen. Sie informieren auch über Möglichkeiten, einen Job zu finden und geben Ratschläge für den Aufbau einer selbständigen Existenz", berichtet er.


Musik als Überleitung zu wichtigen Themen

An diesem Vormittag eröffnet der Moderator Asmani Maringa das Programm von Radio Pamoja mit einem der landesweit populärsten Swahili-Songs, mit dessen Titel 'Umejuaje Kama si Umbea?' ('Vielleicht ist es ja doch kein Klatsch') Maringa beziehungsvoll zum Thema des Tages überleitet. "Ich möchte verstehen, warum in unserem Land mancherorts Frauen mit Gewalt gegen ihre Ehemänner vorgehen", erklärt er.

Die Kunden des Taxifahrers grinsen, sie haben von den Berichten gehört, denen zufolge vor drei Wochen in Nyeri in Kenias Zentralprovinz etliche Frauen ihre Männer krankenhausreif geprügelt haben sollen. In anderen Berichten ist allerdings nur von einem so ungewöhnlichen Fall häuslicher Gewalt die Rede.

"Über Musik, die hier jeder kennt und gerne hört, kommen wir auf unser Anliegen zu sprechen, die Menschen in Kibera zu einem friedlichen Miteinander zu bewegen", erklärt Adam Hussein, Gründer und Geschäftsführer von Radio Pamoja. "Mit Ausnahme der Nachrichten geht es uns darum, dass sich unsere Hörer an den Diskussionen beteiligen, über Anrufe, Facebook oder SMS", betont er.

Als Radio Pamoja 2007 auf Sendung ging, wollte der Sender Friedenssignale in höchst unfriedlichen Zeiten aussenden und in Kibera für ein friedliches Miteinander werben.

Nach den damals von Amtsinhaber Mwai Kibaki gewonnenen Präsidentschaftswahlen kam es in Kenia zu massiven Gewalttaten, die landesweit mehr als 15.000 Menschen das Leben kosteten und über eine halbe Million Menschen zu Binnenflüchtlingen machten. Die Bewohner Kiberas hatten unter dem Konflikt besonders schwer zu leiden. Der Slum war der Wahlkreis des unterlegenen Präsidentschaftskandidaten Raila Odinga, und hier lieferten sich seine Anhänger und Gegner blutige Kämpfe. "Häuser wurden in Brand gesetzt, Menschen abgeschlachtet und viel Eigentum zerstört", erinnert sich Hussein.


Die Hörer mischen sich ein

Damals sendete Radio Pamoja in vielen der in Kibera gesprochenen Sprachen vornehmlich Friedensappelle. "Es ist uns gelungen, die Gewaltbereitschaft etwas zu dämpfen. Wer sich über Radio Pamoja mit friedlichen Appellen an die Mitbürger wenden wollte, wurde ans Mikrophon gelassen", berichtet der Radiochef.

Inzwischen hat Kiberas Lokalradio im Slum etliche Entwicklungs- und Sozialprogramme auf den Weg gebracht. Sie sollen den Zusammenhalt der Bewohner stärken So etwa richtet Radio Pamoja mit Unterstützung der US-amerikanischen Entwicklungsbehörde (USAID) lokale Fußballwettkämpfe aus.

Nancy Mweu moderiert ein spezielles Frauenprogramm, das sich 'Mwanamke ni Mwangaza' ('Eine Frau ist eine Lichtquelle') nennt. Hörerinnen können sich live zuschalten und über eigene Erfahrungen und Alltagsprobleme berichten. "Ich habe Frauen davon überzeugt, dass sie trotz ihrer Armut etwas aus ihrem Leben machen können", stellt Mweu fest. "In meiner Sendung erfahren sie, wie Familienplanung funktionieren kann und dass ein positiver HIV-Test kein Todesurteil ist." (Ende/IPS/mp/2012)


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veröffentlicht im Schattenblick zum 16. März 2012