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NOTFALL/287: Reanimation - 10 Thesen für 10.000 Leben ... Wiederbelebung am Wendepunkt (SH Ärzteblatt)


Schleswig-Holsteinisches Ärzteblatt 5/2014

Reanimation

10 Thesen für 10.000 Leben - Wiederbelebung am Wendepunkt



Bei den ersten Bad Boller Reanimationsgesprächen machten sich Experten unter Beteiligung von Ärzten aus Schleswig-Holstein Gedanken um eine Optimierung.


Wie kann in Deutschland die Notfallversorgung für Patienten mit Herzstillstand so optimiert werden, dass in Zukunft jährlich 10.000 Patienten mehr nach einer Reanimation überleben? Dieser Frage gingen Experten für Wiederbelebung zu Jahresbeginn bei den ersten Bad Boller Reanimationsgesprächen nach. Gemeinsam wurden zehn Thesen für 10.000 Leben erarbeitet.

In Deutschland erleiden über 100.000 Menschen pro Jahr unerwartet einen Herz-Kreislauf-Stillstand. In 75 Prozent der Fälle wird der Kollaps rechtzeitig erkannt, der Notarzt und Rettungsdienst zeitnah alarmiert und mit den Reanimationsmaßnahmen begonnen. Das Krankheitsbild des unerwarteten Herz-Kreislauf-Stillstandes stellt eine zeitkritische Herausforderung für den Notarzt und Rettungsdienst dar. Der Erfolg der Behandlung hängt vom Funktionieren der gesamten Versorgungskette ab. Diese umfasst neben den beteiligten Medizinern auch Laien, die in einem Notfall oftmals zuerst und alleine am Notfallort sind, die kontaktierte Leitstelle sowie alle medizinischen Fachkräfte, die mit dem Patienten in Berührung kommen.

Die Deutsche Gesellschaft für Anästhesiologie und Intensivmedizin e.V. (DGAI), der Berufsverband Deutscher Anästhesisten e.V. (BDA), der Deutsche Rat für Wiederbelebung e.V. (GRC) und das Deutsche Reanimationsregister haben deshalb die Bad Boller Reanimationsgespräche ins Leben gerufen. "Wir alle verfolgen das gleiche Ziel und arbeiten eng zusammen, um dieses gemeinsam zu erreichen", so Prof. Jens Scholz, Vorstandsvorsitzender des Universitätsklinikums Schleswig-Holstein (UKSH).

Basierend auf den Erfahrungen der Woche der Wiederbelebung im Jahr 2013 war die Bedeutung der Laienmaßnahmen bereits hinlänglich bekannt. Daher ging es in Bad Boll zusätzlich darum, Experten aus allen Bereichen der Versorgungskette und auch Vertreter aus der Politik und von den Kostenträgern mit einzubinden.

PD Dr. Jan-Thorsten Gräsner, Sprecher des Organisationskomitees des Deutschen Reanimationsregisters und Ärztlicher Leiter Notfallmedizin am UKSH Campus Kiel, betonte: "Die Abläufe jedes einzelnen Gliedes dieser Versorgungskette müssen überprüft und bei Bedarf überarbeitet werden. Während der Bad Boller Reanimationsgespräche haben Vertreter aller Bereiche erstmals gemeinsam fundierte Thesen zur Optimierung der gesamten Notfallversorgung erarbeitet." Gefordert werden eine Verbesserung der klinischen Abläufe, die Förderung der Laienreanimation sowie Änderungen politischer Natur.

"Wir stehen an einem Wendepunkt in Deutschland. Wir können die Überlebenschancen bei einem plötzlichen Herzstillstand verdreifachen", sagte Prof. Bernd W. Böttiger, Vorsitzender des GRC. Seine Vorbilder bei dieser Prognose sind vor allem die skandinavischen Länder, in denen Opfer eines plötzlichen Herzstillstandes eine drei Mal so hohe Überlebenschance haben.

Das UKSH kündigte für den Frühsommer eine landesweite Expertenkonferenz für Schleswig-Holstein an, auf der unter Beteiligung von Rettungsdiensten, Leitstellen und Kliniken die zeitnahe Umsetzung der zehn Thesen vorangetrieben und die Versorgung von Patienten mit Herz-Kreislauf-Stillstand optimiert werden soll. Zu den Thesen zählen u.a., dass der Kampf gegen erfolglose Wiederbelebung als gesamtgesellschaftliche Aufgabe begriffen wird, dass die Wiederbelebung durch Laien zur Selbstverständlichkeit wird, alle Altersgruppen einbezogen werden und sie schon im Schulalter erlernt werden sollte, um Berührungsängste abzubauen. Auch sollen alle Teilschritte der Wiederbelebung einem umfassenden Qualitätsmanagement unterliegen und jede Wiederbelebung soll erfasst werden.
(PM/Red)


Gesamtausgabe des Schleswig-Holsteinischen Ärzteblatts 5/2014 im Internet unter:
http://www.aeksh.de/shae/2014/201405/h14054a.htm

Zur jeweils aktuellen Ausgabe des Schleswig-Holsteinischen Ärzteblatts:
www.aerzteblatt-sh.de

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Quelle:
Schleswig-Holsteinisches Ärzteblatt Mai 2014
67. Jahrgang, Seite 53
Herausgegeben von der Ärztekammer Schleswig-Holstein
mit den Mitteilungen der
Kassenärztlichen Vereinigung Schleswig-Holstein
Redaktion: Dr. Franz-Joseph Bartmann (V.i.S.d.P.)
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Das Schleswig-Holsteinische Ärzteblatt erscheint 12-mal im Jahr.


veröffentlicht im Schattenblick zum 5. Juni 2014