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UMWELT/212: Schimmelpilzexpositionen in Innenräumen als (Mit-)Ursache umweltmedizinischer Erkrankungen (umg)


umwelt · medizin · gesellschaft - 3/2010
Humanökologie - soziale Verantwortung - globales Überleben

Schimmelpilzexpositionen in Innenräumen als (Mit-)Ursache umweltmedizinischer Erkrankungen

Von Frank Bartram


Gesundheitsstörungen und/oder Erkrankungen durch langzeitige überproportionale Exposition zu oft versteckten Schimmelpilzquellen in Innenräumen stehen in der überregionalen Schwerpunktpraxis für Kurative Umweltmedizin des Autors seit längerer Zeit ganz im Vordergrund nachgewiesener (Mit-)Ursachen von Patienten mit umweltassoziierten Erkrankungen.

Der Beitrag gibt einen Überblick über Symptomatik, pathogene Wirkmechanismen und Ursachen dieser Problematik in Innenräumen. Des Weiteren werden Anamnese und Diagnosepfade zur Verifizierung und/oder Objektivierung von gesundheitsstörenden Effekten durch Exposition zu Innenraumschimmelpilzen dargestellt.

Abschließend werden Hinweise gegeben zur Detektion verborgener Schimmelpilzquellen in Innenräumen sowie Tipps für einfache Vorsorgemaßnahmen vorgestellt.


Einführung

Bereits im vorletzten Jahrhundert waren sich die Menschen der Problematik von Innenraumschimmelpilzbefall durchaus bewusst.

"In früheren Zeiten hatte man vor allen möglichen Arten von Schimmel im Hause soviel Angst, dass man eine schimmelige Wohnung solange als völlig unbewohnbar betrachtete bis sie vollständig gereinigt war" (zitiert in 1).

Die Aktualität von Schimmelpilzbelastungen menschlicher Gesundheit wird auch durch eine Untersuchung der Gesellschaft für Allergieforschung dokumentiert. Es wird berichtet, dass bei einer Messung nach dem Öffnen und Schließen einer so genannten Biomülltonne bis zu 5 Millionen Schimmelpilzsporen pro Kubikmeter Umgebungsluft nachweisbar waren (2).

Für bestimmte Schimmelpilzsporen gelten bereits Werte von 50 - 100 Sporen pro Kubikmeter als gesundheitsgefährdend. Es kommen starke Zweifel dabei auf, ob das sogenannte "Biomüllkonzept" eine hygienisch akzeptable Lösung darstellt.

Seit einigen Jahren findet man auch in medizinischen Zeitschriften immer wieder Artikel und Hinweise darauf, dass es in Innenräumen, unter anderem auch durch technisch fehlerhafte Durchführung von Wärmeabdichtungsmaßnahmen nicht nur zum Zurückhalten der Wärme in den Innenräumen kommt, sondern auch oft zu einem Anstieg der Innenraumfeuchtigkeit mit anschließender Schimmelbildung (3).

Versteckte Schimmelpilzquellen von Krankheitsrelevanz finden sich allerdings auch in Gebäuden, bei denen die Messung der Luftfeuchtigkeit in den Räumen unauffällig ist. So wird in der Münchner Medizinischen Wochenschrift 1998 im Rahmen eines Reports erwähnt, dass auch versteckte Quellen wie in Bauteilschichten eingesperrte Feuchtigkeit als Ursache von nicht sichtbaren Schimmelbefall auftreten können (4).

Viele aktuelle Sanierungsmaßnahmen sperren Feuchtigkeit durch ungeeignete Materialien wie falsche Sperrschichten usw. ein. Bereits die Einbauküche an einer Außenwand kann zu einer Schimmelbildung führen, da oft auf eine notwendige Hinterlüftung verzichtet wird. Zahlreiche nationale Kongresse von Bausachverständigen oder ähnlichen Berufsgruppen in den letzten Jahren in Deutschland zeigen auch hier die zunehmende Intensität derartiger Probleme.

Physikalisch gesehen ist die Kondensation von Luftfeuchtigkeit entscheidend abhängig von der Raumtemperatur. Ein Kubikmeter Luft kann bei 20° Celsius 17,2 g Wasserdampf aufnehmen, die gleiche Menge Luft kann bei Temperatur von 15°C nur noch 12,8 g Wasserdampf aufnehmen. Dies bedeutet, dass bei der Abkühlung der Raumluft von 20°C auf 15°C ca. 4,4 g Wasserdampf als Wasser kondensieren. Diese Kondensation findet üblicherweise an den Stellen mit der niedrigsten Oberflächentemperatur statt.

Im Jahre 2000 wurde eine wissenschaftliche Arbeit vom Institut für Toxikologie des Klinikums Christian-Albrechts-Universität Kiel veröffentlicht. Für diese Studie wurden Auswertungen von Fallverlaufsdokumentationen durchgeführt. Von 1995 bis 1997 wurden standardisierte Dokumentations- und Verlaufsbögen ausgewertet (5).

Die Ergebnisse dieser Studie belegen, dass 31 % der Patienten durch Biozide, 30 % durch Schimmelpilze, 28 % durch Dentalwerkstoffe belastet waren, danach folgten Lösemittel und Formaldehyd. 47 % der ausgewerteten Fälle zeigten Mischexpositionen.

Diese Verhältniswerte entsprechen den Erfahrungen des Autors mit der Tätigkeit in einer überregionalen Schwerpunktkassenpraxis für Kurative und Präventive Umweltmedizin nach ca. 16 Jahren Tätigkeit.


Schimmelpilzbefall in "Indoor Environments"

Die medizinische Mykologie wird als interdisziplinäre Schnittstelle zwischen Umweltmedizin, Allergologie, Hygiene, Präventivmedizin und Umweltingenieurwesen angesehen.

Faktoren, die zu überproportionalen Innenraumbelastungen durch Schimmel entscheidend beitragen können:

1. Bauliche Gegebenheiten:
Dämmungsstrategien/Isolierungen, (Leitungs-)Wasserschäden, Raumluftzirkulation, Verglasungen/Konvektion, Kältebrücken, Taupunktunterschreitungen.

2. Nutzergewohnheiten:
Lüftungsverhalten, Wasseranfall, Luftfeuchte, Toträume, Mobiliaraufstellung, Zimmerpflanzen, Bodenbeläge, Raumluftsedimentation/Staubsaugen, Illumination, hygienische Pflege bzw. Alter von Schlafuntensilien (Matratze, Kopfkissen, Zudecke), Nachtschweißabsonderungen, besondere Suszeptibilität gegenüber Schimmelpilzen bzw. deren Produkten wie z.B. Penicillium glabrum im Hausstaubmilbenkot.

Hinweise/Empfehlungen für leitiniengerechte Erhebung der umweltmedizinischen Spezialanamnese
Im Rahmen der anamnestischen Befragung des Patienten bedeutet dies zunächst festzustellen, in welchen differenten Innenräumen es zu regelmäßigen wiederholten Aufenthalten kommt.

Es gibt keine Grundregel, wie lange und wie häufig sich jemand in definierten Innenräumen aufhalten muss, um zu einer gesundheitsrelevanten Expositionssituation zu kommen. Dies ist evident, da die Hauptanteile der modernen Nachweisverfahren bezüglich einer Innenraumbelastung durch Schimmelpilze im wesentlichen immunologische Analysen sind, die vergleichbar mit Allergien grundsätzlich individuell sind und damit auch nicht dem Grundprinzip des Fachbereichs Toxikologie unterliegen: der Dosis-Wirkungsbeziehung.


Wichtige Aspekte einer strukturierten Anamnese sind:

1. Gebäude
Baujahr des gesamten Gebäudes, Baujahr von An- und Umbauten, Dachform (grundsätzlich ist es schwieriger Flachdächer korrekt abzudichten im Vergleich zu Giebeldächern), Zeitpunkt weniger eingreifender Maßnahmen am Gebäude wie Renovierungen, Änderungen der Einrichtung, etc.
Weitere unverzichtbare Fragen beziehen sich auf bewohnte Geschossebenen, Hinweise auf Souterrainbauweise sind wichtig, Dachschrägen (sehr wichtige Materialfrage bei Dachschrägen in bewohnten Räumen ist die Frage nach dem Material, mit dem die Dachschrägen zur Zimmerseite hin verkleidet sind).
Sowohl in modernen Gebäuden als auch in früher errichteten Gebäuden werden sehr häufig Gipskartonplatten unterschiedlicher Herkunft verwendet, deren Grundmaterial meist gepresste Zellulose ist. Gerade in Dachschrägen und ähnlichen baulichen Bereichen können diese einen nahezu idealen Nährboden für das Wachstum verschiedener Schimmelpilzarten bilden, wenn auf der nicht einsehbaren Rückseite einer Gipskartonplatte Feuchtigkeit kondensiert, ohne dass dies normalerweise für die Nutzer erkennbar ist.
Wasserschäden in der Anamnese des Gebäudes in sämtlichen Etagen, auch in der Bauphase des Gebäudes.
Natürlich muss nach sichtbarem Schimmelbefall gefragt werden und insbesondere bei nachträglich wärmegedämmten Häusern ebenfalls nach Material und Technik der Dämmungsmaßnahmen.
Weitere wichtige Anamnesepunkte zum Gebäude sind Heizungstechnik, Wintergarten.

2. Innenausbau
Zur Anamnesetechnik bei Verdacht auf möglichen Schimmelbefall gehört auch die Frage nach Aufstellung größerer Möbel, wie zum Beispiel Schränke/Einbauschränke an Außenwänden. Wenn diese Frage bejaht wird, ist abzuklären, wie weit das jeweilige Möbelstück von der Außenwand entfernt ist. Zu dicht an Außenwänden aufgestellte Möbelstücke können zu einer Wasserkondensation führen, insbesondere im Winterhalbjahr.
Die Empfehlung an die Patienten in diesem Zusammenhang lautet, wenn größere Möbel an Außenwänden aufgestellt werden, sollte der Abstand zwischen der Hinterwand des Möbelstücks und der Außenwand mindestens eine Querhand betragen.
Genaue Materialangaben über Verputzungen müssen eingeholt werden. Kunstharzputze z. B. lassen Feuchtigkeit nur in Form von Dampf aus der Raumseite passieren. Dort kondensiert Wasserdampf zu Wasser, was wiederum nicht zurück diffundieren kann.
Weitere Fragen beziehen sich auf die Konstruktion und Anlage der Nassräume wie Dusche, Bad und Keller (Waschküche).

3. Einrichtung
Textile Oberflächen (Teppiche, festgeklebte Auslegeware, Gardinen, Polster, Dekomaterial verschiedener Art) haben eine sehr große Oberfläche, die unter anderem zum Beispiel begünstigt durch elektrostatische Aufladungen Schmutzpartikel und Schimmelsporen vermehrt aufnehmen können.
Schlafutensilien stellen in der Wohnanamnese einen sehr wichtigen Punkt dar. Dies ist einleuchtend, da zu den Schlafutensilien wie Kopfkissen, Matratzen, Zudecken regelmäßig lange Aufenthaltszeiten in sehr engem räumlichen Maß bestehen und sie damit einen sehr wichtigen Expositionsbereich auch für mögliche Expositionen zu versteckten Schimmelpilzen darstellen können.
In dem Zusammenhang empfiehlt sich als Standardfrage in der umweltmedizinischen Spezialanamnese die Frage nach dem Schwitzverhalten des Patienten, insbesondere nach Nachtschweißbildung zu fragen.
In der Anamnese bejahte Nachtschweißbildung ist grundsätzlich verdächtig auf eine durch die regelmäßige massive Feuchtigkeit der Schlafutensilien bestehende Belastung durch Schimmelpilze und deren allergene und toxische Emissionen.

In der praxisinternen Statistik zeigt sich, dass die am häufigsten nachgewiesenen Orte versteckter krank machender Schimmelpilze tatsächlich in den Schlafutensilien gefunden werden und hier insbesondere im Kopfkissen.

Dies ist nachvollziehbar, da Nacht für Nacht über sehr lange Zeit die natürliche Atemfeuchtigkeit direkt in das Kopfkissen und die übrigen Schlafutensilien hinein abgegeben wird.

Eine wichtige Frage bezieht sich auf die Hygiene der Schlafutensilien: Alter der Matratze und Füllungsmaterialien, bezüglich der Kopfkissenfüllstoffe die Frage, ob diese Füllstoffe die Eigenschaft besitzen bei 95° regelmäßig waschbar zu sein und der Hinweis darauf, dass für eine korrekte Hygienisierung der Schlafutensilien gegen Schimmelbefall, Kopfkissenfüllstoffe (natürlich auch die Bezüge) zirka 14-tägig bei 95° gewaschen werden müssen.

An dieser Stelle sei auf eine mögliche Zusatzproblematik, die sich im Rahmen der Anamnesebefragung des Autors häufig zeigt, hingewiesen. Bei der Benutzung von Wäschetrocknern in einer Wohnung, in der eine gebäudebezogene Schimmelbelastung nicht ausgeschlossen ist, besteht die Möglichkeit, dass die vom Wäschetrockner angesaugte mit Schimmelsporen kontaminierte Raumluft erneut in die gerade zu trocknenden Schlafutensilien hineingeblasen wird.

Bemerkenswert ist, dass ein bekannter Hersteller von Wäschetrocknern ein Modell anbietet, das im Ansauglufttrakt einen Hepafilter installiert hat. Hepa ist eine US-Norm, die besagt, dass vom Gerät angesaugte Schimmelsporen das Gerät aufgrund der Hepafilterung nicht wieder verlassen können und damit der Verteilungseffekt zum Beispiel durch Staubsaugen entfällt.

Für Matratzen sollte man sich wieder auf traditionelle Pflegemethoden zurückbesinnen: die Matratzen wenn möglich über den Sommer regelmäßig außerhalb der Wohnung ausklopfen.

Wichtig bezüglich der Matratze ist, dass die Bettstelle des Patienten sich nicht direkt auf dem Fußboden befindet, sondern dass durch entsprechende Konstruktion der Bettstelle eine Unterlüftung regelmäßig stattfinden kann. Dies bedeutet auch, dass es nicht optimal ist, wenn unter Bettstellen eingepasste Bettkästen diese Unterlüftung stören können. Gleichzeitig sollte ein entsprechender Lattenrost ebenfalls eine Durchlüftung ermöglichen.

Bei Menschen mit regelmäßig auftretendem Nachtschweiß empfiehlt es sich die Matratze morgens nach der Nutzung leicht schräg hoch über die Bettstelle zu ziehen, damit tagsüber eine forcierte Belüftung stattfindet und Reste von Feuchtigkeit tagsüber aus der Matratze verschwinden.

Bei Matratzen mit Latexmaterialien kann es allerdings zu einer Art Dampfsperreneffekt kommen.

Zimmerpflanzen: Erdkultur? Hydrokultur? Sonstige besondere Situationen wie so genannte Blumenfenster oder Wintergärten mit Bepflanzung.

Auch sollte nachgefragt werden, ob sehr wasserbedürftige Pflanzen aufgestellt sind. Für Hydrokulturen empfehlen sich regelmäßige Reinigungen, da ein Schimmelbefall nicht an der Oberfläche sichtbar sein muss. Dies gilt auch für gewerbliche Innenräume, in denen zum Beispiel in Büros Kübel mit Pflanzen als Hydrokultur aufgestellt sind.

Klimaanlagen sind in Deutschland in privaten Wohnbereichen bisher eine Seltenheit. Wenn eine Klimaanlage im Innenraumumfeld vorhanden ist, insbesondere auch am Arbeitsplatz, sollte die Frage lauten, inwieweit regelmäßige hygienische Kontrollen der Klimaanlage bezüglich der Bildung von bakteriellen Keimen und Schimmelpilzen gewährleistet ist.

Es sollte auch nach Vogelhaltung in der Wohnung gefragt werden, da Vogelhaltung mit vermehrter Schimmelbelastung verbunden sein kann (siehe unten).

4. Äußeres Umfeld eines Gebäudes
Lage des Grundstückes, das Gebäude umgebende Bepflanzungen, insbesondere größere Bäume, die möglicherweise die Umlüftung des Gebäudes und das Abtrocknen von Feuchtigkeit einschränken könnten.
Zur engeren Umgebung eines Gebäudes bezüglich der Anamnese auf eine mögliche Schimmelbelastung durch äußere Einwirkungen gehört die Frage nach Agrarwirtschaft bis in die Nähe des Grundstückes, insbesondere bei nahe gelegenen landwirtschaftlichen Objekten die Frage nach Silotechnik.
Gärtnereien oder Kompostieranlagen, insbesondere in westlicher Himmelsrichtung vom Gebäude aus gesehen sowie die Position von Mülltonnen auch aus dem Nachbarschaftsbereich und die Position von Komposthaufen sind ebenfalls wichtige Fragenkomplexe zur äußeren Umgebung zur Risikoabwägung einer möglichen Exposition bei Schimmelpilzquelle außerhalb des Gebäudes.

Weitere häufig gefundene Quellen von Schimmelpilzen außerhalb des Gebäudes sind zum Beispiel verschimmelte Mulchausbringungen auf Beeten, Lagerung von feuchtem Holz zu dicht am Gebäude, z. B. im Bereich von Lüftungsfenstern.

Eine weitere wichtige Frage bezieht sich auf Massentierhaltungen im näheren oder weiteren Umfeld, z.B. Geflügelhaltung, insbesondere Richtung Westen. Geflügelhaltung ist grundsätzlich mit einem erhöhten Risiko bzgl. Schimmelpilzen verbunden.


Mögliche gesundheitliche Symptome in Verbindung mit einer meist chronischen Exposition zu Innenraumschimmelpilzen

Störungen mucosaler Funktionen
Chronisch rezidivierende Störungen im Bereich der Mucosen der oberen Atemwege:

Rezidivierende Sinusitiden, Bronchitiden, generell allergische Bronchialerkrankungen. Auch Schleimhäute außerhalb der oberen und unteren Atemwege, insbesondere die tieferen Abschnitte des Verdauungstraktes, z. B. Colon sollte bei rezidivierenden Verdauungsstörungen können durch schleimhautschädigende Wirkungen von Schimmelpilzen (mit-)verursacht werden.

Weiteres Schädigungspotential der Schleimhäute des unteren Verdauungstraktes können Mykotoxine sein. Mykotoxine sind Emissionen von Schimmelpilzen, die unter Stressoren in Innenräumen (starker Temperaturwechsel, Lüftungsverhalten) und chemischer Stressoren vermehrt emittiert werden.

Weiterhin können pheromonähnliche Substanzen von Innenraumschimmelpilzen emittiert werden mit schleimhautirritierender Wirkung.

Die gesundheitliche Bedeutung sog. mikrobieller flüchtiger organischer Verbindungen (VOCs), die ebenfalls von aktuell wachsenden Schimmelpilzen emittiert werden können, ist nach der Publikation einer Promotionsarbeit der Universität Kiel, Abteilung Toxikologie und nach den praktischen Erfahrungen des Autors gering. Schimmelpilzexponierte Patienten können allerdings auf mVOCs allergische Intoleranzreaktionen entwickeln.

Ende 1999 wurden in verschiedenen medizinischen Fachzeitschriften Artikel veröffentlicht, die über eine wissenschaftliche Studie aus der Mayoklinik USA über die Zusammenhänge chronischer Sinusitis und Schimmelpilzexposition berichten (6).

Bei 202 Patienten (96 % der Fälle) fanden sich pro Patient im Mittel 2,7 verschiedene Arten von Schimmelpilzen auf Nährmedien wachsend, die mit Nebenhöhlensekret beprobt waren. Insgesamt zeigten die Analysen 40 verschiedene Pilzarten. Weiterhin fanden sich bei 96 % dieser Patienten bei Gewebeproben eosinophile Granulozyten. Die zahlreichen Fälle von chronisch rezidivierender Sinusitis gewinnen unter diesem Aspekt einen neuen umweltmedizinischen Gesichtspunkt.

Pathologische Immunreaktionen
Allergien: Typ I, Pseudoallergien, Typ-III, Typ-IV auf Schimmelpilze und/oder deren allergene Emissionen.

Autoimmunreaktionen: Häufige Befunde bei Patienten mit Dauerexposition zu Innenraum-Schimmelpilzen: passagere Autoantikörperbildung z.B. gegen Phospholipide, Serotonin etc. Diese Befunde sind meist rückläufig etwa 8-12 Monate nach erfolgreich abgeschlossener Sanierung (meist versteckter) Schimmelpilz-Quellen in Innenräumen.

Störungen neurologischer Funktionen
Störungen cerebraler Funktionen: Konzentrationsstörungen, Störungen von Gedächtnisfunktionen, Wortfindungsstörungen, Schlafstörungen, Vigilanzstörungen, Schwindel, etc. Psychische Auffälligkeiten ohne fachpsychologisches/neurologisches Korrelat: zahlreiche Mykotoxine sind z.T. hochgradig neurotoxisch, von Schimmelpilzen emittierte Fuselstoffe (Alkohole, Aldehyde, Ketonkörper, etc.) und pheromonähnliche Substanzen können neurotoxisches Potenzial haben (zentral und/oder peripher).

Fazit zur möglichen Symptomatik bei Erkrankungen, ausgelöst durch Exposition zu Schimmelpilzen und deren Emissionen:

Auch hier zeigt sich, dass die Symptomatik bei umweltassoziierten Erkrankungen sehr unspezifisch, sehr individuell ist und dass es keine klassischen Symptome gibt, die direkt auf eine Verursachung durch Innenraumschimmelpilze hinweisen können.


Diagnosepfad und Analytik

1. Schritt: Schimmelpilz - Diagnostik
Wenn aus den Anamnesedaten des Patienten der Verdacht auf eine überproportionale Belastung durch Schimmelpilze und deren Emissionen in den genutzten Innenräumen hervorgeht, ist es sinnvoll, aus dem Blutserum des Patientin spezifische IgG-Antikörper gegen typische Innenraum-Schimmelpilzarten zu bestimmen. Diese Antikörperuntersuchungen werden von den meisten Laboren angeboten und beziehen sich am häufigsten auf Aspergillus- und Penicilliumarten.

Für diese spezifischen IgG-Antikörper wurden Referenzwerte etabliert. Grundlage für die Bildung dieser Referenzwerte waren Analyseergebnisse von Menschen, die nachweislich in Gebäuden residieren, in denen es wie in allen Gebäuden zu einem üblichen Schimmelsporendurchflug kommt, der sich nirgends vermeiden lässt, weil es zur Überlebensstrategie von Schimmelpilzen gehört, dass mikroskopisch kleine Sporen mit jeder Luftbewegung überallhin gelangen können, auch in jedes Gebäude.

Auffällig Referenz überschreitende spezifische IgG-Antworten gegen definierte Innenraumschimmelpilze zeigen zunächst eine Bestätigung des anamnestischen Verdachts einer überproportionalen Belastung in Innenräumen an und haben den Vorteil, dass gemessene auffällige IgG-Immunantworten sich auf die letzten 2-3 Wochen vor den Zeitpunkt der Blutabnahme beziehen, das heißt Schimmelpilz-Antikörper-Nachweise beziehen sich auf Expositionssituationen des Patienten in den letzten 2-3 Wochen vor Abnahme der Blutprobe: zeitnaher, auffälliger Anwesenheitsnachweis (Systematik UM - Laboranalysen: Biomonitoring).

Dies ist wichtig zur korrekten Einschätzung derartiger Werte und stellt auch eine bewährte Möglichkeit zur Verlaufskontrolle nach Änderungen des Patienten bezüglich seiner Schimmelbelastung im Sinne einer Erfolgskontrolle dar.

Bei der Vielfalt von Schimmelpilz-Arten gibt es jedoch immer wieder Analysesituationen, bei denen spezifische IgG-Antikörper gegenüber verschiedenen Innenraum-Schimmelpilzen Normalwerte aufweisen oder nur einzelne geringfügige Werterhöhungen festzustellen sind. Eine solche Analysesituation schließt jedoch eine Schimmelbelastung keineswegs sicher aus, da es sehr viele verschiedene Schimmelpilzarten gibt und die konkrete Schimmelbelastung eines Umfeldes bei Patienten durch andere Schimmelarten bedingt sein kann, für die (noch) keine industriellen Antigen-Kits vorliegen.


2. Schritt: Bei Bestätigung des Erstverdachts auf eine relevante Schimmelbelastung im Sinne eines Erkrankungsnachweises durch Innenraumschimmelpilze
Bei entsprechenden Anamnesedaten und auffälligen spezifischen Antikörpern, sollte im Sinne der Stufendiagnostik weitere Analytik erfolgen. Es ist allgemein bekannt, dass Schimmelpilze bzw. Schimmelpilzprodukte ein hohes allergenes Potential besitzen.

Im Rahmen des Biologischen Effektmonitoring spielen in diesem Zusammenhang Nachweise verschiedener allergischer Sensibilisierungsreaktionen in der Diagnostik eine wichtige Rolle.

Typ I Reaktion
Hier ist zunächst das klassische Verfahren der Rasttestung zu nennen, es gibt spezielle Schimmelpilzantigenmischungen, mit denen die Rasttestung durchgeführt wird. Ergebnisse mit hohen Rastklassen sind beweisend für eine IgE-vermittelte Typ I-Sensibilisierung. Ein sehr sensibler und moderner Labortest für die Soforttyp-Sensibilisierung gegenüber Schimmelpilzen ist der Basophilen-Degranulations-Test (BDT).

Üblicherweise wird der BDT als EDTA-Blut-Untersuchung gegenüber 5-7 häufig verbreiteten Schimmelpilzarten durchgeführt. Bei diesem Test wird die Stimulation mit Anti-IgE-Rezeptorantikörpern untersucht, sie basiert auf der direkten Aktivierung der hoch affinen IgE-Rezeptoren basophiler Blutzellen und wird wegen der Genauigkeit und Sensitivität vom Autor bevorzugt.

Dabei wird die Höhe der Leucotrienfreisetzung in picogramm/ml gemessen, sie ist korreliert mit der spezifischen Rezeptordichte.

Die praktische Erfahrung zeigt, dass Allergietestverfahren verschiedener Art, die mit industriell angefertigten Antigen-Kits arbeiten, relativ häufig falsch negative Ergebnisse erbringen, da die Anzahl und Auswahl der analysierten Schimmelpilzantigene häufig nicht mit der konkreten Schimmelbelastung des Patienten in seinem Umfeld übereinstimmen.

Um derartige falsch negative Analysebefunde auszuschließen, wurde vom Institut für Toxikologie der Universität Kiel und vom Autor dieses Artikels zur Durchführung verschiedener Sensibilisierungsreaktionen eine einfache native Schimmelpilzpräparationstechnik entwickelt. Dazu gehört erstens die Technik der Gewinnung von Nativschimmelpräparationen aus dem fraglich schimmelbelasteten Umfeld des Patienten und zweitens eine standardisierte Labortechnik zu Aufbereitung der nativen Schimmelpilzpräparationen (7).

Der konkrete Ablauf dieses Tests auf Schimmelbelastung im Umfeld wird vom Patienten selbst durchgeführt. Dazu benötigt der Patient professionelle Schimmelnährböden (hier Malzextraktagar - MEA), die er nach einer ausführlichen technischen Anleitung in reproduzierbarer Weise aufstellt. Aufstellungsorte für derartige MEA-Nährböden sind vorzugsweise die Plätze, die im entsprechenden Umfeld vom Patienten zeitlich am häufigsten aufgesucht werden. Üblicherweise sind das der Schlafraum, dabei speziell die Schlafutensilien, zusätzlich auch weitere Aufenthaltsbereiche wie Wohnzimmer, Küche, Arbeitszimmer usw.

Gleichsinniges zum Aufstellungsort der MEA Nährböden gilt bei Verdacht auf gesundheitsrelevante Exposition zu Innenraumschimmelpilzen im Bereich Arbeitsumfeld, Hobbybereich usw.

Damit lassen sich im Rahmen der praktischen Erfahrung mit sehr vielen derartig durchgeführten Analysen sehr pragmatisch, wirkungsvoll und effektiv zunächst die wesentlichen Expositionsorte festlegen, an denen krankhafte Reaktionen auf Schimmelpilze in Innenräumen auftreten.

Grundsätzlich sollte eine sehr selten messbare Variante ausgeschlossen werden: pathologische Reaktionen auf natürliche Schimmelpilze aus Außenbiotopen. Daher wird für die MEA-Analyse grundsätzlich empfohlen, einen Nährboden außerhalb des Gebäudes bzw. der Wohnung aufzustellen und zwar möglichst einige Meter vom Gebäude entfernt.

In den seltenen Fällen, in denen derartige Außenproben krankheitsrelevante Reaktionen zeigen, muss mit dem Patienten geklärt werden, wo eine relevante Außenschimmelpilzquelle lokalisiert werden könnte (s.o.).

Der Standort eines Schimmelpilznährbodens in Innenräumen sollte möglichst nahe zu den Atemwegen des Betroffenen sein.

Bewährt hat sich eine Aufstellungsdauer von ca. 1½ Stunden. Der Patient ist dann gehalten, die vorher bezüglich ihres Aufstellungsortes genau gekennzeichneten Nährböden mit geschlossenem Deckel bei üblicher Zimmertemperatur ab dem dritten Tag zu beobachten. Der optimale Wachstumseffekt einer solchen Probe liegt am 7. Tag nach Probenahme vor.

Am 7. Tag nach Probenahme mit MEA-Nährböden hat der Patient einen Labortermin, zu dem er die Schimmelnährböden, die einen Bewuchs zeigen, mitbringt. Vom Umweltmediziner ausgewählte Schimmelnährböden werden dann der entsprechenden Sensibilisierungsanalyse im Labor unterzogen.

Es konnte an zahlreichen Fällen dokumentiert werden, dass bei der Auswertung von Nativ-MEA-Präparationen wesentlich häufiger Sensibilisierungsreaktionen deutlich messbar waren, als beim Einsatz industriell gefertigter Antigen-Kits.

Typ III-Reaktionen
Es finden sich in Korrelation zur Schimmelbelastung erhöhte Werte für zirkulierende Immunkomplexe unterschiedlicher Art. Diese Befundkonstellation kann auf einen räumlich sehr engen und mengenmäßig sehr intensiven Antigenkontakt zu Schimmelpilzen hinweisen. Das Vorkommen ist beschränkt auf spezielle Berufsbilder (z B Landwirte, Bäcker), ist aber auch bei intensiven Schimmelpilz-Belastungen in Schlafutensilien, wie Kopfkissen, möglich.

Es lässt sich häufig im Verlauf dokumentieren, dass bei Patienten wenige Wochen nach dem Austausch schimmelbelasteter Schlafutensilien vorher erhöhte Werte verschiedener zirkulierender Immunkomplexe wieder Normalwerte zeigen, kombiniert mit Verbesserungen der Symptome.

Typ IV-Reaktionen
Typ IV-Sensibilisierungen gegenüber Schimmelpilzen, verzögert, direkt T-Zell-vermittelt, sind durch klassische allergologische Testverfahren wie den Epikutan-Test analysierbar.

Auf die labortechnische Problematik falsch positiver und falsch negativer Ergebnisse dieser klassischen Testverfahren soll hier nicht näher eingegangen werden.

Zahlreiche Erfahrungen des Autors belegen, dass moderne Verfahren zur Objektivierung einer Typ IV-Sensibilisierung, wie der technisch optimierte Lymphozytentransformationstest (LTT), Typ IV-Sensibilisierungen gegenüber Schimmelpilzen nachweisen können.

Für die Durchführung des LTT-Schimmelpilze mit industriell vorgefertigten Antigen-Kits gilt die gleiche Problematik wie oben für den BDT-Test geschildert. Auch bezüglich des LTT hat sich die Analyse mittels nativer Schimmelpräparationen sehr bewährt.

Da Schimmelpilze sowohl Typ I- als auch Typ IV-Reaktionen hervorrufen können, sind bei Nativpräparationen beide Testverfahren LTT und BDT durchzuführen, um kein falsches Ergebnis zu bekommen.

Pathologische Typ IV-Sensibilisierungsreaktionen im LTT können keine Aussage über die Dominanz der von Lymphozyten ausgehenden Zytokinproduktion machen. Diese Information kann mit dem Zytokin-Effektorzellstatus gegeben werden. Bei dieser Analyse werden vitale Lymphozyten mit dem Antigenmaterial, hier Nativproben von Schimmelpilzen, inkubiert und anschließend werden z.B. proinflammatorische Zytokine gemessen, wie Interferon gamma oder TNF alpha: Proinflammatorische Zytokinsekretionen im pathologischen Bereich sind der Nachweis einer für Patienten mit umweltassoziierten Erkrankungen typischen systemischen Inflammation, die auch quantifizierbar ist. Nur derartige eindeutige Nachweise krankhafter Immunreaktionen können die Grundlage für den Einsatz des Grundprinzips des Fachbereichs Kurative Umweltmedizin sein: Expositionsvermeidung und/oder -verminderung nachweislich krankheitsauslösender bzw. -unterhaltender Substanzen aus der Umwelt.

Wenn die proinflammatorische Zytokin-Reaktion dominiert, handelt es sich um eine TH1-Reaktion und spricht für eine zelluläre Sensibilisierungsreaktion mit primär proinflammatorischer Charakteristik. Sie stellt einen Belastungsfaktor dar, der eine Dysbalance der zellulären und geweblichen Zytokinproduktion markiert.

Deutliche bis starke proinflammatorische TH1-Reaktionen erfordern meist Maßnahmen im Sinne der Expositionsverminderung. Stark ausgeprägte Interleukin-10-Reaktionen erzwingen ebenfalls häufig Expositionsverminderungsmaßnahmen.


Spezielle weiterführende Diagnostik bei erwiesener gesundheitlicher Belastung durch Schimmelpilze in Innenräumen

Hierbei geht es um die Analytik und Bewertung von möglichen Gesundheitsstörungen exponierter Patienten nicht durch allergene, sondern durch toxische Emissionen von Schimmelpilzen in Innenräumen.

mVocs
Stoffwechselprodukte von Schimmelpilzen sind z.B. leichtflüchtige organische Komponenten (VOCs), die man im Zusammenhang mit ihrer Bildung durch Schimmelpilze auch als mikrobielle VOCs (mVOCs) bezeichnet.

Im Rahmen des Konzepts umweltmedizinischer Laboranalysen besteht bei dringendem Verdacht auf Gesundheitsstörungen durch von Schimmelpilzen emittierte VOCs nur die Möglichkeit eine Sensibilisierungsreaktion vom Typ IV - selten vom Typ I - nachzuweisen, bzw. auszuschließen.

In einer Promotionsarbeit des Instituts für Toxikologie der Universität Kiel wurde nachgewiesen, dass auch bei starkem Schimmelbefall relativ geringe Mengen dieser Substanzen an die Raumluft emittiert werden.

Zur nicht immer vorhandenen Spezifität von mVOCs als Ausdruck aktiv wachsenden Innenraum SP als evident sei auf die entsprechende Literatur verwiesen (7).

Fazit: Es kann aus umweltmedizinischer Sicht nicht empfohlen werden mVOC-Messungen in Innenräumen als alleinigen Maßstab für die Begründung einer Schimmelpilz-Sanierung heranzuziehen!

Kurative Umweltmedizin leitet zur Gesundung von Patienten mit umweltassoziierten Erkrankungen das Grundprinzip Expositionsvermeidung aus der klinischen Situation des Patienten und der leitliniengerechten Ableitung von Laboranalysen und deren Interpretation ab. Nur im Fall einer sichtbaren Schimmelpilz-Belastung größeren Ausmaßes sind Sanierungsmaßnahmen ohne Begründung durch entsprechende laboranalytische Nachweise von Gesundheitsstörungen durch Schimmelpilz-Exposition der Nutzer sinnvoll.

1,3 Beta - Glucan
Diese Substanz ist in Hyphen und Sporen von Schimmelpilzen zu finden und kann in Innenräumen durch Inhalation aufgenommen werden. Diese toxische Membran-Komponente hat auf Exponierte eine generell proinflammatorische Wirkung. In der Literatur werden mucosale Schädigungen und die Entwicklung von CFS beschrieben.

Mykotoxine
Im Gegensatz zu vielen mVOCs sind sog. Mykotoxine z. T. spezifisch für bestimmte Schimmelpilzarten und haben eine hohe Relevanz für die durch Schimmelpilze ausgelösten Gesundheitsstörungen.

Die derzeit zur Verfügung stehende wissenschaftliche Literatur zum Thema Mykotoxine beschäftigt sich mit diesem Thema meist aus der Perspektive der Lebensmittelkontrolle und der Landwirtschaft. Hier sei nur die Nahrungsmittelkontamination mit Aflatoxinen, Cearalenonen, Ochratoxinen, Patulin, DON usw. erwähnt.

Hier muss noch eine Schimmelpilzart erwähnt werden, die insbesondere in Innenräumen zu den extremen Mykotoxinbildnern zählt. Stachybotris chartarum kann makrozytäre Trichothecene bilden, die eine z. T. hochgradige Toxizität besitzen (Tab. 1).


SCHIMMELPILZARTEN
MYKOTOXINE (Wirkung)
Aspergillus versicolor
Sterigmatocystin (immunsepressiv)
Penicillium expansum,
Penicillium chrysogenum
Cytrinin, Patulin (immunsuppressiv,
schleimhautreizend)
Aspergillus fumigatus
Gliotoxin (Zilieninhibition, immunsuppresiv)
Stachybotris chartarum





makrozytäre Trichothecene (Wirkmöglichkeiten
auf Exponierte:
Funktionsstörungen des zentralen und
peripheren Nervensystems,
Störungen von Schleimhautarealen, Störungen
von Immunfunktionen)

Tab. 1. Innenraumrelevante Schimmelpilze und Mykotoxinbildung (8)


Die zahlreichen auffälligen Messergebnisse bezüglich der spezifischen IgG-AK-Antworten gegenüber Stachybotris chartarum zeigen eine zunehmende Verbreitung, insbesondere in Innenräumen. Es wird empfohlen im Rahmen der Stufe 1 der Analytik bezüglich der Bestimmung von spezifischen IgG-AK grundsätzlich spez. IgG-AK gegenüber Stachybotris zu untersuchen.

Leider ist eine die obere Referenzgrenze nicht überschreitende IgG-Immunantwort gegen Stachybotris kein Ausschluss, dass dieser Schimmelpilz im Lebensumfeld des entsprechenden Patienten eine pathogene Rolle spielt. Es ist festzustellen, dass im Sommerhalbjahr bei zahlreichen Patienten auffällig erhöhte Stachybotris IgG-AK den Normalbereich erreichen und in der Innenraumjahreszeit ab zirka Ende Oktober wieder Referenz überschreitend gemessen werden. Bei Stachybotris ist zusätzlich zu beachten, dass er im Gegensatz zu Aspergillus- und Penicilliumarten, die auch auf halb trockenen Medien siedeln können, nur wächst, wenn viel Feuchtigkeit vorhanden ist.

Ausblick: Es ist für die Forschung wichtig, sensitive und valide Analysen für bedeutsame definierte Mykotoxine zu etablieren, um sie im Bereich der Humanmedizin bei entsprechender Fragestellung bestimmen zu können.

Nach aktuellen Recherchen des Autors sind die derzeitig zur Verfügung stehenden Mykotoxinanalysen, meistens aus Serum, nicht sensibel genug, um eine relevante Exposition sicher nachzuweisen/auszuschließen.

Bei definierten Fragestellungen im Einzelfall kann von einem veterinärmedizinischen Labor im Serum nicht nur von Tieren, sondern auch von Menschen Aflatoxin, DON, Ochratoxin A, Zearalenon bestimmt werden. Bei der Interpretation von Mykotoxinanalysen ist zu beachten, dass nicht differenziert werden kann, ob die Exposition in Innenräumen stattfindet oder Mykotoxin belastete Nahrung die Quelle ist.

Fazit: für die Pathogenese von schimmelassoziierten Gesundheitsstörungen sind Mykotoxine bedeutsam.
Von 350 bisher bekannten Schimmelpilzarten konnte man über 400 Mykotoxine in ihrer chemischen Struktur klären. Von Bedeutung ist weiterhin die Tatsache, dass in Innenräumen gebildete Mykotoxine z. B. durch dortige Stressoren häufig toxischer sind als in Außenbiotopen (8).

Auffinden von versteckten Schimmelpilzquellen in den Innenraumumfeldern exponierter Patienten
Um gemäß des umweltmedizinischen Grundprinzips der Expositionsverminderung korrekt handeln zu können, muss die Quelle der versteckten Schimmelpilzbelastung im Umfeld des Patienten zunächst aufgefunden werden.


Hierarchisierung von Maßnahmen zum auffinden pathogener versteckter Schimmelpilze in definierten Innenräumen

Wichtige Voraussetzungen dafür sind:

1) Gemäß Anamnesedaten prüfen, in welchen relevanten Aufenthaltsbereichen des betroffenen Patienten eine Exposition gegenüber Schimmelpilzen möglich ist. Auch regelmäßig längere Zeiten genutzte Verkehrsmittel, insbesondere PKWs/LKWs, können eine versteckte Schimmelbelastung aufweisen. Bei entsprechendem anamnestischen Hinweis können die oben geschilderten Analysen auch bezüglich der Innenräume von PKWs oder anderen Kraftfahrzeugen wie Fahrerkabinen von LKWs usw. in die Analytik einbezogen werden.

Häufig relevante Innenraumumfelder: privates Wohnumfeld, Arbeitsplatz, andere regelmäßige Aufenthalte in definierten Innenräumen wie zum Beispiel im Hobbybereich, Pflege kranker Menschen in deren Wohnumfeld, jeweils mit längeren regelmäßigen Aufenthaltszeiten.

2) Grundsätzlich: Alle geplanten Maßnahmen im Sinne der Expositionsverminderung müssen dem Prinzip der Verhältnismäßigkeit der Mittel entsprechen!

a) Möglichkeiten für die Patienten, zunächst eine einfache Vortestung z. B. im häuslichen Umfeld selbst durchzuführen:

Erste wichtige Hinweise auf die Lokalisation verborgener Schimmelpilzquellen ergeben sich aus der Auswertung der Sensibilisierungsreaktion auf die Schimmeleigenpräparationen des Patienten. Sehr häufig zeigen sich krankmachende Schimmelpilzbelastungen der Schlafutensilien Kopfkissen, Zudecken, Matratzen, etc.

Wenn beispielsweise die Schimmelpilznativpräparation aus dem Arbeitszimmer die einzige pathologische Sensibilisierungsreaktion aufweist, ist es zunächst sinnvoll in diesem Raumbereich nach der Schimmelpilzquelle zu suchen.

Negative Analysen auf native Schimmelpilz-Präparationen schließen ein relevante Gesundheitsstörung durch Innenraum-Schimmelpilze nicht aus!

b) Einsatz professioneller Ingenieure/Sachverständiger zur Detektion von Innenraumschimmelquellen.

Erfahrungsgemäß muss ein derartiger Sachverständiger über große Erfahrungen im Bezug auf die Detektion von verborgenen Innenraumschimmelquellen in Innenräumen verfügen.

Die Problematik, die in diesem Zusammenhang oft auftaucht, besteht darin, dass längst nicht alle Anbieter derartiger Gebäudebegehungen und entsprechender Messungen zum Nachweis versteckter Schimmelpilze auch die entsprechende Ausbildung, die entsprechende Erfahrung und den entsprechenden Sachverstand haben!

Empfehlung: der diese Begehungen veranlassende Umweltmediziner sollte nur derartige Sachverständige benennen, mit denen er zumindestens einen ausführlichen telefonischen Kontakt vor der gegebenen Empfehlung hatte. Leider gibt es keine staatlich festgesetzten Kriterien für die Bezeichnung "Baubiologie". Daher können Zertifizierungen wie zum Beispiel von TÜV, DEKRA, von Landesgewerbeanstalten auf Qualität hinweisen, jedoch ist zu bemerken, dass nur die persönliche Überprüfung des Empfehlung gebenden Umweltmediziners einen ausreichenden Schutz der Patienten vor Fehlmessungen und Fehlinterpretationen erreichen kann. Diese können möglicherweise zu umfangreichen Sanierungsmaßnahmen führen, die ohne gesundheitlich relevantes Ergebnis für den Patienten bleiben.

Dies ist dringend und absolut zu vermeiden.

Die Entwicklung der modernen elektronischen Feuchtemessung hat in den letzten 10 Jahren erhebliche Fortschritte gebracht. Trotzdem sind sensible Messgeräte in Funktion und Wertigkeit immer vom entsprechendem Sachverständigen und seiner Ausbildung abhängig. Aufgrund dieser technischen Entwicklungen sind Einsätze von Schimmelsuchhunden rückläufig.

Im Gespräch des Umweltmediziners mit dem infrage kommenden Sachverständigen sollte genaue Auskunft gegeben werden über die Art und Weise und den Zeitraum der entsprechenden Ausbildung, möglichst mit Zertifikaten. Genaue Kenntnisse aus dem Bereich Mikrobiologie sind nötig.

Der Einsatz von wissenschaftlich nicht hinreichend geprüften Messmethoden ist abzulehnen. Es empfiehlt sich bei einer gegebenen Empfehlung dem betroffenen Erkrankten zu raten, vor irgendwelchen Maßnahmen einen Kostenvoranschlag ausstellen zu lassen.

Eine weitere Schwachstelle im Zusammenhang "Auffinden versteckter Schimmelpilzquellen und deren korrekte Sanierung" ist die professionelle Überwachung, insbesondere aufwändigerer Maßnahmen zur Sanierung in Innenräumen. Die weitere Organisation dieser Maßnahmen durch den Umweltmediziner verlangt grundsätzlich nach einer Kommunikation, zum Beispiel über Telefon und Internet, zwischen dem veranlassenden Umweltmediziner und der Person, die als Sachverständige(r) eingesetzt werden soll, vor Begehung des entsprechenden Gebäudes durchzuführen. Dabei geht es darum, die umweltmedizinisch erarbeiteten Analysedaten in aller Klarheit mit dem Sachverständigen zu besprechen und ihm entsprechende Hinweise und Vorstrukturen zu geben.

Beim Einsatz professioneller Trocknungsgeräte ist zu bedenken, dass derartige Geräte nicht selten bereits schimmelkontaminiert aus vorherigen Einsätzen sind und damit zu einer Problemverstärkung führen können. Es ist dem betroffenen Patienten durch den Umweltmediziner genauestens zu vermitteln und klar zu machen, dass insbesondere vor dem Beginn aufwendiger Sanierungsmaßnahmen ein abschließendes und ausführliches Gespräch durchzuführen ist, um alle Risiken im Zusammenhang mit Schimmelpilz-Sanierungskonzepten mit höchstmöglicher Sicherheit verhindert werden können.

In Bezug auf die Interpretation von mikrobiellen Messungen in Innenräumen muss die gesundheitliche Bewertung der Messungen durch den behandelnden Umweltmediziner immer individuell erfolgen. Die in den entsprechenden Messprotokollen herangezogenen Referenzdaten entsprechen üblicherweise den Vorsorgewerten, wie zum Beispiel vom Umweltbundesamt, die besagen, dass ein "Normalmensch" keine Erkrankung durch Innenraumschimmelpilze entwickeln kann, solange die Werte unterschritten werden (9).

Die Grundlage dieser grob orientierenden Referenzwerte sind bei Patienten mit Umwelterkrankungen, insbesondere durch Schimmelpilze, nicht anzuwenden, da diese Patienten bereits erkrankt sind, zum Teil starke Symptome haben und damit Vorsorgewerte hier nicht maßstäblich sind.

Dies bedeutet, dass auch Nachweise von Innenraumschimmelpilzen, die in Bezug auf orientierende Vorsorgewerte als unauffällig erscheinen, sehr häufig für bereits umwelterkrankte, sensibilisierte Menschen nicht anwendbar sind.

Des weiteren sei darauf hingewiesen, dass die Problematik, der zum Teil hoch toxischen Emissionen von Schimmelpilzen in Innenräumen (z. B. Mykotoxine) im Rahmen dieser von Behörden angegebenen offiziellen Bewertungsmaßstäbe bis dato keine Berücksichtigung finden.

Fazit bezüglich behördlicher "Referenzwerte" bezüglich Innenraumschimmelpilzen: Nur ein sehr grober Maßstab, der im Einzelfall vom Umweltmediziner unter Berücksichtigung der klinischen Beschwerden und unter Berücksichtigung der leitliniengemäßen umweltmedizinischen Gesamtanalytik auswertbar sind. Dabei kommt der Auswahl eines derartigen Sachverständigen durch den Umweltmediziner eine hohe Bedeutung zu.

Hinweis: Ein entsprechender Sachverständiger im Umfeld des Patienten muss zunächst gefunden werden. Ein derartiger Einsatz, der auch entsprechend finanzielle Aufwendungen verlangt, ist nur dann sinnvoll, wenn die Selbsttestergebnisse nicht bereits zu einer Entdeckung der Schimmelquelle(n) geführt haben.

Auf bakteriellen Befall in Innenräumen kann hier aus Platzgründen nicht eingegangen werden.

Wenn der Einsatz eines Innenraumsachverständigen für Schimmelpilzbefall durchgeführt wurde, muss zur Dokumentation eine entsprechende schriftliche mikrobiologische Analyse auf Innenraumbakterien und Schimmelpilze vorgelegt werden. Dabei geht es um die Anzahl von lebenden Bakterien und Schimmelpilzen, und im Gefolge um deren Spezifizierung. Daraufhin muss noch eine entsprechende Erläuterung der angewendeten Messverfahren dokumentiert werden, kurze Erläuterungen einer möglichen Gesundheitsgefährdung und eine Beurteilung bezüglich der Notwendigkeit einer Sanierung aktiver mikrobieller Wohnungsbelastungen. Auch von nicht mehr vitalen Schimmelpilzen können Gesundheitsstörungen ausgehen.


Prophylaxe

Ein wichtiger Grund für die erheblich ansteigende Zahl von Gesundheitsbelastungen durch Schimmelpilze in Innenräumen ist im Zusammenhang mit der großflächigen Verbreitung von Dämmungsstrategien an Gebäuden zu sehen. Diese grundsätzlich sinnvollen Dämmungsstrategien sollen Heizkosten und Energieverbrauch senken und haben u.a. das Ziel, Wärme verstärkt in Gebäuden zu halten.

Es ist ein kleiner logischer Schritt zu dem Gedanken, dass technisch nicht optimale, falsche bzw. übertriebene Dämmstrategien ("Ökohaus") in vielen Fällen dazu führen können, dass neben der Wärme auch vermehrt Feuchtigkeit in Innenräumen zurückgehalten wird.

Die Problematik der übermäßigen Retention von Feuchtigkeit in gedämmten Gebäuden findet auch im Bereich verschiedener Hochschulen in Norddeutschland derzeit viel Interesse. Architekten, Bauphysiker und Innenarchitekten arbeiten an Konzepten, diese Problematik zu lösen, wie zum Beispiel die Möglichkeit kontinuierlich Außenluft zuzuführen. Diese neuen Techniken haben ebenfalls ihre spezifischen Probleme, sind derzeit in Entwicklung und müssen noch insofern eine bessere ausgereifte Technik aufweisen, weil sie nach Installation bequem und regelmäßig reinigungsfähig und hygienisierungsfähig sein müssen.

Sicherlich kann aus der Perspektive "Innenraum und Gesundheit" gesagt werden, dass Luftwechselraten, die unter 1 liegen, langfristig mit menschlicher Gesundheit in Kollision geraten können.

Neben der baulichen Seite ist bei Problemen mit Innenraumfeuchtigkeit und der damit gegebenen Begünstigung des Wachstums versteckter Schimmelpilze in diesen Gebäuden das wichtige Thema der Wohnhygiene durch die Nutzer.

In Bezug von Innenraumhygiene wird immer wieder beobachtet, dass die Nutzer derartiger Gebäude häufig falsche Hygienemaßnahmen treffen. Ein hier nur kurz anzusprechender Punkt ist richtiges Lüften. Auch auf diese Problematik kann hier in diesem Rahmen nicht ausführlich eingegangen werden.

Als besonders wichtig hat sich in den letzten Jahren das Problem "Hygienisierung der Schlafutensilien" gezeigt. Mit entsprechenden oben geschilderten Nachweismethoden kann von den Patienten aus der Praxis des Autors gesagt werden, dass rein statistisch am häufigsten Schimmelpilzpräparationen aus dem Bereich der Schlafutensilien einen krankmachenden Zusammenhang ergeben.

Die Patienten bekommen grundsätzlich ein einfaches, aber wirksames Pflegekonzept für die Schlafutensilien genannt (s.o.): Regelmäßige Lüftung/Ausklopfen von Matratzen im Sommerhalbjahr, generell wenn die Matratze nicht zu schwer ist, sollte diese nach der Nutzung morgens leicht hoch über die Bettstelle gezogen werden, um sie komplett zu entlüften, zur Gewährleistung, dass Restfeuchte bis zum nächsten Abend verschwindet.

Bezüglich des Kopfkissens ist besonders evident, dass dort über Nacht größere Mengen von Atemfeuchtigkeit eingetragen werden. Es hat sich gezeigt, dass Kopfkissenfüllstoffe (natürlich auch die Bezüge) bei 95° gewaschen werden müssen, um sie gegenüber Schimmelpilzen dauerhaft zu hygienisieren, beim Kopfkissen sollte dieser Vorgang alle 14 Tage durchgeführt werden.

Nicht selten lassen sich auffällige Symptome beim Patienten nach zirka 2-3-monatiger Durchführung dieses Schlafutensilienhygienekonzepts als deutlich rückläufig oder sogar normalisiert erkennen.

Sehr viele Patienten mit eindeutiger Diagnostik, dass Innenraumschimmelpilze im Wohnumfeld wesentliche (Mit)Verursacher von umweltassoziierten Erkrankungen sind, haben als Mieter das Problem, dass es naturgemäß nicht deren Aufgabe sein kann, Begehungen durch Sachverständige oder hohe Renovierungskosten für einen Schimmelschaden (versteckter Art) zu tragen. Leider zeigt sich in derartigen Fällen selten, dass die Vermieterseite ein eigenes Interesse an solchen Hygienisierungen und Renovierungen hat und diese auch übernehmen würde. Diesen Patienten bleibt, entsprechende genaue und exakte Diagnostik vorausgesetzt, nur die Möglichkeit, sich eine andere Wohnung zu suchen. Es ist evident, dass bei einem Wohnungswechsel wegen gebäudebedingter Schimmelschäden die Patienten sich ein unbelastetes Wohnumfeld suchen müssen.

Um bei dabei nicht vom Regen in die Traufe zu kommen, bekommt der Patient in einer solchen Situation ein "Merkblatt für Wohnungssuchende mit Erkrankungen durch Innenraumschimmelpilze" ausgehändigt (siehe Tab. 2).


Nur unmöblierte Wohnungen begehen!
Möglicherweise kritisch und problematisch:
Wohnungen unter dem Dach in Gebäuden mit Flachdach;
Wohnungen in Dachgeschossen, in denen die Schrägen aus dem Material Gipskarton bestehen (typisches Klopfgeräusch). Gipskarton kann dadurch problematisch werden, dass es aus dem Grundstoff Zellulose besteht. Wenn Gipskarton auf seiner Rückseite durch entsprechende Umstände feucht wird, kann es zu nicht erkennbarem Schimmelbefall kommen.
Wohnungen mit erkennbaren Feuchtestellen sind nicht zu empfehlen.
Wohnungen mit textilen Bodenbelägen können Probleme von (Schimmel-)
allergikern verstärken;
Wenn vorhanden Kellerräume begehen und auf erkennbare Feuchte prüfen, bes. Außenwände;
Vorsicht bei sog. Souterrain - Bauweise;
Gebäude außen: Prüfen, ob es außen Bewuchs mit Algen / Moos gibt!
Inspektion des äußeren Umfeldes, bes. in Hauptwindrichtung, üblicherweise Westen: in 1-3 km Entfernung vom Gebäude prüfen ob es z. B. Gärtnereien mit Kompostieranlagen gibt; gleiches gilt für Geflügelzucht im größeren Stil.
Bauphysikalisch problematisch sind Dämmmaßnahmen, die in Innenräumen an den Wänden nach außen angebracht wurden: Gefahr von Kondensatbildung!

Achtung: Diese Hinweise sind Grundlagen für Entscheidungen allgemein. Trotzdem muss in jedem Einzelfall sorgfältig ausgeschlossen werden, dass ein neues Wohnumfeld versteckte Schimmelpilze enthält.

Tab. 2: Kriterien für die Auswahl von Wohnungen bei Patienten mit Erkrankungen durch Exposition zu Innenraum-Schimmelpilzen und deren allergene und toxische Emissionen (z. B. Mykotoxine). Diese Liste erhebt keinen Anspruch auf Vollständigkeit


Dieses Merkblatt soll einen groben Anhalt geben, ob eine angebotene Wohnung konstruktiv oder anderweitig zu Schimmelbildung neigen könnte und gibt dem Patienten andererseits eine Art Checkliste in die Hand, wie eine angebotene Wohnung in einem entsprechenden Gebäude zunächst gesundheitlich zu bewerten ist.


Schlussfolgerungen

Die hohe und im Beobachtungszeitraum ansteigende Inzidenz von gesundheitsrelevanten Innenraumbelastungen mit Schimmelpilzen bei sehr vielen Patienten führt zu folgenden Schlussfolgerungen:

Über politische Entscheidungsträger sollte das Problem deutlich ansteigenden, zum Teil versteckten Befalles durch Schimmelpilze in Innenräumen mit konsekutiven Gesundheitsstörungen bewusst gemacht werden.

Dazu sollte es informellen Austausch und Gespräche zwischen derartigen politischen Entscheidungsträgern geben und den entsprechenden Experten für Wohngesundheit, wie Bauphysiker, Architekten und Innenarchitekten, Innenraumexperten und praktizierenden Umweltmedizinern, die seit vielen Jahren alltäglich mit diesem Problem zu tun haben und Erfahrungen gesammelt haben.

Es muss an dieser Stelle nochmals daraufhin gewiesen werden, dass auch Heimwerkeraktivitäten, wenn sie falsch ausgeführt werden, diese Probleme fördern können. Es sei daran erinnert, dass in nicht wenigen Wohnungen Dämmmaterialien von der Zimmerseite an den Außenwänden angebracht werden, zum Beispiel Styroporplatten, die dann mit einer Gipskartonplatte abgedeckt werden.

Diese nicht selten gefundenen Maßnahmen sind mit hoher Wahrscheinlichkeit dadurch Schimmelbildung fördernd, dass insbesondere in der Winterhalbjahreszeit, wenn kühlere Luft weniger Wasserdampf lösen kann, sich an der von innen gedämmten Außenwand Kondensationseffekte ergeben, die optisch nicht kontrollierbar sind und deswegen strikt abzulehnen sind.

Bezüglich des Feuchtmüllkonzeptes, insbesondere in Mehrfamilienhäusern, sollte bei der Aufstellung sog. Biotonnen dafür gesorgt werden, dass keine Kontamination der näheren Umgebung stattfinden kann, diese also aus den Gebäuden und z. B. von lüftungsrelevanten Fenstern entfernt werden.

Außerdem gilt insbesondere für den kleinen Haushalt der Hygienehinweis an die Nutzer, dass Feuchtmüll grundsätzlich am Tagesende aus der Wohnung zu entsorgen ist.


Kontakt:
Dr. med. Frank Bartram
Facharzt für Allgemeinmedizin, Umweltmedizin
Überregionale Schwerpunktkassenpraxis für Kurative Umweltmedizin
Lehraufträge an den Hochschulen Wismar und Hildesheim
Umweltbetriebsprüfer (LGA Bayern)
Augustinergasse 8
91781 Weissenburg
Tel.: 09141/86 190
Fax: 09141/92 506
Email: bartram-weissenburg@t-online.de


Nachweise

(1) GUTZEIT, V. (1999): Wenn Häuser krank machen, Vortragsskript,
http://www.eco-world.de/scripts/basics/econews/basics.prg?a_no=867 [letzter Zugriff: 10.9.2010].

(2) GESELLSCHAFT FÜR ALLERGIE-FORSCHUNG (1999): Pressemitteilung.

(3) HERR, C., EIKMANN, T., HEINZOW, B., WIESMÜLLER, G.A. (2010): Umweltmedizinische Relevanz von Schimmelpilzen im Lebensumfeld, Umweltmed Forsch Prax. 15(2): 76-83.

(4) VILL, E. (1998): Krank durch Schimmel; Münchener Medizinische Wochenschrift 41: 14.

(5) BAUER, A., ALSEN-HINRICHS, C. (2000): Erfolge der Umweltmedizin. Biozide, Schimmelpilze und Amalgam sind die häufigsten Umweltgifte, Münchner Medizinische Wochenschrift 142(28/29): 58

(6) PONIKAU, J. et al. (1999): The diagnosis and incidence of allergic fungal sinusitits, Mayo Clinic Proc. 74: 887-889.

(7) SCHUCHARDT, S. et al. (2001): Von Schimmelpilzen in Innenräumen gebildete leichtflüchtige organische Verbindungen - Bewertung der gesundheitlichen Risiken, Schriftenreihe des Instituts für Toxikologie Universitätsklinikum Kiel Heft 46, Kiel.

(8) ROLLE-KAMPCZIK, U. (2001): Hausstaub als Quelle für eine potientielle Belastung mit Mykotoxinen, Umweltmed. Forsch. Prax. 6: 42-46.

(9) UBA - UMWELTBUNDESAMT (Hrsg.) 2002): Leitfaden zur Vorbeugung, Untersuchung, Bewertung und Sanierung von Schimmelpilzwachstum in Innenräumen ("Schimmelpilz-Leitfaden"), Berlin, http://www.umweltdaten.de/publikationen/fpdf-l/2199.pdf [letzter Zugriff: 10.9.2010].


*


Quelle:
umwelt · medizin · gesellschaft Nr. 3/2010, (September 2010)
23. Jahrgang, S. 181 - 190
Verlag: UMG Verlagsgesellschaft mbH
Frielinger Str. 31, 28215 Bremen
Chefredaktion (V.i.S.d.P.): Erik Petersen
Tel.: 0421/498 42 51; Fax: 0421/498 42 52
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Internet: www.umwelt-medizin-gesellschaft.de

Erscheinungsweise: vierteljährig
Bezugspreis: Für Mitglieder der Umweltmedizinischen Verbände dbu, DGUHT, DGUZ, IGUMED
und Ökologischer Ärztebund sowie der weiteren beteiligten Verbände
DGMCS und VHUE ist der Bezug der Zeitschrift im Jahresbeitrag enthalten.
Das Abonnement kostet ansonsten jährlich 38,- Euro frei Haus, Ausland 45,- Euro.
Einzelheft: 10,- Euro


veröffentlicht im Schattenblick zum 13. Januar 2011