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FORSCHUNG/2970: Röntgenstrukturanalyse - BESSY feiert Analyse der 1000. Proteinstruktur (idw)


→  1000. Proteinstruktur an BESSY II entschlüsselt
→  BESSY feiert 1000. Proteinstruktur - Bayreuther Biochemiker haben ihre Wirkungsweise erforscht



Helmholtz-Zentrum Berlin für Materialien und Energie GmbH - 07.08.2013

1000. Proteinstruktur an BESSY II entschlüsselt

Im Juli 2013 wurde die 1000. Proteinstruktur veröffentlicht, die auf bei BESSY gemessenen Daten beruht. Dabei handelt es sich um ein Protein aus der Gruppe der Sirtuine, die bei Alterungs-, Stress- und Stoffwechselprozessen im menschlichen Organismus eine Rolle spielen. Die Wissenschaftler um Prof. Clemens Steegborn von der Universität Bayreuth konnten dabei einen raffinierten Mechanismus entschlüsseln, mit dem ein Wirkstoff die Aktivität eines Sirtuins hemmen kann. Die Ergebnisse wurden in dem renommierten Fachblatt Proceedings of the National Academy of Sciences USA veröffentlicht und könnten Wege zu neuen Tumortherapien aufzeigen.

Bei Proteinen kommt es nicht nur auf ihre Zusammensetzung an, sondern auch darauf an, wie sie gefaltet sind. Erst ihre genaue dreidimensionale Gestalt gibt Aufschluss darüber, welche Aufgaben sie erfüllen und wie sie mit anderen Molekülen wechselwirken können. Diese Gestalt lässt sich mit der Methode der Röntgenstrukturanalyse herausfinden: Allerdings müssen die Protein dazu erst Kristalle bilden. Die Analyse dieser oft winzigen Kriställchen erfordert extrem brillantes Röntgenlicht und besondere Messbedingungen, wie sie seit rund zehn Jahren an den MX-Beamlines an BESSY II zur Verfügung stehen: "Seit 2003 gibt es die drei MX-Beamlines an BESSY II und seither haben Forscher aus aller Welt die Möglichkeit, Proteinkristalle bei uns zu analysieren", sagt Dr. Uwe Müller, der die MX-Beamlines bei BESSY II aufgebaut hat und diese wissenschaftlich und instrumentell betreut.

Erhebliche Verbesserungen am Messplatz - Rasante Steigerung beim Durchsatz

"In den letzten Jahren haben wir den Messplatz mehrfach erheblich verbessern können, das zeigt sich auch in dem rasant angestiegenen Durchsatz!" Erst 2010 hatten Forscher der Bayer Healthcare Pharmaceuticals Berlin die 500. Struktur bestimmt, das Protein PIM-1. "Nur zwei Jahre später, im Mai 2012, wurden von der Steegborn-Gruppe die Daten gemessen, die jetzt zur Veröffentlichung der 1000. Struktur geführt haben", sagt Dr. Manfred Weiss, der zusammen mit Müller als HZB-Wissenschaftler für die MX-Beamlines verantwortlich ist. Der weitaus überwiegende Teil dieser veröffentlichten Strukturen stammt dabei aus der öffentlich finanzierten Forschung. Zwar nutzen auch Wissenschaftler aus der Industrie die Möglichkeiten an BESSY II, aber die meisten Industriestrukturen erblicken niemals das Licht der Öffentlichkeit. Seit Februar 2013 ermöglicht der neue Detektor PILATUS 6M sogar noch deutlich genauere Einblicke in die komplexen Faltungen der Lebensbausteine. "Für unsere Nutzer ist der PILATUS-Detektor ein weiterer Riesenfortschritt. Aufgrund seiner Größe, seiner Rauschfreiheit und seiner Schnelligkeit ist PILATUS-6M das Beste, was es momentan im Bereich Detektoren für Röntgenkristallographie auf dem Markt gibt.", sagt Dr. Uwe Müller.

Die 1000. Struktur brachte medizinisch spannende Einblicke

Die Analyse des 1000. Proteins ist auch deshalb ein besonderes Highlight, weil das Ergebnis große Relevanz für die medizinische Forschung haben könnte: Denn Sirtuine regulieren Stoffwechsel, Stressantworten und Alterungsprozesse im Körper und einige Sirtuine (z.B. Sirt-1 und Sirt-3) spielen auch bei der Krebsentstehung eine Rolle. Ihre Aktivität gezielt mit einem Wirkstoff zu hemmen gilt als interessanter Ansatz für neue Tumortherapien. Mit ihrer Analyse hat die Forschungsgruppe um Prof. Dr. Clemens Steegborn an der Universität Bayreuth aufklären können, wie die Aktivität von Sirt-1 und Sirt-3 durch das Molekül Ex-527 unterdrückt wird. "Unsere Forschungsergebnisse zeigen, dass Ex-527 ein Inhibitor mit einer ungewöhnlichen und zugleich sehr Sirtuin-spezifischen Wirkungsweise ist", erklärt Steegborn. "Wenn es mit Hilfe unserer Einsichten gelingt, gezielt nur die Aktivität eines einzigen Sirtuins zu hemmen, könnte dies ein Ansatz für eine wirksame Therapie mit nur minimalen Nebenwirkungen werden", hofft Steegborn. Diese Ergebnisse aus der Grundlagenforschung sind daher für die medizinische Forschungen und die Entwicklung von Wirkstoffen hoch interessant.

Feier mit Preisübergabe am 16.10.2013

Am 16. Oktober 2013 werden die Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler der MX-Beamline das Ereignis mit einem Symposium feiern und Clemens Steegborn dabei einen Preis übergeben.

Zur Veröffentichung in den PNAS 2013; 8.-12. Juli
DOI: 10.1073/pnas.1303628110

Kontaktdaten zum Absender der Pressemitteilung stehen unter:
http://idw-online.de/de/institution111

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Universität Bayreuth - 07.08.2013

BESSY feiert 1000. Proteinstruktur - Bayreuther Biochemiker haben ihre Wirkungsweise erforscht

Vor kurzem wurde die 1000. Proteinstruktur veröffentlicht, die auf Daten beruht, die am Berliner Elektronenspeicherring BESSY II gemessen wurden. Eine Forschungsgruppe unter der Leitung von Prof. Dr. Clemens Steegborn an der Universität Bayreuth hat diese Struktur und ihre Wirkungsweise analysiert. Die Ergebnisse könnten Wege zu neuen Tumortherapien aufzeigen.

Um die Funktionen von Proteinen und ihre Wechselwirkungen mit anderen Molekülen aufzuklären, ist die Röntgenstrukturanalyse ein Standardverfahren der Chemie und der Strukturbiologie. Der Elektronenspeicherring BESSY II in Berlin-Adlershof, der zum Helmholtz-Zentrum Berlin gehört, verfügt auf diesem Gebiet über leistungsstarke Forschungstechnologien, die von Wissenschaftlern aus aller Welt für Strukturanalysen von Molekülen genutzt werden. Vor kurzem wurde die 1000. Struktur eines Proteins veröffentlicht, die auf bei BESSY II gemessenen Daten beruht.

Das Protein zählt zur Gruppe der Sirtuine, die an der Steuerung von Stoffwechsel-, Stress- und Alterungsprozessen wesentlich beteiligt sind. Seine dreidimensionale Struktur wurde im Rahmen eines biochemischen Forschungsprojekts analysiert, das unter der Leitung von Prof. Dr. Clemens Steegborn an der Universität Bayreuth stand. Die Bayreuther Wissenschaftler haben dabei einen ungewöhnlichen Mechanismus entdeckt, durch den ein Wirkstoff die Aktivität eines Sirtuins hemmt. Diese Ergebnisse, die in den PNAS - den Proceedings of the National Academy of Sciences der USA - veröffentlicht wurden, könnten unter anderem für neue Tumortherapien wegweisend sein.

Am 16. Oktober 2013 wird Prof. Steegborn von den Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftlern, die am Helmholtz-Zentrum Berlin die Einrichtungen zu röntgenstrukturanalytischen Untersuchungen von Makromolekülen leiten und betreuen, einen Preis entgegennehmen.

Weitere Informationen:

Zu den strukturanalytischen Untersuchungen bei BESSY II, die bei den Forschungsarbeiten von Prof. Steegborn zum Einsatz gekommen sind, siehe die Pressemitteilung des Helmholtz-Zentrums Berlin:
www.helmholtz-berlin.de/pubbin/news_seite?nid=13772

Zu den jüngsten Forschungsergebnissen, die in den PNAS veröffentlicht wurden, und ihrer Relevanz siehe die Pressemitteilung der Universität Bayreuth vom 9. Juli 2013:
www.uni-bayreuth.de/presse/Aktuelle-Infos/2013/198-Inhibierung-Sirtuine.pdf

Kontaktdaten zum Absender der Pressemitteilung stehen unter:
http://idw-online.de/de/institution4

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Quelle:
Informationsdienst Wissenschaft - idw - Pressemitteilung
1) Helmholtz-Zentrum Berlin für Materialien und Energie GmbH, Dr. Ina Helms, 07.08.2013
2) Universität Bayreuth, Christian Wißler, 07.08.2013
WWW: http://idw-online.de
E-Mail: service@idw-online.de


veröffentlicht im Schattenblick zum 9. August 2013