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FORSCHUNG/3064: Gemeinsam an einem Strang ziehen - Forscher klären wichtigen Mechanismus der Muskelbildung auf (idw)


Max-Planck-Institut für Biochemie - 14.03.2014

Gemeinsam an einem Strang ziehen - Forscher klären wichtigen Mechanismus der Muskelbildung auf



Kontrahiert ein Muskel, arbeiten unzählige kleine Bausteine (Sarkomere) zusammen. Sie sind in regelmäßigen Abständen hintereinander angeordnet - ähnlich wie Perlen auf einer Schnur. Wie diese Grundordnung beim Muskelaufbau zustande kommt, konnten Forscher am Max-Planck-Institut für Biochemie in München-Martinsried nun erstmals aufzeigen. "Mechanische Spannung ist der entscheidende Auslöser", erklärt Frank Schnorrer, Forschungsgruppenleiter am MPI für Biochemie. "Fehlt sie, entstehen nur ungeordnete Strukturen und keine aus Sarkomeren aufgebauten Muskelfibrillen. Solche Muskeln sind völlig funktionslos." Die Ergebnisse der Wissenschaftler wurden jetzt in Current Biology veröffentlicht.

Um eine gewünschte Körperbewegung zu erreichen, ziehen kontrahierende Skelettmuskeln am Körperskelett. Für eine effiziente Muskel- und Skelettbewegung ist es wichtig, dass der Muskel sich nur entlang einer definierten Achse zusammenzieht - für eine Beinbewegung zum Beispiel entlang des Oberschenkels. Das wird erreicht, indem die aus Sarkomeren aufgebauten Muskelfibrillen durch den gesamten Muskel laufen. An den Muskelenden sind die Fibrillen fest mit den Sehnen verbunden, die ihrerseits am Skelett verankert sind. "So wird die gesamte Muskelkraft auf das Skelett übertragen", erklärt Frank Schnorrer. Wie aber kann der Muskel eine solch komplexe Architektur aufbauen und seine einzelnen Sarkomere regelmäßig aneinanderreihen?

Diese Fragestellung untersuchten Doktorandin Manuela Weitkunat und Wissenschaftlerin Aynur Kaya-Çopur an der Taufliege Drosophila melanogaster, im Volksmund auch Fruchtfliege genannt. Sie konnten zeigen, dass die Flugmuskeln der Fliege unmittelbar nach der Verbindung zu den Sehnen eine mechanische Spannung aufbauen. Diese verläuft durch das ganze Muskel-Sehnen-Skelettsystem und entsteht bereits vor der Bildung der einzelnen Sarkomere. Erst durch diese Spannungsachse weiß der Muskel, wie er seine Sarkomere anordnen muss.

Ohne Spannung entsteht Chaos

Die Wissenschaftler der Forschungsgruppe Muskeldynamik konnten den Verbindungsaufbau von Flugmuskeln zu den Sehnen durch eine gezielte Genveränderung in der Fruchtfliege blockieren. In diesen veränderten Fliegen konnten die Muskeln keine in Fibrillen angeordneten Sarkomere mehr aufbauen. Chaotische Strukturen entstanden. Um den Einfluss von mechanischer Spannung direkt zu testen, unterbrachen die Forscher diese, indem sie Sehnen und Muskeln mit Hilfe eines Lasers voneinander trennten. Dies führte ebenfalls zu einem starken Defekt der Fibrillen und Sarkomer Entstehung. "Ausgehend von diesen Resultaten schlagen wir ein neues Modell für die Muskelfibrillenbildung vor, das auf einer selbstständigen und gleichzeitigen Anordnung der einzelnen Sarkomer-Bausteine basiert", erklärt Frank Schnorrer. "Ist ein bestimmtes Spannungsniveau erreicht, wird die Ausrichtung ausgelöst. Wenn die Spannung fehlt, wissen die einzelnen Komponenten nicht mehr, wo vorne und hinten ist, und ordnen sich chaotisch an."

Da menschliche Muskeln ebenfalls aus Muskelfibrillen mit regelmäßig angeordneten Sarkomeren aufgebaut sind, sei ein ähnliches, spannungsgesteuertes Organisationsmodell für menschliche Skelettmuskeln wahrscheinlich, so die Forscher.


Originalpublikation:
M. Weitkunat, A. Kaya-Çopur, S.W. Grill and F. Schnorrer: Tension and force-resistant attachment are essential for myofibrillogenesis in Drosophila flight muscle. Current Biology, March 13, 2014.
DOI: 10.1016/j.cub.2014.02.032


Kontakt:

Dr. Frank Schnorrer
Muskeldynamik
Max-Planck-Institut für Biochemie
Am Klopferspitz 18
82152 Martinsried
E-Mail: schnorrer@biochem.mpg.de
www.biochem.mpg.de/schnorrer

Anja Konschak
Öffentlichkeitsarbeit
Max-Planck-Institut für Biochemie
Am Klopferspitz 18
82152 Martinsried
E-Mail: konschak@biochem.mpg.de
www.biochem.mpg.de


Weitere Informationen finden Sie unter

http://www.biochem.mpg.de/4132525/067_schnorrer_muskelentwicklung
vollständige Pressemitteilung

http://www.biochem.mpg.de/schnorrer
Webseite der Forschungsgruppe "Muskeldynamik" (Frank Schnorrer)


Zu dieser Mitteilung finden Sie Bilder unter:
http://idw-online.de/de/image229365
Stehen Muskeln (grün) und Sehnen (rot) unter Spannung, ordnen sich die einzelnen Muskelfibrillen-Bausteine (Sarkomere, rechts im Bild, grün eingefärbt) wie eine Perlenschnur hintereinander an.

Zu dieser Mitteilung finden Sie Anhänge unter:
http://idw-online.de/de/attachment34773
Pressemitteilung (PDF)

Kontaktdaten zum Absender der Pressemitteilung stehen unter:
http://idw-online.de/de/institution25

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Quelle:
Informationsdienst Wissenschaft - idw - Pressemitteilung
Max-Planck-Institut für Biochemie, Anja Konschak, 14.03.2014
WWW: http://idw-online.de
E-Mail: service@idw-online.de


veröffentlicht im Schattenblick zum 18. März 2014