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FORSCHUNG/3361: Warum der Mensch sein Herz nicht regenerieren kann (idw)


Friedrich-Alexander-Universität Erlangen-Nürnberg - 06.08.2015

Warum der Mensch sein Herz nicht regenerieren kann


Herzversagen ist weltweit die häufigste Todesursache. Der Hauptgrund dafür ist bekannt: Schäden am menschlichen Herzen verursachen das Absterben von Herzmuskelzellen. Dies führt wiederum zu einer Reduktion der Herzfunktion und damit zum Tod. Anders bei Zebrafischen und Lurchen. Sind deren Herzen geschädigt und Herzmuskelzellen abgestorben, können sich die noch vorhandenen Herzmuskelzellen wieder vermehren - mit der Folge, dass sich die Herzen regenerieren. Wissenschaftler der Friedrich-Alexander-Universität Erlangen-Nürnberg (FAU) haben jetzt eine mögliche Erklärung gefunden, warum dies bei menschlichen Herzzellen nicht funktioniert.

Ihre Ergebnisse haben sie in eLife, einem Magazin für hochkarätige Forschung, publiziert.*

Die Fertigkeit der meisten Herzmuskelzellen, sich zu vermehren, geht bei Menschen und allen anderen Säugetieren kurz nach der Geburt verloren. Wie diese verloren geht und ob die Vermehrung von Herzmuskelzellen und damit die Regeneration des Herzens wiederhergestellt werden kann, ist allerdings unbekannt.

Die FAU-Forscher Dr. David Zebrowski und Prof. Dr. Felix B. Engel von der Nephropathologischen Abteilung des Pathologischen Instituts des Universitätsklinikums Erlangen haben mit Kollegen nun eine mögliche Erklärung für dieses Phänomen gefunden. "Wir haben in unserer Studie entdeckt, dass das Zentrosom in Herzmuskelzellen in einem schleichenden Prozess, der kurz nach der Geburt abgeschlossen ist, zerfällt", sagt Prof. Engel. "Ein Teil der Proteine verlässt das Zentrosom und lagert sich an die Membran des Zellkerns an, in dem die DNA gelagert ist. Dieser Prozess führt dazu, dass das Zentrosom in seine zwei sogenannten Zentriole zerfällt. Und dadurch verliert die Zelle ihre Fähigkeit, sich zu vermehren."

Das Zentrosom ist eine organähnliche Struktur in einer Zelle. Ist dieses Zentrosom nicht intakt, kann eine Zelle sich nicht mehr vermehren. Dies zeigten Experimente der vergangenen Jahre und warfen eine Schlüsselfrage auf: Inwieweit lässt sich die Zentrosomen-Integrität, also die Unversehrtheit der Zentrosomen, manipulieren - zum Beispiel bei Erkrankungen wie Krebs, bei denen sich Zellen unkontrolliert vermehren?

Die FAU-Forscher haben nun erstmals untersucht, ob der Zustand der Zentrosomen-Integrität im Tierreich auf natürliche Weise reguliert wird, um die Zellvermehrung bestimmter Zellen zu kontrollieren.

Dramatischer Unterschied

"Mit großer Überraschung haben wir festgestellt, dass das Zentrosom in Herzmuskelzellen von Zebrafischen und Lurchen bis ins Erwachsenenalter intakt bleibt", sagt Dr. David Zebrowski, der sich seit fünf Jahren mit der Forschung an Zentrosomen beschäftigt. "Damit haben wir zum ersten Mal einen wesentlichen Unterschied zwischen den Herzmuskelzellen von Säugetieren und Zebrafischen sowie Lurchen entdeckt, der erklären kann, warum der Mensch sein Herz nicht regenerieren kann."

Dass es einen natürlichen Prozess zur Regulation der Zentrosomen-Integrität in Herzmuskelzellen von Säugern gibt, eröffnet zukünftiger Forschung vielfältige Möglichkeiten. Einerseits bietet die Beobachtung einen neuen Ansatzpunkt, um möglicherweise die Vermehrung von Herzmuskelzellen beim Menschen und damit die Herzregeneration zu stimulieren. Andererseits kann die Zentrosomen-Integrität genutzt werden, um nach Herzmuskelzellen zu suchen, die möglicherweise ihre Fähigkeit zur Vermehrung behalten haben - womit sich ein neues therapeutisches Ziel eröffnet. Schließlich könnte die detaillierte Aufklärung des Mechanismus auch dazu beitragen, das unkontrollierte Wachstum von Krebszellen zu hemmen.

Die Basis der Forschung zur Herzregeneration ist die Zellzyklus-Initiative CYDER (Cell Cycle in Disease and Regeneration), die Prof. Dr. Felix B. Engel, Experte für Herzregeneration, ins Leben gerufen hat. CYDER wird seit 2014 von der FAU im Rahmen ihrer Emerging Fields Initiative (EFI) unterstützt. EFI fördert dabei herausragende, vorzugsweise interdisziplinär angelegte Vorhaben frühzeitig, flexibel und unbürokratisch. Für die Qualität der geförderten Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler, der Ideen und Forschungsansätze bürgt ein strenger Auswahlprozess.


* Das Paper finden Sie unter:
http://dx.doi.org/10.7554/eLife.05563

Kontaktdaten zum Absender der Pressemitteilung stehen unter:
http://idw-online.de/de/institution18

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Quelle:
Informationsdienst Wissenschaft - idw - Pressemitteilung
Friedrich-Alexander-Universität Erlangen-Nürnberg, Dr. Susanne Langer, 06.08.2015
WWW: http://idw-online.de
E-Mail: service@idw-online.de


veröffentlicht im Schattenblick zum 8. August 2015

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