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FORSCHUNG/2206: MDC-Forscher entwickeln "knock-out"-Ratten mit Hilfe springender Gene (idw)


Max-Delbrück-Centrum für Molekulare Medizin (MDC) Berlin-Buch - 19.05.2010

MDC-Forscher entwickeln "knock-out"-Ratten mit Hilfe springender Gene


Krankheiten des Menschen können Wissenschaftler jetzt auch mit "knock-out"-Ratten erforschen. Das war bisher nur mit entsprechenden Mäusen möglich. Dr. Zsuzsanna Izsvák und Dr. Zoltán Ivics vom Max-Delbrück-Centrum für Molekulare Medizin (MDC) Berlin-Buch haben zusammen mit Dr. F. Kent Hamra von der Southwestern University in Dallas, Texas, USA, mit sogenannten springenden Genen (Transposons) eine alternative Methode entwickelt, mit der sie Gene, deren Funktion sie untersuchen wollen, in Ratten ausschalten (engl. to knock out) können (Nature Methods, doi:10.1038/nmeth.1461)*.

Ratten gehören in der Forschung zu den wichtigsten Versuchstieren. Sie sind für die Erforschung einiger Erkrankungen des Menschen, wie zum Beispiel Herz-Kreislauf-Krankheiten, besser geeignet als Mäuse. Zum einen sind sie größer, zum anderen lassen sich bestimmte physiologische Fragestellungen besser an ihnen untersuchen. Hinzu kommt, dass "fast jedes getestete Medikament während der Entwicklungsphase auch an Ratten untersucht wird", so Dr. Izsvák vom MDC.

Seit den achtziger Jahren nutzen Forscher die Methode des Gene-Targeting, um bestimmte Gene in Versuchsmäusen gezielt auszuschalten und die Veränderungen im Genom so zu verankern, dass sie von Generation zu Generation weitervererbt werden. Diese knock-out-Mäuse dienen als Modell für die Entwicklungsbiologie sowie für Erkrankungen wie beispielsweise Krebs, kardiovaskuläre oder neurodegenerative Erkrankungen. Forscher können auf diese Weise die Funktion einzelner Gene und die Ursachen von Krankheiten identifizieren. Ziel ist die Entwicklung neuer Medikamente.

"Doch es ist sehr schwierig, das Rattengenom zu verändern", sagt Dr. Izsvák. Warum das so ist, ist nicht bekannt. Die Forscher suchten deshalb nach einer alternativen Methode, um knock-out-Ratten zu entwickeln. Dazu nutzten sie das von ihnen generierte springende Gen "Dornröschen". Sie fügten das Transposon in das Erbgut von Spermienvorläuferzellen von Ratten ein und implantierten diese veränderten Vorläuferzellen dann anderen männlichen Ratten, wo sie sich zu Samenzellen entwickelten. Die Nachkommen dieser Ratten weisen den "knock-out" auf.

Springende Gene haben die Eigenschaft, sich spontan und an einen zufälligen Ort in ein Genom einzuschleusen, teilweise sogar mehrfach und an unterschiedlichen Stellen. Dabei verändern sie die ursprüngliche Gensequenz, so dass das Ursprungsgen verändert oder gänzlich inaktiviert wird. Das von den Forschern benutzte Transposon "Dornröschen" bringt sich jedoch nur ein einziges Mal in ein Genom ein, was für die Zuordnung eines inaktivierten oder veränderten Gens zu einem Krankheitsbild sehr wichtig ist. Dr. Ivics erläutert: "Mit der Transposon-Mutagenese steht eine alternative und erfolgreiche Technologie zu Verfügung, um knock-out-Ratten für die medizinische Forschung zu erhalten. Wir können nun endlich systematisch genetische Studien im Ratten-Modell durchführen. Vom Krankheitsbild ausgehend können wir nach den auslösenden Genen fahnden und Rückschlüsse auf die Krankheitsursache ziehen. Dies war bislang bei Ratten nicht möglich."


Weitere Informationen:
Nature Medicine, Vol. 16, Nr. 3, March 2010, pp. 254-257

* Generating knockout rats by transposon mutagenesis in spermatogonial stem cells
Zsuzsanna Izsvák 1,2, Janine Fröhlich 1, Ivana Grabundzija 1, James R Shirley 3, Heather M Powell 3, Karen M Chapman 3, Zoltán Ivics 1,2 & F Kent Hamra 3

1 Max Delbrück Center for Molecular Medicine, Berlin, Germany.
2 University of Debrecen, Debrecen, Hungary.
3 Department of Pharmacology and Cecil H. and Ida Green Center for Reproductive
   Biology Sciences, University of Texas Southwestern Medical Center, Dallas, Texas, USA.

F. Kent Hamra
University of Texas Southwestern Medical Center
E-Mail: Kent.Hamra@UTSouthwestern.edu

Zoltan Ivics
Max Delbrück Center for Molecular Medicine
E-Mail: zivics@mdc-berlin.de



Weitere Informationen finden Sie unter
http://www.nature.com/nm/archive/index.html

Barbara Bachtler, Pressestelle Max-Delbrück-Centrum für Molekulare Medizin (MDC) Berlin-Buch Robert-Rössle-Straße 10 13125 Berlin E-Mail: presse@mdc-berlin.de http://www.mdc-berlin.de/

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http://idw-online.de/pages/de/institution672


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Quelle:
Informationsdienst Wissenschaft - idw - Pressemitteilung
Max-Delbrück-Centrum für Molekulare Medizin (MDC) Berlin-Buch
Barbara Bachtler, 19.05.2010
WWW: http://idw-online.de
E-Mail: service@idw-online.de


veröffentlicht im Schattenblick zum 22. Mai 2010