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FORSCHUNG/2273: Die Kunst des Teilens - Funktion und Zusammensetzung des Zentrosoms entschlüsselt (MPG)


Max-Planck-Gesellschaft - 3. September 2010

Die Kunst des Teilens

Berliner Forscher entschlüsseln Funktion und Zusammensetzung des Zentrosoms


Eine Grundvoraussetzung für Wachstum und Leben eines vielzelligen Organismus ist die Fähigkeit seiner Zellen, sich zu teilen. Dabei spielt ein Proteinkomplex, das so genannte Zentrosom, eine entscheidende Rolle. Wissenschaftler des Berliner Max-Planck Instituts für molekulare Genetik haben jetzt gemeinsam mit Kollegen des Deutschen Krebsforschungszentrums in Heidelberg und des Leibniz-Instituts für Altersforschung in Jena die Funktion der einzelnen Bestandteile des Zentrosoms untersucht. Die Forscher stellen detailliert die einzelnen Bestandteile des Zentrosoms vor und beschreiben deren Funktion. Ihre Arbeit erweitert das Wissen über die Regulation der Zellteilung und ermöglicht neue Ansatzpunkte für das Verständnis der Krebsentstehung. (EMBO Journal, 3. September 2010)

Bild links: Bei der Zellteilung werden Chromosomen gleichmäßig verteilt. Bild rechts: Die Inaktivierung eines zentrosomalen Proteins verursacht dabei Fehler. - Bild: © Bodo Lange

Links: Bei der Zellteilung werden die Chromosomen (rot) durch fadenförmige Strukturen, die vom Zentrosom ausgehen (grün), gleichmäßig verteilt. Rechts: Die Inaktivierung eines zentrosomalen Proteins verursacht die unnormale Organisation der mitotischen Spindel und eine fehlerhafte Verteilung der Chromosomen.
Bild: © Bodo Lange

Bei der Zellteilung werden die Chromosomen zunächst verdoppelt und anschließend auf die Tochterzellen verteilt. Die Verteilung der einzelnen Chromosomen wird durch das aus mehreren hundert verschiedenen Proteinen bestehende Zentrosom organisiert. Bei Krebszellen ist das Zentrosom häufig abnormal geformt oder kommt in unkontrollierten Mengen vor. Die Gründe dafür waren bisher weitgehend unbekannt.

Für ihre Arbeit untersuchten die Wissenschaftler sowohl Zentrosomen der Fruchtfliege Drosophila als auch solche aus menschlichen Zellen. "Die Fruchtfliege ist ein hervorragendes System zur Untersuchung des Zentrosoms, da sich die grundlegenden Mechanismen der Zellteilung zwischen Fliege und Mensch stark ähneln", erläutert Bodo Lange, Leiter der Gruppe am Berliner Max-Planck-Institut, in der die Arbeiten durchgeführt worden sind. Aus den Eiern der Fruchtfliege isolierten die Forscher zunächst die Zentrosomen und identifizierten in diesen dann mit Hilfe massenspektrometrischer Untersuchungen mehr als 250 verschiedene Proteine. Anschließend wurden die einzelnen Proteinkomponenten durch so genannte RNA-Interferenz (RNAi) gezielt inaktiviert, um ihre jeweilige Bedeutung für die Struktur des Zentrosoms und die Chromosomenverteilung zu untersuchen.

Unter anderem durch den Einsatz von hochmodernen automatischen und roboterunterstützten Mikroskopen gelang es den Wissenschaftlern, die verschiedenen Funktionen der Proteine quantitativ zu bestimmen. Sie fanden eine Reihe von Proteinen, die für die Trennung der Chromosomen, die Zahl der Zentrosomen und deren Struktur verantwortlich sind. Diese Merkmale weisen in Krebszellen häufig Fehler auf und sind nach der Auffassung der Forscher vor allem für die Zellteilung und bei der Entstehung von krebsartigen Erkrankungen von großer Bedeutung.

Durch die Arbeit der Wissenschafter ergeben sich neue Ansatzpunkte für ein besseres Verständnis der Abnormalitäten in Krebszellen. "Ausgehend von unseren bisherigen Ergebnissen hoffen wir, in Zukunft regulatorische Netzwerke bestimmen zu können, die einen gezielten Eingriff in die Teilung von Krebszellen erlauben", so Lange.
[PM]


Originalveröffentlichung:
Müller H., Schmidt D., Steinbrink S., Mirgorodskaya E., Lehmann V., Habermann K., Dreher F., Gustavsson N., Kessler T., Lehrach H., Herwig R., Gobom J., Ploubidou A., Boutros M., Lange B.M.H.
Proteomic and functional analysis of the Drosophila centrosome. EMBO Journal, online publication 03.09.2010,
doi:10.1038/emboj.2010.210.

Weitere Informationen erhalten Sie von:
PD Dr. Bodo M.H. Lange
Max-Planck-Institut für molekulare Genetik, Berlin
E-Mail: lange_b@molgen.mpg.de


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Quelle:
MPG - Presseinformation B / 2010 (204), 3. September 2010
Herausgeber:
Max-Planck-Gesellschaft zur Förderung der Wissenschaften e.V.
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veröffentlicht im Schattenblick zum 8. September 2010