Schattenblick →INFOPOOL →MEDIZIN → GESUNDHEITSWESEN

AUSLAND/1635: In der Medizinausbildung ist Kuba eine Weltmacht (info links)


info links 10/2010

In der Medizinausbildung ist Kuba eine Weltmacht

Von Jörg Rückmann, AG Cuba Sí


Ein Militärobjekt in eine medizinische Hochschule umwandeln - was für eine geniale Idee!

Nach der Hurrikansaison 1998 in Lateinamerika unterbreitete die kubanische Regierung den betroffenen Ländern das Angebot, nicht nur Ärzte zu schicken, sondern junge Leute aus diesen Ländern in Kuba zu Medizinern auszubilden. Um diese Idee zu verwirklichen, wurde die kubanische Marineakademie -ein riesiges Militärobjekt am Stadtrand von Havanna - zur "Escuela Latinoamericana de Medicina" (ELAM - Lateinamerikanische Hochschule für Medizin) umgebaut.

Am 27. Februar 1999, gerade einmal drei Monate nach Ankündigung dieser Idee, trafen die ersten 1.933 Studenten aus 18 lateinamerikanischen Staaten in Kuba ein. Noch vor der offiziellen Eröffnung der Hochschule erweiterte Kuba dieses Ausbildungsangebot für alle Länder, in denen die medizinische Versorgung unzureichend ist, sowie für junge Leute, die in ihrer Heimat nicht die Möglichkeit haben, ein Medizinstudium aufzunehmen - aus finanziellen Gründen, aber auch, weil sie in weit abgelegenen Kommunen mit geringer Infrastruktur leben. Die jungen Ärzte sollen nach der Ausbildung in ihre Heimatländer zurückkehren, um dort eine nachhaltige medizinische Versorgung mit aufzubauen.

Die Ausbildung an der ELAM dauert sechseinhalb Jahre. Voraussetzung ist das Abitur. Zuerst müssen alle Studenten einen halbjährigen Vorbereitungskurs absolvieren, um die Unterschiede im Ausbildungsniveau der einzelnen Länder auszugleichen. Da für viele Studenten Spanisch nicht die Muttersprache ist, wird für sie in diesem ersten halben Jahr auch ein Sprachkurs angeboten.

Es folgen zwei Jahre Grundausbildung; danach beginnt die Spezialisierung in den Fachbereichen. Die Studenten werden in diesem Ausbildungsabschnitt an insgesamt 21 Fakultäten im ganzen Land unterrichtet. Sie lernen dort zusammen mit kubanischen Studenten. Das Abschlussexamen legen sie dann wieder in der Hauptstadt ab.

Während der Zeit in Havanna wohnen die Studenten auf dem Gelände der ELAM. Das Studium, alle Hilfsmittel für die Ausbildung sowie Unterkunft und Verpflegung zahlt der kubanische Staat. Alle Studenten erhalten einen kubanischen Studentenausweis und genießen die damit verbundenen Vergünstigungen. Sie können außerdem - obwohl sie Ausländer sind - überall in kubanischen Pesos bezahlen. Zu alldem packt Kuba für jeden Studenten noch ein Taschengeld von 100 Pesos obendrauf.

Dieses großzügige Ausbildungsangebot Kubas nehmen jedes Jahr auch Studenten aus den USA in Anspruch, die sich zu Hause ein Medizinstudium nicht hätten leisten können. Sie leben und studieren hier unter den gleichen Bedingungen wie ihre Kommilitonen aus der ganzen Welt. Nach ihrer Rückkehr in die USA müssen sie sich - wie alle anderen Auslandsstudenten auch - verschiedenen Prüfungen unterziehen. Besteht der Absolvent diese Prüfung, erhält er eine Empfehlung, mit der er seinen kubanischen Hochschulabschluss staatlich anerkennen lassen kann.

Erstaunlicherweise gibt es bei diesem Verfahren nach US-amerikanischem Recht keinen "Sonderfall Kuba". Allerdings kosten diese Prüfungen eine Menge Geld. Die ELAM unterhält gute Kontakte zu einer Universität in Kalifornien, die dem Ausbildungsweg der jungen Leute über Kuba sehr positiv gegenübersteht und den Rückkehrern den Berufsstart in den USA erleichtert.

Die gute Medizinausbildung in Kuba hat sich mittlerweile auf der ganzen Welt herumgesprochen. Jedes Jahr absolvieren Studenten aus ca. 50 Ländern diese Ausbildung - aus Afrika, Asien, Ozeanien, aus den USA, dem Nahen Osten und natürlich aus Lateinamerika und der Karibik. Schon 8.500 Mediziner haben den Abschluss der "Escuela Latinoamericana de Medicina" in der Tasche. In Kuba diskutiert man gegenwärtig die Möglichkeit, in einigen Ländern medizinische Hochschulen nach dem Vorbild der ELAM aufzubauen.

In Haiti helfen derzeit gemeinsam mit der über 400 Mann starken kubanischen Ärztebrigade auch 51 graduierte Ärzte der ELAM aus verschiedenen Ländern. Schon lange bevor dieses Land durch Erdbeben und Cholera in die Schlagzeilen gekommen ist, haben die kubanischen Ärzte dort in vielen Gemeinden die medizinische Grundversorgung aufrechterhalten. Heute sind die von ihnen geschaffenen Strukturen Anlaufpunkt für viele Helfer.

Lourdes Castellanos Arencibia, stellvertretende Direktorin für internationale Beziehungen an der Hochschule, erklärt die Grundidee der ELAM so: "Es ist ein Prinzip der kubanischen Revolution, das Wenige, das man hat, mit anderen zu teilen und denen zu helfen, die noch ärmer sind. Wir schicken Menschen in viele Länder der Welt, um Leben zu retten, während die reichen Länder des Nordens ihre Politik mit immer mehr Soldaten, mit Gewalt und Krieg durchsetzen wollen."

Foto: 5 ELAM-Studenten in einer Vorlesungspause: 'Medizin zu studieren war unser Traum - aber in unseren Heimatländern hätten wir diesen Traum nicht verwirklichen können.' - © Jörg Rückmann

ELAM-Studenten in einer Vorlesungspause:
"Medizin zu studieren war unser Traum - aber in unseren
Heimatländern hätten wir diesen Traum nicht verwirklichen können."
© Jörg Rückmann

*


Quelle:
info links 10/2010, Seite 3
Herausgeber: DIE LINKE - Landesvorstand Berlin
Redaktionskollektiv, V.i.S.d.P. Manfred Niklas
Adresse der Redaktion:
Geschäftsstelle der Partei DIE LINKE
Alfred-Kowalke-Straße 14, 10315 Berlin
Telefon: 030/512 20 47, Fax: 030/51 65 92 42
E-Mail: lichtenberg@die-linke-berlin.de
Internet: www.die-linke-lichtenberg.de

Die jeweils aktuelle Ausgabe von info links kann von der
Homepage des Lichtenberger Bezirksverbandes der LINKEN
als kostenloses PDF-Dokument heruntergeladen werden:
http://www.die-linke-lichtenberg.de/politik/aktuelles/


veröffentlicht im Schattenblick zum 6. Januar 2011