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AUSLAND/2087: Lesotho - Neues Krankenhaus verschlingt mehr als die Hälfte des Gesundheitsetats (IPS)


IPS-Inter Press Service Deutschland GmbH
IPS-Tagesdienst vom 9. April 2014

Lesotho: Privat geführtes Krankenhaus verschlingt mehr als die Hälfte des staatlichen Gesundheitsetats

von Carey L. Biron



Washington, 9. April (IPS) - Das 'Queen Mamohato Memorial Hospital' in Lesotho ist das erste Krankenhaus in einem Entwicklungsland, das im Rahmen einer öffentlich-privaten Partnerschaft gebaut wurde und betrieben wird. Doch das von der Internationalen Finanz-Kooperation (IFC), einem Finanzierungsarm der Weltbank, ausgehandelte Experiment hat einen gravierenden Makel: Es verschlingt mehr als die Hälfte des Gesundheitsbudgets des Subsahara-Landes.

Die horrenden Kosten, die Lesotho für die 2011 in der Hauptstadt Maseru eröffnete Klinik aufbringen muss, werden sich Experten zufolge negativ auf die primäre Gesundheitsversorgung der Landbevölkerung auswirken. Dem südafrikanischen Betreiberkonsortium 'Tsepong' wurde ein Gewinn von 25 Prozent vertraglich zugesichert.

Kritische Stimmen aus Zivilgesellschaft und Regierung warnen, dass der 18 Jahre geltende Vertrag personelle Kürzungen im Gesundheitssektor erforderlich macht. Außerdem müssen Programme und Dienstleistungsangebote im ländlichen Raum zusammengestrichen werden, wo drei Viertel aller Lesother leben.


Von Anfang an zu teuer

"Dabei gab es das hehre Versprechen, dass die neue Klinik nicht teurer als die alte sein werde - trotz verbesserter Leistungen. Doch das ist eindeutig nicht der Fall", erklärte Anna Marriott, eine Gesundheitsberaterin der britischen Hilfsorganisation Oxfam. "Schon zum Zeitpunkt der Vertragsunterzeichnung 2009 bewegten sich die Kosten oberhalb der vereinbarten und zumutbaren Obergrenze."

Es sei sehr irritierend, dass der Vertrag Renditen in Höhe von 25 Prozent vorsehe und die Weltbank zum Abschluss eines solchen Abkommens geraten habe. "Es kommt einem vor, als habe die IFC im Auftrag des Konzerns und nicht im Auftrag der lesothischen Regierung gehandelt."

In einem am 7. April veröffentlichten Bericht gibt Marriott die jährlichen Krankenhausbetriebskosten mit 67 Millionen US-Dollar beziehungsweise 51 Prozent des nationalen Gesundheitsetats an. Das ist das Dreifache dessen, was der lesothische Staat für die alte Klinik hinlegen musste.

"Das (neue) Krankenhaus wirkte sich in den letzten drei Jahren negativ aus, wie die Gesundheitsgelder verwendet werden mussten", heißt es in dem Bericht unter Berufung aus Aussagen eines Beamten im lesothischen Gesundheitsministerium. "Es stehen immer weniger Ressourcen für die primäre Gesundheitsversorgung und für die Dienstleistungen der Bezirke bereit."

Die Regierung hat vorgeschlagen, das Gesundheitsbudget des Landes im nächsten Jahr deutlich aufzustocken. Doch etwa 84 Prozent dieser Zusatzmittel sind für das neue Krankenhaus bestimmt, von dessen Angeboten die wenigsten Menschen im Lande Gebrauch machen können.

"Um in die urbanen Zentren und in die Hauptstadt zu kommen, sind viele Menschen mindestens zwei Tage unterwegs", meint Lehlohonolo Chefa, Leiter der Verbraucherzentrale CPA und Mitautor des neuen Reports, gegenüber IPS.

"Lange Zeit konnte sich die Regierung darauf verlassen, dass die Christliche Gesundheitsorganisation von Lesotho die primäre Gesundheitsversorgung in den ländlichen Gebieten übernahm. Doch seit Beginn des neuen Projekts floss der Großteil des Etats in die Finanzierung des Zentralkrankenhauses. Diesem Hospital wurde die primäre Gesundheitsversorgung geopfert." Chefa hält sich anlässlich der Frühjahrstagung von Weltbank und Internationalem Währungsfonds (IWF) vom 11. bis 13. April in Washington auf.

Lesotho ist eines der ärmsten und ungleichsten Länder der Welt. Das neue Queen-Mamohato-Hospital ersetzt eine um die 100 Jahre alte Klinik, die nach Meinung von Experten dringend überholt werden musste. Als sich die Regierung von Lesotho diesbezüglich um Hilfe an die Weltbank wandte, verwies diese das Land an die IFC.

Im weiteren Verlauf der Verhandlungen kam es zu einem Vertragsabschluss zwischen Lesotho und Tsepong, das langjährige Erfahrungen in der privaten Gesundheitswirtschaft zu bieten hat.


Geringe Zahl von Bietern

Kritiker erinnern jedoch an eine Reihe von Ungereimtheiten im Verlauf des Verhandlungsprozesses. So seien lediglich zwei Unternehmen im öffentlichen Ausschreibungsverfahren berücksichtigt worden. Darüber hinaus wurde die Zahl der möglichen Klinikpatienten viel zu niedrig angesetzt. Für die Regierung bedeutet dies, dass sie für die Behandlung der zusätzlichen Patienten draufzahlen muss.

Darüber hinaus ist es so, dass sich die Prioritäten von Staat und Unternehmen nicht immer decken. Lesotho ist das Land der Welt mit der dritthöchsten HIV/Aids-Rate. Doch nach Angaben von Chefa können die meisten HIV/AIDS-Behandlungen nicht im neuen Zentralkrankenhaus durchgeführt werden. "Die Patienten sind gezwungen, sich anderswo Hilfe zu suchen", sagt er. "Für die Privatwirtschaft ist HIV/Aids kein gutes Geschäft. Das Gleiche gilt für die Versorgung psychisch Kranker."

Wie der IFC-Sprecher Geoffrey Keele gegenüber IPS erklärte, unterstützt die Weltbankgruppe die Regierung von Lesotho dahingehend, das Gesundheitssystem des Landes zu stärken, sodass alle Lesother, auch die Ärmsten, auf eine grundlegende Gesundheitsversorgung zurückgreifen können. Das neue Projekt werde die Qualität der Versorgung für rund ein Viertel der Bevölkerung des Landes verbessern. So sei die Sterblichkeit der Krankenhauspatienten bereits um 41 Prozent zurückgegangen.

Offenbar ist die IFC entschlossen, das Projekt auch in andere Länder zu exportieren. "Dieses einzigartige Abkommen könnte zum Vorbild für die Erneuerung aller veralteten und überlasteten Gesundheitssysteme werden", betonte die IFC. "Das wahre Potenzial des Lesotho-Projekts wird spätestens dann sichtbar, wenn es sich in bevölkerungsreichen Ländern wie Nigeria bewährt, wo Bedarf für weitere 20 solcher Kliniken besteht."

Derzeit führt die IFC Sondierungsgespräche mit Nigeria und Benin.

Oxfam jedoch fordert von der Weltbank eine Überprüfung der IFC-Rolle in dem Projekt.

Nach Ansicht von Chefa ist es unumgänglich, neue Vertragsbedingungen auszuhandeln. Der CPA-Leiter kritisierte in diesem Zusammenhang, dass die Vertragsbedingungen nach wie vor geheim gehalten werden. "Wenn das Projekt ein Aushängeschild sein soll, warum dann diese Geheimniskrämerei?"
(Ende/IPS/kb/2014)


Link:

http://www.ipsnews.net/2014/04/ifc-negotiated-privately-run-hospital-sapping-lesotho-budget/

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veröffentlicht im Schattenblick zum 11. April 2014