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AUSLAND/2154: Westafrika - Im Kampf gegen Ebola zählt vor allem Vertrauen (IPS)


IPS-Inter Press Service Deutschland GmbH
IPS-Tagesdienst vom 28. August 2014

Westafrika: Im Kampf gegen Ebola zählt vor allem Vertrauen

von Marc-André Boisvert


Bild: © Marc-André Boisvert/IPS

Gesundheitsarbeiter bei einer Ebola-Simulation in Côte d'Ivoire
Bild: © Marc-André Boisvert/IPS

Kandopleu/Abidjan, Côte d'Ivoire, 28. August (IPS) - Sorgfältig verpackt die Krankenschwester die Leiche in einen Plastiksack. Kurz darauf verlässt sie das Isolationszelt und reinigt ihre Füße in einem Eimer Wasser mit Bleichmittel. Dann nimmt sie vorsichtig ihre Schutzbrille, die Handschuhe und die Maske ab und verbrennt alles in einem Blechkanister.

Hinter einer Sicherheitsabsperrung schauen Hunderte Menschen zu, unter ihnen die Gesundheitsministerin von Côte d'Ivoire, Raymonde Goudou Coffie, und Vertreter mehrerer lokaler Medien. Obwohl bis zu 90 Prozent der mit dem Ebola-Virus Infizierten sterben - in diesem Fall droht keine Gefahr. Bei der Leiche handelt es sich um eine Attrappe, die bei der Simulation eines Ebola-Falls im Bezirkskrankenhaus von Biankouma zum Einsatz kommt. In Côte d'Ivoire ist die Seuche bisher nicht angekommen. "Wir wollen unsere medizinischen Einsatzkräfte testen und feststellen, wie wir noch besser reagieren können", sagt Goudou Coffie, eine ausgebildete Apothekerin.

Die Lehrerin Edinie Veh Gale befand sich in der Menge, die der Vorführung beigewohnt hat. Sie kritisiert, dass die Erklärungen nicht in Yakuba, der lokalen Sprache, übersetzt werden. "Viele Leute hier haben nichts verstanden. Aber wenigstens sind sie neugierig geworden und werden sich weiter informieren."


Epidemie in mehreren Ländern außer Kontrolle

Im Blickpunkt stehen zurzeit hauptsächlich die westafrikanischen Länder Sierra Leone, Liberia, Guinea und Nigeria, wo die Ebola-Epidemie inzwischen außer Kontrolle ist. Nicht betroffene Staaten wie Côte d'Ivoire versuchen die Krankheit fernzuhalten. Die Regierung hat strikte Kontrollmaßnahmen ergriffen und lässt keine Personen aus Ländern einreisen, in denen Ebola grassiert. Die derzeitige Epidemie lässt jedoch die Lücken bei der Prävention erkennen.

Die Weltgesundheitsorganisation WHO rät der Öffentlichkeit, in Zeiten von Epidemien jeden Kontakt mit Fledermäusen und Affen zu vermeiden sowie kein rohes Affenfleisch zu verzehren. Tiere sollten stets mit Handschuhen angefasst werden. Auch zu anderer Schutzkleidung wird geraten. Tierisches Fleisch ist vor dem Verzehr gründlich zu kochen. Ein direkter Kontakt mit infizierten Patienten, insbesondere mit ihren Körperflüssigkeiten, sollte vermieden werden. Weiterhin fordert die WHO dazu auf, dass von Ebola betroffene Gemeinden ihre Bewohner über die Krankheit und Maßnahmen zu deren Eindämmung informieren sollen. Tote sollen rasch und sicher bestattet werden.


Bereits mehr als 1.100 Ebola-Tote

Bis vor kurzem war Ebola noch auf einige isoliert liegende Dörfer in Zentralafrika beschränkt gewesen. Der derzeitige Ausbruch der Seuche, an der bereits mehr als 1.135 Menschen gestorben sind, ist die bisher schlimmste Ebola-Epidemie, die inzwischen auch mehrere Städte erreicht hat. Restriktive Maßnahmen sind mit schwachem Erfolg durchgeführt worden.

Susan Shepler, Dozentin an der 'American University', hat bei einem sechswöchigen Forschungsaufenthalt in Sierra Leone und Liberia festgestellt, dass die meisten Menschen in diesen Ländern den Behörden misstrauen. Sie hielten die Politiker für korrupt. Insbesondere die Bewohner von Gebieten, in denen die Opposition stark ist, seien der Ansicht, dass die Regierung oder ein religiöser Fluch den Ausbruch der Krankheit verschuldet hätten.

In Sierra Leone, Liberia und Guinea sind Vertreter von Regierungsbehörden und medizinische Fachkräfte in den Ebola-Gebieten kaum anzutreffen. Wenn dann umfassend ausgestattete Ärzteteams und ausländische Experten auftauchen, können die lokalen Gemeinden nicht auf Anhieb Vertrauen zu ihnen fassen."Die westlichen Medien fokussieren sich bei der Krise meist auf die Arbeit in den Seuchengebieten und auf chaotische Szenen", kritisiert Shepler.


Richtige Schutzmaßnahmen oder einfach nur Glück?

Mit welchen Methoden Ebola bekämpft werden sollte, ist schwer zu sagen. Im Fall von Côte d'Ivoire ist bisher unklar, ob sich das Land durch eine richtige Vorsorge vor der Krankheit geschützt oder einfach nur Glück gehabt hat.

Als Schutzvorkehrung hatte die Regierung bereits im März den Verzehr von Wildfleisch verboten. Nach intensiven Grenzkontrollen und der Absage von Direktflügen in Seuchengebiete haben die Behörden die Bevölkerung zudem angewiesen, sich nicht mehr zu umarmen und keine Hände zu schütteln sowie strenge Hygienemaßnahmen einzuhalten.

Auch das zivilgesellschaftliche Engagement nimmt zu. In einer Bank im Geschäftsviertel von Abidjan sprüht das Sicherheitspersonal jedem Kunden, der den Geldautomaten benutzt, Desinfektionsmittel auf die Hände. Fliegende Händler, die auf der Straße gegenüber Autofahrern auch beim Einparken helfen, wollen ihnen nicht die Hand geben.


Präventionstraining in sozialen Netzwerken

Die sozialen Netzwerke verbreiten Initiativen wie #Mousser pour Ebola (#Sich einschäumen gegen Ebola). Die junge Bloggerin Edith Brou hat Videos in Umlauf gebracht, auf denen Ivorer Eimer mit Seifenwasser über sich ausschütten und danach drei Flaschen Desinfektionsmittel verteilen. Wer sich dem Seifenbad nicht aussetzen will, muss neun Flaschen Desinfektionsmittel unter die Leute bringen.

In dem kleinen Dorf Pekanhouebli, das im Westen des Landes nahe der Grenze zu Liberia liegt, gibt es zwar keinen Strom und Internetzugang, aber ein Bürgerkomitee, das die Bewohner zum Kampf gegen Ebola mobilisieren will. "Als die Behörden zu uns kamen, dachten wir, dass Ebola eine Krankheit von weißen Menschen in den Städten sei", sagt ein Mann. "Doch als wir davon auch im Radio erfuhren, hörten wir der Krankenschwester zu, die in unser Dorf kam." Inzwischen weiß er mehr darüber, wie sich Ebola verbreitet und warum Schutzmaßnahmen so wichtig sind. (Ende/IPS/ck/2014)


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http://www.ipsnews.net/2014/08/building-public-trust-is-a-key-factor-in-fighting-west-africas-worst-ebola-outbreak/

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IPS-Tagesdienst vom 28. August 2014
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veröffentlicht im Schattenblick zum 30. August 2014