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AUSLAND/1559: Kambodscha - Malariagefahr im Westen, Kampf gegen medikamentenresistente Erreger (IPS)


IPS-Inter Press Service Deutschland gGmbH
IPS-Tagesdienst vom 19. Juli 2010

Kambodscha: Malariagefahr im Westen - Kampf gegen medikamentenresistente Erreger

Von Marwaan Macan-Markar


Bangkok, 19. Juli (IPS) - Der blutige Bürgerkrieg in Kambodscha ist seit Jahrzehnten zu Ende, doch im Westen des Landes lauert ein neuer Feind. In dem einstigen Rückzugsgebiet der berüchtigten Roten Khmer grassiert jetzt eine Form von Malaria, die durch medikamentenresistente Parasiten übertragen wird.

Um die Einwohner der betroffenen Provinz Pailin an der Grenze zu Thailand zu schützen, sind dort inzwischen zahlreiche freiwillige Helfer im Einsatz. Sie untersuchen die Menschen in den Dörfern und behandeln sie, wenn sie bereits erkrankt sind. "Insgesamt engagieren sich in Kambodscha rund 3.000 Freiwillige für die Malaria-Früherkennung", sagte Nguon Sokomar vom Nationalen Zentrum für Malaria-Kontrolle in der Hauptstadt Phom Penh. "In jedem Dorf gibt es zwei Helfer, die oft aus demselben Haushalt kommen."

Im sogenannten Malaria-Gürtel haben die Gesundheitshelfer laut Nguon im vergangenen Jahr in sieben Dörfern Reihenuntersuchungen an etwa 3.000 Menschen vorgenommen. Solche Aktionen seien ein wichtiger Beitrag zur Ausrottung der tropischen Infektionskrankheit.

Erste Erfolge des Projekts sind bereits sichtbar. Die Parasiten, die inzwischen sogar gegen den weltweit gegen Malaria eingesetzten Pflanzenstoff Artemisinin immun sind, konnten inzwischen zurückgedrängt werden. Wie das Büro der Weltgesundheitsorganisation WHO in Kambodscha mitteilte, wurden bei den Kontrollen nur zwei Fälle von Malaria entdeckt, die durch den Erreger 'Plasmodium falciparum' übertragen worden waren. Die sieben Dörfer gehörten zu den Orten, an denen sich Malaria bis dahin besonders stark verbreitet hatte.


Rasche Laboruntersuchungen von Blutproben

Laut der WHO kam die Anti-Malaria-Kampagne auch deshalb so gut voran, weil Blutproben aus den Dörfern rasch in das Pasteur-Institut in Phnom Penh transportiert werden konnten. Die Proben würden dort nach einer hoch entwickelten Methode - der Polymerase-Kettenreaktion - untersucht. Damit könne jeder einzelne Malaria-Erreger genau identifiziert werden, heißt es in Berichten der Organisation. Die Forscher wollen damit ausschließen, dass sich die Krankheit in abgelegenen Gebieten unbemerkt weiterverbreiten kann.

"Mit den neuen Testmethoden sollen die Erreger und nicht die Symptome der Malaria ermittelt werden", sagte Steven Bjorge, der das Malariabekämpfungsprogramm der WHO in dem südostasiatischen Land leitet. Das Pasteur-Institut könne nun in größerem Umgang als bisher DNS-Material analysieren. Taxis bringen die Blutproben in nur einem Tag von Pailin nach Phnom Penh. Nach etwa vier Tagen wissen die untersuchten Dorfbewohner über ihren Gesundheitszustand Bescheid.

Das Projekt, das die Malaria auch im thailändischen Grenzgebiet beseitigen soll, ist Teil eines mit rund 22,5 Millionen US-Dollar bezuschussten Programms der Bill-und-Melinda-Gates-Stiftung. Nach WHO-Angaben wurden 2008 in insgesamt 109 Ländern etwa 247 Millionen Malaria-Fälle gemeldet. Fast zwei Millionen Menschen, unter ihnen viele Kinder in Afrika, starben an den Folgen der Krankheit.

Artemisinin, das aus chinesischem Wermutkraut gewonnen wird, gilt derzeit als das wirkungsvollste Gegenmittel gegen den Parasiten 'Plasmodium falciparum'. Die meisten Malaria-Kranken sterben an der von diesem Erreger übertragenen Krankheitsform. Artemisinin ersetzte das einst als Standardmedikament bevorzugte Clorochin, gegen das weltweit viele Erreger immun geworden waren. Nachdem Wissenschaftler in China Anfang der siebziger Jahre über die Wirkungen von Artemisinin berichtet hatten, wurde daraus der halbsynthetische Arzneistoff Artesunat hergestellt.

Der Kampf gegen die Malaria im kambodschanisch-thailändischen Grenzgebiet ist für Mediziner eine besondere Herausforderung. Die Region wird weltweit als 'Epizentrum der medikamentenresistenten Malaria' betrachtet. In anderen Teilen Kambodschas tritt die Krankheit dagegen nur noch selten auf. Im Jahr 2009 kamen auf jeweils 1.000 Einwohner statistisch gesehen lediglich 6,16 Fälle.

Internationale Wissenschaftler wollen nun verhindern, dass sich die im Westen Kambodschas beobachtete Resistenz von Malaria-Erregern gegen Artemisinin auch in anderen Ländern entwickeln kann. Sollte sich der Parasit in weiteren Teilen Südostasien sowie in Südasien und Afrika ausbreiten, wäre dies eine ernsthafte Gefahr für die globalen Bemühungen zur Malaria-Kontrolle, warnte die WHO. (Ende/IPS/ck/2010)


Links:
http://www.who.int/countries/khm/en/
http://www.cnm.gov.kh/?Programs
http://www.gatesfoundation.org/Pages/home.aspx
http://www.ipsnews.net/news.asp?idnews=52167

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veröffentlicht im Schattenblick zum 21. Juli 2010