Schattenblick →INFOPOOL →MEDIZIN → KRANKHEIT

HERZ/537: Nachrichten vom Europäischen Kardiologenkongress 2011 in Paris (4) (idw)


Deutsche Gesellschaft für Kardiologie - Herz- und Kreislaufforschung - 01.09.2011

Pressemitteilung der Deutschen Gesellschaft für Kardiologie zum Kongress der European Society of Cardiology (ESC), der vom 27. - 31. August 2011 in Paris stattfand


→  Studie: Ski-Langläufer auf Elite-Niveau haben häufiger Herzrhythmus-Störungen
→  ESC-Register: Risiko von herzkranken Schwangeren 100fach erhöht
→  ESC-Register will schlechte Behandlungsergebnisse bei akuter Herzschwäche verbessern
→  Rauchloser Tabak (Snus): Wer nach dem Infarkt damit aufhört, lebt länger


*


Studie: Ski-Langläufer auf Elite-Niveau haben häufiger Herzrhythmus-Störungen

Ski-Langläufer auf Spitzen-Niveau haben ein höheres Risiko für Herzrhythmus-Störungen. Dieses Risiko steigt mit der Häufigkeit der Teilnahme an Ausdauer-Wettbewerben und mit der Intensität des körperlichen Einsatzes, berichtet Dr. Kasper Andersen (Medizinische Universität Uppsala, Schweden). Er und sein Team untersuchten insgesamt rund 47.500 Spitzensportler, die zwischen 1989 und 1998 am 90 Kilometer-Langlauf-Wettbewerb "Vasaloppet" teilgenommen hatten. Die Studie wurde auf dem Europäischen Kardiologenkongress (ESC) in Paris vorgestellt.

Athleten, die bereits sieben Mal oder öfter an diesem strapaziösen Wettkampf teilgenommen hatten, hatten ein um 29 Prozent höheres Risiko von Herzrhythmusstörungen nach dem Wettkampf als jene, die das erste Mal mitgemacht hatten. Spitzensportler, die die 90-Kilometer-Strecke in 100 bis 160 Prozent der Siegerzeit zurückgelegt hatten, wiesen ein um 37 Prozent höheres Risiko auf als Teilnehmer, die mehr als 241 Prozent der Siegerzeit benötigt hatten. Am häufigsten wurden die verbreitetsten Formen von Rhythmusstörungen festgestellt, Vorhofflimmern und Bradyarrhythmien. Die Forscher fanden keinen signifikanten Anstieg der potenziell tödlichen Formen von Herzrhythmusstörungen (ventrikuläre Arrhythmien).

Als Herzrhythmusstörungen bezeichnet man alle Störungen, bei denen das Herz schneller oder langsamer als normal schlägt.


*


ESC-Register: Risiko von herzkranken Schwangeren 100fach erhöht

Schwangere mit Herzkrankheiten haben ein etwa hundertfach höheres Sterblichkeitsrisiko (Mortalität) als der Bevölkerungsdurchschnitt. Das ist das Ergebnis eines Registers der Europäischen Kardiologengesellschaft (ESC EURObservational Research Programme registry in Pregnancy and Heart Disease), das auf dem Europäischen Kardiologenkongress (ESC) in Paris vorgestellt wurde. Herzkrankheiten, die bereits vor der Schwangerschaft bestanden, bleiben ein großes Problem, berichten die Studienautoren, Komplikationen sind häufig und in vielen Fällen lebensbedrohend für Mutter und Kind.

Daten des ESC-Registers legen nahe, dass die Zahl der gefährdeten Frauen nicht abnimmt, insbesondere weil mehr Frauen als früher im fortgeschrittenen Lebensalter schwanger werden und deshalb bereits ein höheres Risiko für Diabetes, Bluthochdruck und Diabetes haben. Von den insgesamt mehr als 1300 Frauen (60 Zentren aus 28 Ländern), die in das Register aufgenommen wurden, hatten 869 (rund 60 %) einen angeborenen Herzfehler, 333 ein Herzklappen-Problem, 79 eine Herzmuskelerkrankung und 24 eine Durchblutungsstörung des Herzens (Ischämie).

"Die Evidenz auf diesem Gebiet ist nicht hoch, randomisierte klinische Studien, wie sie sonst in der Medizin üblich sind, können bei Schwangeren nicht durchgeführt werden", so Prof. Dr. Jolien Roos-Hesselink, Chairman der ESC-Register. "Die einzige Möglichkeit, um unser Wissen über jene Faktoren zu verbessern, die das Outcome von Behandlungsstrategien bei herzkranken Schwangeren beeinflussen, ist, große Mengen von Daten zu diesem Thema zu sammeln. Wir müssen uns bemühen, Outcome-Muster zu identifizieren die mit den jeweiligen Behandlungsstrategien korrelieren."

Auf diese Art sollen die optimalen Formen der Behandlung herausgefunden werden. Allerdings werden die Ergebnisse nur bedingt verlässlich sein, weil man nicht einen unbehandelten (Placebo-) Arm mitführen kann.


*


ESC-Register will schlechte Behandlungsergebnisse bei akuter Herzschwäche verbessern

Die Behandlungserfolge bei Patienten mit akuter Herzinsuffizient (HI, Herzschwäche) sind noch immer inakzeptabel. Das kritisiert die Europäische Kardiologengesellschaft (ESC) auf ihrem Jahreskongress in Paris, bei dem aktuelle Daten des laufenden ESC EURObservational Research Programme vorgestellt wurden. Die Gesamtsterblichkeit bei Patienten mit akuter HI, so die Ergebnisse der Pilotstudie, betrug innerhalb eines Beobachtungsjahres 17 Prozent, die Kombination von Gesamtsterblichkeit und erneuter Aufnahme in einem Spital 35 Prozent. In das Register eingeschlossen waren 5118 Patienten aus 136 Herzzentren in zwölf europäischen Ländern, der Beobachtungszeitraum betrug zwölf Monate. Die Mortalität bei Patienten mit chronischer HI hingegen verbesserte sich auf sieben Prozent.

Ziel der Untersuchung war es, die Krankheitsgeschichte der HI-Patienten zu dokumentieren inklusive der akuten Episoden, der Änderung ihres klinischen Zustandes und der Behandlungsstrategien. Prof. Dr. Aldo Maggioni (Centro Studi ANMCO, Florenz) in Paris: "Die vergleichsweise guten Behandlungsergebnisse von Patienten mit chronischer HI können damit erklärt werden, dass Europas Kardiologen sehr häufig Richtlinien-gestützte medikamentöse Behandlungen anwenden. Im Gegensatz dazu werden Patienten mit akuter HI häufig nicht evidenzbasiert, sondern "anekdotisch" behandelt. Das Fehlen von speziellen kontrollierten Studien, die effektive Behandlungsstrategien für bessere Ergebnisse aufzeigen, kann eine Ursache für die hohe beobachtete Sterblichkeit und Krankheitsanfälligkeit bei Patienten mit akuter HI sein."

Inzwischen wurde ein langfristiges ESC-Register gegründet, das seit Mai 2011 die Daten in 32 europäischen Ländern erhebt. Bei den ESC-Registern handelt es sich allerdings um freiwillig gemeldete Daten, die nicht notwendiger Weise repräsentativ sind.


*


Rauchloser Tabak (Snus): Wer nach dem Infarkt damit aufhört, lebt länger

Infarkt-Patienten, die mit dem Konsum von "rauchlosem Tabak" (Snus) aufhören, haben eine um 44 Prozent niedrigere Gesamtsterblichkeit als Patienten, die Snus weiter verwenden, berichten schwedische Forscher auf dem Europäischen Kardiologenkongress (ESC) in Paris. Rauchloser Tabak in der Form Snus ist ein mit Salzen versetzter, feuchter Tabak, der unter die Ober- oder Unterlippe gesteckt und resorbiert wird. Snus wird häufig als risikoarme Alterntive zum Zigarettenrauch empfohlen. In der EU ist Snus nur in Schweden zugelassen, in den USA sehr weit verbreitet.

"Während Zigaretten zweifelsfrei weit negativere Auswirkungen auf die Gesundheit haben, kann auch rauchloser Tabak nicht als harmlos betrachtet werden", sagt Dr. Gabriel Arefalk (Uppsala, Schweden), Leiter der Studie mit 20.911 Teilnehmern. Eventuell, so Dr. Arefalk, ist die verringerte Sterblichkeit bei jenen, die nach dem Infarkt mit Snus aufhörten, auch auf einen insgesamt gesünderen Lebensstil zurückzuführen. Klinische Studien sollen hier Klarheit bringen.


Kontakt:
Deutsche Gesellschaft für Kardiologie (DGK)
Pressestelle, Achenbachstr. 43, 40237 Düsseldorf
Prof. Dr. Eckart Fleck (Pressesprecher, Berlin)
Christiane Limberg (Pressereferentin, Düsseldorf)
Tel.: 0211 / 600692 - 51, Fax: 0211 / 600692 - 10
E-Mail: fleck@dhzb.de / limberg@dgk.org

Die Deutsche Gesellschaft für Kardiologie - Herz und Kreislaufforschung e.V. (DGK)
mit Sitz in Düsseldorf ist eine wissenschaftlich medizinische Fachgesellschaft mit heute mehr als 7800 Mitgliedern. Ihr Ziel ist die Förderung der Wissenschaft auf dem Gebiet der kardiovaskulären Erkrankungen, die Ausrichtung von Tagungen und die Aus-, Weiter- und Fortbildung ihrer Mitglieder. 1927 in Bad Nauheim gegründet, ist die DGK die älteste kardiologische Gesellschaft in Europa.


Weitere Informationen finden Sie unter:
http://www.dgk.org


*


Quelle:
Informationsdienst Wissenschaft - idw - Pressemitteilung
Deutsche Gesellschaft für Kardiologie - Herz- und Kreislaufforschung e.V.
Christiane Limberg, 01.09.2011
WWW: http://idw-online.de
E-Mail: service@idw-online.de


veröffentlicht im Schattenblick zum 3. September 2011