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HERZ/564: Stammzelltherapie nach Herzinfarkt - Bilanz nach dem ersten Jahrzehnt (idw)


Thieme Verlag / FZMedNews - Dienstag, 17. April 2012

Stammzelltherapie nach Herzinfarkt - Bilanz nach dem ersten Jahrzehnt



fzm - Seit einem Jahrzehnt arbeitet die medizinische Forschung daran, den Herzmuskel nach einem Herzinfarkt durch Stammzellen zu erneuern. Diese regenerative Zelltherapie hat sich als sicher erwiesen, erläutern Experten in der Fachzeitschrift "DMW Deutsche Medizinische Wochenschrift" (Georg Thieme Verlag, Stuttgart. 2012). Derzeit werde untersucht, ob die Therapie auch die Herzleistung verbessert und langfristig eine Herzschwäche nach dem Herzinfarkt verhindern kann.

Im August 2001 hatte das Team um Professor Bodo Eckehard Strauer von der Universität Düsseldorf in der DMW über die weltweit erste Stammzelltherapie des Herzmuskels berichtet. Die Kardiologen hatten ihrem Patienten eine knappe Woche nach dem Herzinfarkt über einen Katheter Stammzellen in ein Herzkranzgefäß injiziert. Die Zellen hatten sie zuvor aus Knochenmark des Patienten im Labor isoliert. Das Ziel der Therapie: Die Stammzellen sollten die Umwandlung des geschädigten Herzmuskels in eine Infarktnarbe verhindern. Die Kardiologen berichteten damals über eine leichte Verbesserung der Herzleistung bei ihrem Patienten.

Seither ist die Zelltherapie in einer Reihe von klinischen Studien an mehr als 1000 Patienten mit einem akuten Herzinfarkt untersucht worden. Nicht in allen Studien wurde, wie das Team um Privatdozentin Birgit Assmus von der Universität Frankfurt jetzt in dem Fachblatt schreibt, eine günstige Wirkung auf die Herzfunktion gefunden. Zwei große randomisierte Studien hätten jedoch einen günstigen therapeutischen Einfluss auf das Remodeling des Herzmuskels nachgewiesen. Unter Remodeling verstehen die Kardiologen den Umbau des Herzmuskels in ein Bindegewebe. Dies mindert die Herzleistung und führt dazu, dass viele Patienten später an einer Herzmuskelschwäche, der chronischen Herzinsuffizienz erkranken.

Die Zelltherapie kann das Remodeling vermindern. Ob dies den Patienten auf Dauer vor einer Herzinsuffizienz und dem Tod bewahrt, werde laut Dr. Assmus derzeit in einer europaweiten Studie untersucht.

Die Infusion von Knochenmarkzellen in die Herzkranzgefäße ist nur ein möglicher Weg der Zelltherapie. Er setzt voraus, dass die Zellen selbstständig in den Herzmuskel einwandern. Die Stammzellen können auch direkt in den Herzmuskel injiziert werden. Dies ist einmal über einen Herzkatheter möglich, der von der Leiste aus bis in die linke Herzkammer vorgeschoben wird. Zum anderen kann der Herzchirurg die Stammzellen z.B. bei einer Bypass-Operation in den geschädigten Herzmuskel spritzen.

Die möglichen Einsatzgebiete umfassen nicht nur Patienten mit einem frischen Herzinfarkt. Die Zelltherapie könnte auch Menschen mit häufigen Herzschmerzen und Engegefühl in der Brust, der sogenannten Angina pectoris, helfen. Ursache dieser Beschwerden sind Durchblutungsstörungen des Herzmuskels, da die Gefäße des Herzens chronisch verschlossen sind. Ziel einer Stammzelltherapie ist bei diesen Patienten, dass sich neue Blutgefäße bilden. Auch bei Menschen, bei denen sich nach dem Herzinfarkt bereits eine Herzschwäche entwickelt hat, könnten die Stammzellen den Aufbau neuer Muskelzellen fördern. Beide Einsatzgebiete wurden in klinischen Studien erprobt, teilweise mit Erfolgen, wie Dr. Assmus und ihre Kollegen berichten.


Leistner, D. et al.:
Regenerative Therapien bei fortgeschrittener Herzerkrankung.
DMW Deutsche Medizinische Wochenschrift 2012; 137 (14): S. 726-731

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Quelle:
FZMedNews - Dienstag, 17. April 2012
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veröffentlicht im Schattenblick zum 20. April 2012