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INFEKTION/1247: Tuberkulose - Wir dürfen uns auf neuen Medikamenten nicht ausruhen (Ärzte ohne Grenzen)


Ärzte ohne Grenzen - Berlin/Paris, 30. Oktober 2013

Tuberkulose: Wir dürfen uns auf neuen Medikamenten nicht ausruhen



Den sich weltweit ausbreitenden Formen resistenter Tuberkulose (DR-TB) kann nur mit neuen Ansätzen für Forschung und Entwicklung und neuen Mechanismen zur Preisgestaltung begegnet werden. Ohne diese wird es keine besseren Behandlungsregime gegen DR-TB geben, warnte die internationale Hilfsorganisation Ärzte ohne Grenzen heute zum Auftakt der Weltkonferenz zu Lungengesundheit in Paris. Das neue Medikament Bedaquilin, welches zum Jahreswechsel als erstes seit 50 Jahren auf den Markt kam, ist zwar ein Meilenstein - für die Behandlung von DR-TB werden aber neue Kombinationspräparate zu niedrigeren Preisen benötigt. Bis es diese gibt muss die Behandlung mit den gegebenen Möglichkeiten deutlich ausgebaut werden. Auch die deutsche Regierung muss hierzu ihren Teil leisten.

"Am 3. Dezember 2013 findet die Wiederauffüllungskonferenz des Globalen Fonds zur Bekämpfung von Aids, Tuberkulose und Malaria statt. Deutschland muss endlich seinen Beitrag zu diesem wichtigsten internationalen Finanzierungsinstrument im Kampf gegen die drei Krankheiten auf 400 Millionen Euro jährlich verdoppeln", fordert Philipp Frisch, Koordinator der Medikamentenkampagne von Ärzte ohne Grenzen in Deutschland. "Es gibt aktuell zwar Hoffnung auf ein besseres Behandlungsregime für DR-TB-Patienten, doch wir wissen noch nicht, wie genau wir die neuen Medikamente verwenden können. Die Menschen, die heute betroffen sind, brauchen aber umgehend Hilfe und bezahlbare Medikamente. Und die Länder, in denen die Patienten leben, brauchen Unterstützung; zum Beispiel durch einen voll finanzierten Globalen Fonds."

Die Weltgesundheitsorganisation WHO schätzt, dass weniger als 20 Prozent der weltweiten Fälle von DR-TB diagnostiziert und behandelt werden. Die derzeitige Behandlung ist lang, mühsam, teuer und hat nur eine Heilungsrate von 50 Prozent. "Wenn ich etwas an Tuberkulose ändern könnte, dann wäre es die Behandlung. Wenn wir weniger giftige Medikamente und einfachere, kürzere Behandlungen hätten, dann würden weniger Patienten die Behandlung abbrechen und es würden weniger Menschen sterben", sagte Phumeza Tisile, die als erster Patient in Südafrika erfolgreich gegen extrem resistente Tuberkulose (XDR-TB) behandelt wurde.

Für bessere Behandlungsregime braucht es einen Paradigmenwechsel in der Forschungspolitik. "An die Stelle des bislang vorherrschenden Silodenkens der Industrie müssen Formen der Zusammenarbeit in allen Forschungsphasen treten", so Frisch. Dazu braucht es ein massives Engagement der globalen Forschungsgemeinschaft, sowie eine deutliche Erhöhung der öffentlichen Mittel. Gleichzeitig müssen neue Behandlungsformen erschwinglich sein. Bedaquilin kostet heute in Ländern mit mittlerem Einkommen, von denen einige zu den am stärksten von DR-TB betroffenen zählen, 3.000 US-Dollar für eine 6-monatige Behandlung. Und dies ist nur einer von mehreren für eine wirksame Behandlung von DR-TB erforderlichen Wirkstoffe.

Mitarbeiter von Ärzte ohne Grenzen haben im vergangenen Jahr 29.000 Patienten mit TB in 30 Ländern und 1.780 Patienten mit DR-TB in 18 Ländern behandelt.

Gerade wurden der Bericht "DR-TB Drugs Under the Microscope" (www.aerzte-ohne-grenzen.de/ZkS) und das Briefingpapier "Beyond the Microscope: Addressing the critical need for better tuberculosis diagnostics" (www.aerzte-ohne-grenzen.de/ZkT) veröffentlicht.

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Quelle:
Ärzte ohne Grenzen
Pressemitteilung 49/2013 vom 30. Oktober 2013
Am Köllnischen Park 1, 10179 Berlin
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veröffentlicht im Schattenblick zum 1. November 2013