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INFEKTION/1543: Zika-Viren - Sind Sportler und Besucher der Olympiade in Brasilien in Gefahr? (idw)


Deutsches Zentrum für Infektionsforschung - 22.07.2016

Zika-Viren: Sind Sportler und Besucher der Olympiade in Brasilien in Gefahr?


Im Juni hat die Weltgesundheitsorganisation (WHO) beschlossen, dass die Olympischen Spiele in Rio de Janeiro trotz der Zika-Viren stattfinden können. Das Risiko einer weiteren internationalen Ausbreitung sei gering. Die Viren stehen im Verdacht, bei Schwangeren das Ungeborene zu schädigen und eine Fehlbildung des Gehirns auszulösen. Experten am Deutschen Zentrum für Infektionsforschung (DZIF), Prof. Christian Drosten und Prof. Jan Felix Drexler, Universität Bonn, bewerten die Situation.

Wie groß ist die Gefahr für Sportler und Besucher, während der Olympischen Spiele im August und September mit dem Zika-Virus infiziert zu werden?

Es besteht durchaus die Gefahr einer Virusinfektion beim Besuch der Sportstätten. Die allgemeine Aktivität von Überträgermücken sollte allerdings mit Beginn des Winters auf der Südhalbkugel etwas abnehmen. Auch sind in Brasilien bereits sehr viele mit dem Virus infiziert worden und deshalb nun mit großer Wahrscheinlichkeit immun. Deshalb sinken die Chancen einer Virusweitergabe zwischen Moskitos, und die Rate an neuen Infektionen von Menschen wird mit der Abnahme der Infektionshäufigkeit von Moskitos sinken. Die Infektion mit dem Zika-Virus ist in den allermeisten Fällen harmlos und ruft allenfalls milde Symptome hervor, beispielsweise Rötungen der Augenbindehaut, Kopfschmerzen und ein allgemeines Fieber-/Müdigkeitsgefühl. Im Gegensatz hierzu steht die weiterhin bestehende Gefahr einer Infektion mit anderen von Mücken übertragenen Viren, beispielsweise Dengue- und Chikungunya-Viren, die auch schwere Krankheitssymptome hervorrufen können. Die brasilianischen Behörden haben weitreichende Maßnahmen zur Moskitobekämpfung im Zusammenhang mit den Olympischen Spielen getroffen.

Wie kann man sich gegen die Mücken am besten schützen?

Die Moskitos, die die oben erwähnten Viren übertragen, sind tagaktiv. Dies bedeutet, dass nicht nur die nächtliche Verwendung von Moskitonetzen als Schutz empfehlenswert ist, sondern auch das Tragen langer Kleidung, die empfindliche Stellen wie die Fußgelenke, den Hals und die Unterarme bedeckt. Bei der Verwendung von Mückenschutzmitteln sollte darauf geachtet werden, dass die Mittel auch für tropische Gebiete empfohlen werden.

Können Schwangere zu den Olympischen Spielen nach Brasilien reisen?

Das genaue Risiko für eine Schädigung des ungeborenen Kindes durch eine Zika-Virusinfektion ist weiterhin unklar. Die bestehende Datenlage lässt aber stark vermuten, dass die frühe Schwangerschaft als wahrscheinlichster Schädigungszeitpunkt gelten muss. Schwangere, die sich in den ersten 6 Monaten der Schwangerschaft befinden, sollten deshalb bei unvermeidbarer Reise in ein Zika-betroffenes Gebiet auf einen ganz besonderen persönlichen Schutz gegen Moskitostiche achten. Zu den betroffenen Gebieten muss man auch die Sportstätten bei den jetzt anstehenden Olympischen Spielen zählen. Eine berufliche Reise im Zusammenhang mit den Olympischen Spielen, bei der sich die Reisende meistenteils in klimatisierten Räumen (Hotel, Konferenzräume, etc.) aufhält, kann als hoher persönlicher Schutz angesehen werden.

Wie groß ist die Gefahr, dass Teilnehmer nach der Olympiade das Virus mit nach Hause nehmen? Wie lange können sie es weitergeben, z. B. an ihre Partnerinnen?

Bei der Gefahr einer Virusübertragung in Deutschland muss man zwischen zwei verschiedenen Konstellationen unterscheiden: Erstens kann das Virus noch geraume Zeit nach Infektion über die männliche Samenflüssigkeit übertragbar sein, in Einzelfällen eventuell sogar über mehrere Wochen. Besteht keine Schwangerschaft, ist eine so übertragene Infektion aber nicht gefährlicher als eine an sich harmlose, durch Moskitos übertragene Infektion. Kondome schützen gegen diese Übertragungsform. Männer, die aus einem Zikagebiet zurückkehren und Sorge haben, ihre schwangere Partnerin zu infizieren, können sich nach Ablauf von etwa zehn Tagen seit Ausreise durch einen spezifischen Antikörpertest untersuchen lassen. Ein negatives Testergebnis schließt eine Infektion aus.

Eine weitere Sorge besteht hinsichtlich einer Weiterverbreitung des Virus über einheimische Mücken. Obwohl bisher keine wissenschaftlichen Daten auf die Möglichkeit einer Übertragung durch einheimische Mücken hinweisen, lässt sich diese theoretische Möglichkeit nie mit absoluter Sicherheit ausschließen. Käme es zu einer einheimischen Übertragung, wäre diese sicherlich örtlich und zeitlich sehr begrenzt.

Sollten alle Heimkehrer zur Sicherheit einen Zika-Test machen lassen?

Ein Grund für einen Labortest nach Heimkehr besteht nur in Situationen, in denen eine nicht bemerkte Infektion schwere Konsequenzen hätte. Hierzu zählen nur wenige Fälle. Beispiele wären schwangere Frauen - auch nach verzögerter Feststellung einer Schwangerschaft - sowie Männer, deren Frauen schwanger sind und sich über Geschlechtsverkehr infizieren könnten. Ferner betroffen wären Patienten, die aufgrund einer vorbestehenden Erkrankung des Immun- oder Nervensystems einer erhöhten Gefahr unterliegen, virale Infektionen des zentralen Nervensystems zu erleiden.


• Hintergrund

Zika-Viren
Das Zika-Virus verursacht Fieber, Hautausschlag, Gelenkschmerzen und Bindehautentzündungen. Bei Schwangeren kann das Virus auf das Ungeborene übertragen werden, was vermutlich ein seltener Vorgang ist. Forscher vermuten einen Zusammenhang zwischen der Virusinfektion und Fehlbildungen des Gehirns beim Baby: In Brasilien wurde seit Oktober ein Anstieg der Fälle von Babys oder Föten mit Mikrozephalie, einem zu kleinen Kopf, registriert. Bisher weiß man nicht, wie häufig eine Infektion bei Schwangeren zu solchen Missbildungen führt. Das Virus wird nach derzeitigem Kenntnisstand vor allem von der Ägyptischen Tigermücke Aedes aegypti übertragen, eine Mückenart, die auf dem Europäischen Festland nicht vorkommt. Das Virus wurde erstmals vor knapp 70 Jahren in Uganda beschrieben.

Viren-Forschung im DZIF
Am DZIF wurden mit dem Schwerpunkt "Neu auftretende Infektionskrankheiten" beste Voraussetzungen geschaffen, um bei Ausbrüchen neuer Viren schnell Diagnostika, Impfstoffe und antivirale Medikamente zu entwickeln und eine weitere Ausbreitung zu verhindern. Die Bonner Forscher um Christian Drosten konnten bereits den weltweit verwendeten Standardtest zum Nachweis des MERS-Erregers entwickeln. Sie sind auch beteiligt an der Ebola-Forschung im DZIF.

Prof. Christian Drosten / Prof. Jan Felix Drexler
DZIF-Schwerpunkt "Neu auftretende Infektionskrankheiten"
Universität Bonn
E-Mail: drosten@virology-bonn.de
E-Mail: drexler@virology-bonn.de

DZIF-Pressestelle
Karola Neubert und Janna Schmidt
E-Mail: presse@dzif.de

Weitere Informationen finden Sie unter

http://www.rki.de/DE/Content/Infekt/IGV/spiele_rio.html
Reiseinformationen Olympiade

http://www.bnitm.de/aktuelles/mitteilungen/954-empfehlungen-zur-diagnostik-der-zika-virus-infektion/
Zika-Test

Kontaktdaten zum Absender der Pressemitteilung stehen unter:
http://idw-online.de/de/institution1833

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Quelle:
Informationsdienst Wissenschaft - idw - Pressemitteilung
Deutsches Zentrum für Infektionsforschung, Karola Neubert, 22.07.2016
WWW: http://idw-online.de
E-Mail: service@idw-online.de


veröffentlicht im Schattenblick zum 26. Juli 2016

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