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HERZ/412: 75. Jahrestagung der Deutschen Gesellschaft für Kardiologie (1) (idw)


Deutsche Gesellschaft für Kardiologie - Herz- und Kreislaufforschung - 17. und 18.04.2008

Pressemitteilungen von der 75. Jahrestagung der Deutschen Gesellschaft für Kardiologie, 16. bis 18. April 2009, Mannheim


→  Herzinfarkt: Neue Strategien in der Stammzellentherapie
→  Neue Studie über regionale Unterschiede bei Herz-Kreislauf-Sterblichkeit
→  Kongresspräsident Drexler - Defizite in der Betreuung von Herzinsuffizienz-Patienten
→  Auch Geschlecht der Behandler beeinflusst die Therapie
→  Deutsche Studie - Omega-3-Fettsäuren nach Herzinfarkt ohne Wirkung
→  Herzinsuffizienz - Besser und länger Leben mit persönlicher Betreuung übers Telefon

Raute

Herzinfarkt - Neue Strategien in der Stammzellentherapie

Mannheim, Donnerstag, 16. April 2009 - Auf neue Strategien zum Einsatz der Stammzellentherapie bei Herzinfarkt setzt die Forschung jetzt, berichtete bei der 75. Jahrestagung der Deutschen Gesellschaft für Kardiologie (DGK) in Mannheim der Präsident des Kongresses, Prof. Dr. Helmut Drexler (Hannover). Von 16. bis 18. April 2009 findet in Mannheim die DGK-Jahrestagung statt, zu der mehr als 7.000 aktive Teilnehmer aus 25 Ländern zusammentreffen.

Die bisherigen Versuche, mit eigenen Stammzellen aus dem Knochenmark von Herzinfarkt-Patienten das zerstörte Herzmuskelgewebe zu ersetzen oder zu regenerieren, hätten bisher eher bescheidene Effekte gehabt. Von selbst kann sich der Herzmuskel nach der Gewebezerstörung durch einen Infarkt nicht wieder erholen.

"Autologe Stammzellen von Patienten mit Herzerkrankungen beziehungsweise deren Risikofaktoren sind ebenfalls geschädigt. Daher ist ihr therapeutisches Potenzial erheblich minimiert", erklärt Prof. Drexler die bisherigen Probleme. Daher geht die Forschung jetzt neue Wege: "Ein Ziel ist die Wiederherstellung der vollen biologischen Aktivität von autologen Zellen." Dies soll erreicht werden, indem die dem Herzinfarkt-Patienten entnommenen Stammzellen im Labor vorbehandelt werden, bevor sie ihm wieder verabreicht werden, zum Beispiel mit so genannten PPAR-Antagonisten, die das Verhalten von Genen beeinflussen, oder mit Stickstoff-verstärkenden Substanzen ("NO-Enhancer").

Stammzellen regen den Regenerationsprozess durch die Ausschüttung von Wachstumsfaktoren und gefäßwachstumssteigernden Faktoren an. Prof. Drexler: "Wenn wir diese Faktoren genau analysiert haben, können wir sie gegebenenfalls synthetisch herstellen und allein oder als Cocktail therapeutisch verabreichen."

Ein anderer neuer Ansatz, berichtet der Experte: "Die Erkenntnis, dass sich Stammzellen aus dem Rückenmark kaum zu Herzmuskelzellen entwickeln, führte zur Suche nach Zellen, die das Potenzial dafür haben. Durch die Einbringung von vier so genannten Transkriptionsfaktoren in eine Zelle, die die spezifische Entwicklung der Zelle beeinflussen, lässt sich eine pluripotente Zelle herstellen, aus der man Herzmuskelzellen züchten kann." Pluripotent bedeutet, dass die Zelle sich in unterschiedliche Richtungen entwickeln kann. Dies könne für die Zukunft großes Potenzial haben, so Prof. Drexler.


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Gefährlicher Nord-Osten, gesunder Süd-Westen
Neue Studie über regionale Unterschiede bei Herz-Kreislauf-Sterblichkeit

Mannheim, Donnerstag, 16. April 2009 - Die Sterblichkeit ("Mortalität") an Herz-Kreislauf-Krankheiten zeigt in Deutschland deutliche regionale Unterschiede. In den besonders stark betroffenen Bundesländern wie zum Beispiel Mecklenburg-Vorpommern ist sie etwa doppelt so hoch wie in den Bundesländern mit den günstigsten Ergebnissen wie Baden-Württemberg. Generell ist ein klares Gefälle ("geographischer Gradient") vom Nordosten zum Südwesten Deutschlands zu verzeichnen, doch auch innerhalb einzelner Länder gibt es ausgeprägte regionale Unterschiede.

Das sind die Ergebnisse einer aktuellen Untersuchung, die Prof. Dr. Stefan N. Willich (Institut für Sozialmedizin, Epidemiologie und Gesundheitsökonomie, Charité - Universitätsmedizin Berlin) im Auftrag der Deutschen Gesellschaft für Kardiologie (DGK) durchgeführt hat. Analysiert wurden deutschlandweit alle Daten über insgesamt 2,3 Millionen Herz-Kreislauf-Todesfälle zwischen 1998 bis 2007. Im Vergleich von 1998 zu 2007 sinkt zwar die Sterblichkeit, aber das Nordost-Südwest-Gefälle bleibt bestehen. Vorgestellt wurden die neuen Daten auf der 75. Jahrestagung der DGK, auf der in Mannheim zwischen dem 16. und 18. April 2009 mehr als 7000 aktive Teilnehmer aus 25 Ländern erwartet werden.

In der nächsten Projektphase sollen die möglichen Ursachen für die regionalen Unterschiede der koronaren Sterblichkeit geklärt werden, zum Beispiel Risikofaktoren, medizinische, soziale und ökonomische Bedingungen. "Daraus werden sich Konsequenzen für die bestmögliche Weiterentwicklung der medizinischen Versorgung und einer sinnvollen Prävention ergeben", so Prof. Willich. "In Anbetracht der hohen Belastung durch Herz-Kreislauf-Erkrankungen in der Bevölkerung hat das Projekt besondere gesundheitspolitische Bedeutung."


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Kongresspräsident Drexler: Defizite in der Betreuung von Herzinsuffizienz-Patienten

Mannheim, Donnerstag, 16. April 2009 - "Das Monitoring von Patienten mit chronischer Herzinsuffizinez ist sehr kosteneffizient, trotzdem findet es in Deutschland kaum statt", kritisierte bei der 75. Jahrestagung der Deutschen Gesellschaft für Kardiologie (DGK) in Mannheim der Präsident des Kongresses, Prof. Dr. Helmut Drexler (Hannover). "SEs fehlt eine Verzahnung und Vernetzung von ambulanter und stationärer Betreuung." Viele finanzielle Mittel würden in chirurgische Eingriffe fließen, so der Experte: "Dem deutschen Gesundheitswesen ist der Versuch, Vorhofflimmern zu beseitigen, sehr viel wert, die Betreuung und auch die Verhinderung der Krankenhausaufnahme von herzinsuffizienten Patienten aber relativ wenig."

Von 16. bis 18. April 2009 findet in Mannheim die DGK-Jahrestagung statt, zu der mehr als 7.000 aktive Teilnehmer aus 25 Ländern zusammentreffen. Herzinsuffizienz oder Herzschwäche ist das Schwerpunktthema des Kongresses. Mehr als eine halbe Million Menschen pro Jahr erkranken in Deutschland an diesem häufig unterschätzen und gefährlichen Leiden, es ist eine der häufigsten Diagnosen für eine stationäre Aufnahme ins Krankenhaus. "50 Prozent der Patienten versterben innerhalb von fünf Jahren trotz optimaler Therapie, viele erhalten nicht einmal die optimale Therapie", so Prof. Drexler. "Zum Vergleich: Die Überlebensrate nach fünf Jahren für Brustkrebs liegt bei 80 Prozent." Im Gegensatz zu vielen anderen Erkrankungen des Herzens, bei denen durch angemessene Therapien Lebenserwartung und Lebensqualität Betroffener erheblich gesteigert werden könne, sei das Syndrom Herzinsuffizienz nach wie vor nur sehr ungenügend verstanden. "Die Jahrestagung widmet sich daher neuen Entwicklungen in Forschung und Klinik, um die Situation für die Patienten zu verbessern" so der Kongresspräsident.


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Auch Geschlecht der Behandler beeinflusst die Therapie     
Frauen werden von Ärztinnen besser behandelt

Mannheim, Freitag, 17. April 2009 - Wie intensiv eine chronische Herzschwäche (Herzinsuffizienz, HI) behandelt wird, ist vom Geschlecht des Patienten, aber auch von jenem des Behandlers abhängig. Das zeigt eine aktuelle Studie des Universitätsklinikums des Saarlandes, die heute auf der Jahrestagung der Deutschen Gesellschaft für Kardiologie vorgestellt wurde.

Die Forschergruppe analysierte die Behandlungsdaten von mehr als 1800 HI-Patienten. Eines der überraschenden Ergebnisse, so die Autoren: "Weibliche Ärzte behandelten ihre Patienten gleich, unabhängig von deren Geschlecht, wohingegen männliche Ärzte ihre weiblichen Patienten signifikant seltener und mit geringeren Dosierungen therapierten." Im Detail wurden Patientinnen nicht nur signifikant seltener mit ACE-Hemmern und AT 1-Antagonisten und tendenziell seltener mit Beta-Blockern therapiert als ihre männlichen Leidensgenossen, sondern auch in niedrigeren Dosierungen.

Aber auch unabhängig vom Geschlecht der Patienten hat jenes der Behandler einen Einfluss auf den Therapieverlauf, wie die Autoren betonen: "Der Einsatz sowie die erreichten Dosierungen der Herzinsuffizienztherapie waren tendenziell höher bei Patienten, die von weiblichen Ärzten behandelt wurden."

Quelle:
Baumhäkel M et al.
Geschlecht des Patienten und behandelnden Arztes: Ein Risikofaktor für Patienten mit Chronischer Herzinsuffizienz?
Clin Res Cardiol 98, Suppl 1, April 2009, P1066


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Deutsche Studie: Omega-3-Fettsäuren nach Herzinfarkt ohne Wirkung

Mannheim, Freitag, 17. April 2009 - Die Behandlung mit Omega-3-Fettsäuren nach einem Herzinfarkt bringt keinen messbaren Nutzen. Das ist das Ergebnis einer wissenschaftlichen Studie von Prof. Dr. Jochen Senges (Ludwigshafen) zum Thema "Fischöl und die Prognose nach einem Herzinfarkt", die auf der 75. Jahrestagung der Deutschen Gesellschaft für Kardiologie (DGK) vorgestellt wurde.

Die Doppelblind-Studie untersuchte 3827 Herzinfarkt-Patienten aus 104 Zentren in Deutschland. Die Studienteilnehmer erhielten eine Leitlinien-gerechte Infarkttherapie, eine Gruppe wurde zusätzlich mit hochgereinigten Omega-3-Fettsäuren behandelt. Fazit: Bezüglich plötzlichem Herztod (primärer Endpunkt), Gesamtsterblichkeit, nicht-tödlichem neuerlichem Herzinfarkt, Schlaganfall, Herzrhythmus-Störungen und Bypass oder Katheter-Intervention (sekundäre Endpunkte) ließ sich kein signifikanter Einfluss der Omega-3-Fettsäuren feststellen.

In Mannheim werden von 16. bis 18. April 2009 mehr als 7000 aktive Teilnehmer aus 25 Ländern erwartet.


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Herzinsuffizienz
Besser und länger Leben mit persönlicher Betreuung übers Telefon

Mannheim, Donnerstag 16. April 2009 - Das "Interdisziplinäre Netzwerk Herzinsuffizienz" (INH) der Universität Würzburg geht in der Versorgung von Menschen mit Herzschwäche innovative Wege und setzt auf persönliche Betreuung übers Telefon durch speziell geschulte Krankenschwestern. In einer Studie wurde sechs Monate lang rund 700 Herzinsuffizienz-Patienten beobachtet. Die Hälfte der Patienten wurde nach dem innovativen Konzept HeartNetCare-HF versorgt und bekam eine Telefonschwester zur Seite gestellt, die andere Hälfte erhielt die übliche Betreuung. "Dabei zeigte HeartNetCare-HF überzeugende Vorteile: Lebensqualität und Herzschwäche der Patienten besserten sich, und die Überlebenschancen waren deutlich höher. Außerdem hatten Patienten mit Telefonschwester am Studienende im Schnitt vier Tage weniger im Krankenhaus verbracht als die Kontrollgruppe", bilanziert Prof. Dr. Christiane Angermann (Universitätsklinikum Würzburg, Med. Klinik und Poliklinik I) auf der 75. Jahrestagung der Deutschen Gesellschaft für Kardiologie in Mannheim. Erwartet werden zwischen 16. und 18. April mehr als 7000 aktive Teilnehmer aus 25 Ländern.

Eine Telefonschwester unterstützt den Hausarzt oder Kardiologen bei der Patientenversorgung und kann etwa 100 bis 120 Patienten mit betreuen. Die Telefonüberwachung führt sie ein- bis viermal pro Monat durch, die etwa 15-minütigen Gespräche basieren auf Fragebögen. Geprüft wird etwa, ob der Patient in der letzten Woche an Gewicht zugenommen hat, unter Luftnot leidet, oder ob die Knöchel angeschwollen sind. Die Schwester prüft, ob der Patient seine Herzmedikamente korrekt eingenommen hat und gibt Tipps zur richtigen Ernährung und körperlichen Aktivität. Bei wichtigen Veränderungen informiert sie den Hausarzt und schaltet bei Bedarf Spezialisten ein.

Telefonschwester in Deutschland bald Versorgungsstandard?

Mit dem innovativen Betreuungskonzept stehen im deutschen Gesundheitssystem nun Wege zu einem evidenzbasierten und relativ kostengünstigen Krankheitsmanagement bei herzinsuffizienten Risikopatienten offen. "HeartNetCare HF stieß auf gute Akzeptanz bei Patienten und Ärzten und kommt damit für eine flächendeckende Anwendung infrage", so Prof. Angermann. "Weniger als zehn Prozent der Teilnehmer brechen die Behandlung über das Telefon ab. Es ist zu hoffen, dass die Kostenträger die Konsequenzen ziehen und eine breite Anwendung des attraktiven Konzeptes auch finanzieren werden." Gegenwärtig gibt es auf dem Markt auch eine Reihe von elektronisch basierten Betreuungsmöglichkeiten, deren Effektivität im Vergleich zur persönlichen Betreuung per Telefon evaluiert werden muss. Das Kompetenznetzwerk Herzinsuffizienz ist ein seit 2003 vom Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF) gefördertes interdisziplinäres Kooperationsvorhaben. In drei infrastrukturellen und 13 wissenschaftlichen Teilprojekten werden an zwölf Standorten in Deutschland versorgungsrelevante meist multizentrische Studien zur Diagnostik und Therapie der Herzinsuffizienz gefördert.

Raute

Von 16. bis 18. April 2009 fand in Mannheim die DGK-Jahrestagung statt, zu der mehr als 7000 aktive Teilnehmer aus 25 Ländern zusammentreffen.

Kontakt:
Deutsche Gesellschaft für Kardiologie (DGK), Pressestelle
Prof. Dr. Eckart Fleck, Berlin (Pressesprecher der DGK)
Christiane Limberg, Düsseldorf (Pressereferentin der DGK)
Achenbachstr. 43, 40237 Düsseldorf
Tel.: 0211/600 692 - 61; Fax: 0211/600 692 - 67
E-Mail: limberg@dgk.org

Die Deutsche Gesellschaft für Kardiologie - Herz und Kreislaufforschung e.V. (DGK) mit Sitz in Düsseldorf ist eine wissenschaftlich medizinische Fachgesellschaft mit heute mehr als 7000 Mitgliedern. Ihr Ziel ist die Förderung der Wissenschaft auf dem Gebiet der kardiovaskulären Erkrankungen, die Ausrichtung von Tagungen und die Aus-, Weiter- und Fortbildung ihrer Mitglieder. 1927 in Bad Nauheim gegründet, ist die DGK die älteste kardiologische Gesellschaft in Europa.

Weitere Informationen finden Sie unter:
http://www.dgk.org


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Quelle:
Informationsdienst Wissenschaft - idw - Pressemitteilung
Deutsche Gesellschaft für Kardiologie - Herz- und Kreislaufforschung e.V.
Christiane Limberg, 17.04.2008 und 18.04.2008
WWW: http://idw-online.de
E-Mail: service@idw-online.de


veröffentlicht im Schattenblick zum 21. April 2009