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PSYCHOLOGIE/095: Welche Faktoren führen zum Behandlungserfolg? Psychologen studieren Placebo-Effekt (idw)


Philipps-Universität Marburg - 22.11.2013

Psychologen studieren Placebo-Effekt



Der Marburger Psychologe Professor Dr. Winfried Rief und Kollegen aus Essen, Hamburg, München sowie Tübingen können weiterhin erforschen, wie Placebos wirken. Die überregionale Forschergruppe mit dem Titel "Expectation and conditioning as basic processes of the placebo and nocebo response: Transferring mechanisms to clinical applications" (FOR 1328) erhält für die kommenden drei Jahre weitere 2,3 Millionen Euro von der Deutschen Forschungsgemeinschaft (DFG), um die Faktoren zu untersuchen, die neben der eigentlichen medizinischen Verordnung zum Behandlungserfolg beitragen.

"Die vom Arzt verordnete Pille ist nur ein Teil des Heilungsprozesses bei Krankheiten; viele weitere Einflüsse tragen zum Behandlungserfolg bei, die jedoch in Forschung und Anwendung bislang zu wenig beachtet wurden", erklärt Rief, der als Sprecher des Verbunds amtiert. Placebo- und die gegengerichteten Nocebo-Reaktionen sind positive und negative Nebenwirkungen, für die es keine erkennbare medizinische Ursache gibt; sie sind seit vielen Jahren als klinisch relevante Effekte bekannt.

Placebo-Effekte zeigen sich an messbaren körperlichen Vorgängen, zum Beispiel an der Hirnaktivität oder Veränderungen im Hormonsystem. "Placebo-Effekte können durch aktuelle Erwartungen und frühere Erfahrungen des Patienten mit einer Erkrankung ausgelöst oder verstärkt werden, aber auch durch den Behandlungskontext und die Arzt-Patienten-Interaktion", führt Rief aus.

Placebo-Effekte seien oftmals größer als die spezifischen, auf das jeweilige Medikament zurückzuführenden Wirkungen, was unterstreiche, dass hier ein großes, oftmals nur unsystematisch genutztes Potential zur Verbesserung von Behandlungen liegt. Die klinischen Anwendungen reichen von der Behandlung von postoperativem Schmerz, Schlafstörungen, Brustkrebs bis hin zur Beeinflussung von immunologischen Funktionen bei Nierentransplantationen.

Schon für die erste Förderphase seit dem Jahr 2010 erhielt die Gruppe 2,8 Millionen Euro von der DFG. Die beteiligten Mediziner und Psychologen konnten neuronale und psychische Wirkmechanismen von Placebos bei den meisten Krankheitsbildern und organischen Systemen nachweisen. Ziel der zweiten Förderphase ist es nun, die am Placebo-Effekt beteiligten Mechanismen systematisch auf klinische Anwendungsfelder zu übertragen, um die Behandlung noch effektiver zu machen. "Die Forschergruppe hat sich bereits in der ersten Förderphase eine internationale Spitzenposition in diesem Feld erarbeitet, die es nun weiter auszubauen gilt", sagt Rief. Die Sprechergruppe wird vervollständigt durch Professorin Dr. Ulrike Bingel von der Universität Duisburg-Essen, Professor Dr. Manfred Schedlowski vom Universitätsklinikum Essen sowie Professor Dr. Paul Enck von der Universität Tübingen.


Weitere Informationen:
Ansprechpartner: Professor Dr. Winfried Rief,
Fachgebiet Klinische Psychologie und Psychotherapie
E-Mail: rief@staff.uni-marburg.de

Forschungsgruppe im Internet:
http://placeboforschung.de/

Kontaktdaten zum Absender der Pressemitteilung stehen unter:
http://idw-online.de/de/institution376

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Quelle:
Informationsdienst Wissenschaft - idw - Pressemitteilung
Philipps-Universität Marburg, Johannes Scholten, 22.11.2013
WWW: http://idw-online.de
E-Mail: service@idw-online.de


veröffentlicht im Schattenblick zum 26. November 2013