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ETHIK/003: Präimplantationsdiagnostik ist ethisch nicht gerechtfertigt (Silvia Schmidt, SPD)


Silvia Schmidt, MdB - 22.03.2011
Behindertenbeauftragte der SPD-Bundestagsfraktion

Die Durchführung der Präimplantationsdiagnostik ist ethisch nicht gerechtfertigt und sollte verboten werden


Der Deutsche Ethikrat legte eine Stellungnahme zur Präimplantationsdiagnostik (PID) vor. Die Ratsmitglieder entwickelten zwei alternative Vorschläge zu einer gesetzlichen Regelung der PID. 13 Mitglieder sprachen sich für eine Zulassung der PID unter strengen Vorgaben aus, 11 Mitglieder halten dagegen nur ein generelles Verbot der PID für ethisch vertretbar. Silvia Schmidt, Behindertenbeauftragte der SPD-Bundestagsfraktion erklärt anlässlich der jetzt begonnenen Beratungen der drei vorliegenden Gesetzentwürfe im Deutschen Bundestag dazu:

"Die unterschiedlichen Positionen im Deutschen Ethikrat zeigen, dass es sich bei der Einführung der PID um eine Frage von höchster moralischer und ethischer Bedeutung handelt, wenn selbst die honorabelsten Vertreter verschiedener wissenschaftlicher Gattungen keine einfache Antwort finden können.

Für mich steht jedoch weiterhin fest, dass eine Zulassung der PID, unter welchen Einschränkungen auch immer, ethisch nicht vertretbar ist. Ich finde meine Bedenken auch in der Argumentation der 11 ablehnenden Ethikratsmitglieder wieder. Ich möchte hier besonders auf ein Argument verweisen, welches von der ablehnenden Gruppe der Ratsmitglieder hervorgehoben wird. Durch die PID könnte sich der Druck auf genetisch belastete Eltern, die sich keiner PID unterziehen wollen, und auf Menschen mit Behinderung erhöhen. Dies würde allen Bemühungen um Integration und Inklusion zuwiderlaufen. Ich befürchte, dass wir damit in die Situation kommen könnten, dass durch die Einführung der PID viele hart erkämpfte Schritte zu Inklusion und Teilhabe behinderter Menschen langfristig in ihrer gesellschaftlichen Akzeptanz in Frage gestellt würden. Ich erkenne an, dass Paare mit der individuellen Erfahrung, insbesondere einer eigenen Erkrankung oder von Tot- oder Fehlgeburten einen hohen Leidensdruck verspüren. Gleichzeitig muss man jedoch die gesellschaftlichen Entwicklungen im Blick behalten. Wird durch die Zulassung der PID das Aussortieren von Embryonen vor Beginn der Schwangerschaft gesetzlich legitimiert, findet ein gesellschaftlicher und ethischer Paradigmenwechsel statt. Die Entscheidung, einen gezielt nach bestimmten Kriterien ausgewählten Embryo einzupflanzen, ist immer verbunden mit einer Grenzziehung zwischen lebenswertem und lebensunwertem Leben. Alle Regelungen mit dem Ziel einer beschränkten Zulassung der PID entgehen nicht dem Grundproblem, dass am Anfang die Entscheidung steht, welches Leben gelebt werden darf und welches nicht. Eine Gesellschaft, in der der Staat oder beauftragte Dritte über lebenswertes und lebensunwertes Leben entscheiden, verliert ihre Menschlichkeit. Internationale Erfahrungen zeigen, dass eine Begrenzung auf medizinische Ausnahmefälle auf Dauer nicht möglich ist."


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Quelle:
Pressemitteilung: Berlin, den 22.03.2011
Silvia Schmidt, MdB
Behindertenbeauftragte der SPD-Bundestagsfraktion
Deutscher Bundestag, Platz der Republik 1, 11011 Berlin
Telefon: (030) 227 73109, Fax: (030) 227 76627
E-Mail: silvia.schmidt@bundestag.de
Internet: http://www.silviaschmidt.de


veröffentlicht im Schattenblick zum 23. März 2011