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BERICHT/377: Neue Integrationsvereinbarung in Kraft (TU Dresden)


Dresdner UniversitätsJournal Nr. 14 vom 17. September 2013

Neue Integrationsvereinbarung in Kraft

Lange genug hat es gedauert, doch nun setzt die neue Vereinbarung Maßstäbe im deutschen Hochschulwesen



Was lange währt, wird endlich gut - so oder ähnlich könnte die Überschrift über die kürzlich in Kraft getretene Neufassung der Integrationsvereinbarung zur Gewährleistung selbstbestimmter und gleichberechtigter Teilhabe behinderter Menschen am Arbeitsleben an der TU Dresden lauten.

Bereits 2008 ist die alte Integrationsvereinbarung ausgelaufen, die Schwerbehindertenvertretung und der Personalrat haben eine Neufassung gefordert und diese gemeinsam mit der Unileitung erarbeitet.

Die vorliegende Integrationsvereinbarung hat nicht nur eine Aktualisierung erfahren, sie ist zum Teil auch wesentlich erweitert worden. Dazu Dr. Cornelia Hähne, amtierende Vertrauensfrau der behinderten Beschäftigten: "Wir freuen uns, dass die neue Integrationsvereinbarung endlich in Kraft getreten ist und sind überzeugt davon, dass sie das gemeinsame Ziel einer inklusiven Universität sehr befördern wird!". Ähnlich äußert sich der TUD-Personalrat: "Mit der jetzigen Vereinbarung hat die TU Dresden eine der modernsten Fassungen einer Integrationsvereinbarung an deutschen Universitäten, die europarechtskonform ausgestaltet ist und zwischen den Interessenvertretern tiefgehend und vielseitig ausgehandelt wurde. Der Personalrat begrüßt die Regelung über klar einzuhaltende Schritte bei Einstellungsvorgängen in einem ergänzenden Merkblatt, um Verzögerungen oder einen Verfahrensabbruch sowie Arbeits- und Verwaltungsrechtsstreitigkeiten zu vermeiden. Seine Rechte auf Unterrichtung und Einsichtsnahme bei Bewerbung und Auswahlentscheidung und auf Erörterung in problematischen Fällen werden dadurch allen mit der Einstellung Befassten transparent."

Eine Neuerung der Vereinbarung ist, dass sie erstmals zwischen den Interessenvertretungen der Arbeitnehmerseite (Schwerbehindertenvertretung, Personalrat) und der Unileitung (Rektor und Kanzler) getroffen wurde. Daran wird ein Perspektivwechsel auch auf struktureller Ebene ersichtlich; nämlich, Teilhabe von Menschen mit Behinderungen nicht mehr nur vordergründig als eine Verwaltungs-, sondern als eine Gestaltungsaufgabe aller Akteure zu verstehen.

Eine weitere Veränderung, die die Neufassung derIntegrationsvereinbarung erfahren hat, betrifft das Begriffsverständnis von Behinderung. Dieses ist wesentlich weiter als es die Definition des deutschen Sozialrechts, nach Paragraph 2 SGB IX "Rehabilitation und Teilhabe behinderter Menschen" vorsieht, gefasst. So wird in der Präambel der vorliegenden Vereinbarung von Menschen mit Behinderungen und besonderen Befähigungen gesprochen. Dazu Dr. Cornelia Hähne: "In meiner Funktion als Vertrauensfrau der behinderten Beschäftigten der TUD erlebe ich leider sehr oft, dass mit Behinderung per se eine Leistungsminderung oder etwas Defizitäres assoziiert wird. Dabei zeigt sich immer wieder, dass Betroffene oftmals gerade aufgrund ihrer gesundheitlichen Situation besondere Stärken sowie Fähigkeiten entwickelt haben bzw. entwickeln mussten oder müssen. Uns war es in der Neufassung der Integrationsvereinbarung daher ganz besonders wichtig, dass dieser Aspekt Ausdruck findet. Ein inklusives Miteinander setzt eine Atmosphäre der Vorurteilsfreiheit und der Offenheit füreinander voraus. Und dies fängt mit der Sprache an."

Die TUD hat mit diesem erweiterten Begriffsverständnis von Behinderung, das sich an dem der UN-Behindertenrechtskonvention (BRK) orientiert, im Vergleich zu Integrationsvereinbarungen anderer Hochschulen ein deutliches Signal in Richtung Inklusion gesetzt. Dies wird auch im Geltungsbereich der Integrationsvereinbarung erkennbar. Dieser bezieht sich auf alle an der TUD beschäftigten Menschen, die von einer Behinderung betroffen oder von einer Behinderung bedroht sind. Dies schließt folglich auch langzeiterkrankte Mitarbeiter ein. In den Geltungsbereich der Vereinbarung auch diejenigen in den Blick zu nehmen, die von einer Behinderung bedroht sind, mag möglicherweise zunächst unverständlich erscheinen. Der Hintergrund hierfür ist jedoch, dass die gesundheitliche Situation eines Menschen kein starrer unveränderlicher Zustand ist, sondern ein dynamischer Prozess. Menschen können im Laufe ihres Lebens erkranken und dies kann im Sinne des SGB IX eine zeitweilige oder dauerhafte Behinderung nach sich ziehen. Der Schwerbehindertenvertretung war es mit der Neufassung der Integrationsvereinbarung ein dringendes Anliegen, dass die Dienststelle mit der Fürsorge, was die Teilhabe am Arbeitsleben betrifft, nicht erst dann aktiv wird, wenn jemand den Status einer Behinderung erfüllt. Hier geht es der Vertretung beispielsweise um die Umsetzung des betrieblichen Eingliederungsmanagements für langzeiterkrankte Beschäftigte oder um vernetzte Arbeit bei problematischen Konfliktsituationen.

Mit der Integrationsvereinbarung möchte die TUD Menschen mit Behinderungen verstärkt fördern. Dies umfasst zuvorderst eine barrierefreie Gestaltung der Arbeitsplätze und des Arbeitsumfeldes entsprechend geltender Gesetze. An dieser Stelle sieht sich die TUD nach wie vor großen Herausforderungen gegenüber. Überdies gilt es, offene Arbeitsplätze den Betroffenen überhaupt erst einmal zugänglich zu machen - behinderte Menschen stellen eine große Gruppe unter den Langzeiterwerbslosen dar. Deshalb müssen alle neu- und wiederzubesetzenden Stellen an der TUD ausgeschrieben und die Interessenvertretungen an den Einstellungsverfahren beteiligt werden. Für Beschäftigte mit Behinderung sollen nach Möglichkeit bestehende Arbeitsverhältnisse verstetigt werden. Neben der Tatsache, dass die genannten Maßnahmen zur Erfüllung der gesetzlich vorgeschriebenen Pflichtquote von fünf Prozent behinderter Beschäftigter im öffentlichen Dienst beitragen (im Jahr 2012 lag die Quote an der TUD bei 4,2 Prozent), verbindet sich damit die Hoffnung, eines Tages keine Integrationsvereinbarung mehr zu brauchen, weil Inklusion zur Selbstverständlichkeit geworden ist. (SBV/UJ)


Die Schwerbehindertenvertretung:

tu-dresden.de/die_tu_dresden/gremien_und_beauftragte/schwerbehindertenvertretung

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Quelle:
Dresdner UniversitätsJournal, 24. Jg., Nr. 14 vom 17.09.2013, S. 7
Herausgeber: Der Rektor der Technischen Universität Dresden
Nöthnitzer Str. 43, 01187 Dresden
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veröffentlicht im Schattenblick zum 20. September 2013