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POLITIK/448: Gendiagnostikgesetz stärkt Recht auf Nichtwissen (LHZ)


Lebenshilfe Zeitung, Nr. 2 - Juni 2009

Gendiagnostikgesetz stärkt Recht auf Nichtwissen


Der Bundestag hat gesetzliche Regeln für Gentests bei Menschen verabschiedet. Ein wichtiges Ziel ist, dass Informationen über das Erbgut eines Menschen nicht von anderen missbraucht werden dürfen. Ärzte sollen weiter die Möglichkeit haben, vererbbare Krankheiten zu untersuchen, wenn sie vorher alles erklärt haben und die Patienten einverstanden sind. Für die Lebenshilfe ist das sogenannte Gendiagnostikgesetz ein Schritt in die richtige Richtung.


Vor der entscheidenden Abstimmung appellierte die Bundesvereinigung Lebenshilfe deshalb an die Parlamentarier, das neue Gesetz passieren zu lassen. "Damit wird das so wichtige Recht auf Nichtwissen gestärkt", so Bundesvorsitzender Robert Antretter. Das Gendiagnostikgesetz wurde schließlich mit der Regierungsmehrheit von CDU/CSU und SPD angenommen. Hubert Hüppe, behindertenpolitischer Sprecher der Union und Bundesvorstandsmitglied der Lebenshilfe, sagte in der Debatte, die Gendiagnostik sei bislang ein "rechtsfreier Raum" gewesen. Nun gebe es erstmals einen gewissen Schutzstandard.

Die Lebenshilfe ist erleichtert, dass sich die Koalition bei diesem sensiblen Thema noch vor Ende der Legislaturperiode einigen konnte. Dies gilt vor allem für das Verbot vorgeburtlicher Untersuchungen auf spätmanifestierende Krankheiten. Damit sind Erkrankungen gemeint, die - wenn überhaupt - erst im Erwachsenenalter ausbrechen können. Die Lebenshilfe hatte im Verlauf des Gesetzgebungsverfahrens immer wieder gefordert, Pränataldiagnostik auf spatmanifestierende Krankheiten grundsätzlich auszuschließen. Solche Krankheiten gefährdeten nicht die Gesundheit der schwangeren Frau, sehr wohl aber könnte ein entsprechender Befund zur Abtreibung von lebensfähigen Kindern führen. Robert Antretter: "Vor der Geburt dürfen Kinder zukünftig nur noch aus medizinisch notwendigen Gründen getestet werden - und nicht mehr, weil die Eltern gerne wissen wollen, ob ihr Kind später eher dick wird oder ein gewisses Risiko für eine Krankheit im Erwachsenenalter in sich trägt."

Vor Gentests bei Erwachsenen werden Aufklärung und Beratung festgeschrieben, damit ihre Durchführung freiwillig ist. "Auch das begrüßen wir", so der Lebenshilfe-Bundesvorsitzende. "Auf diese Weise wird dem besonderen Charakter genetischer Untersuchungen entsprochen. Und es werden nicht einwilligungsfähige Personen, zu denen auch Menschen mit geistiger Behinderung gehören, weitgehend vor unerlaubten Eingriffen geschützt."
pb


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Quelle:
Lebenshilfe Zeitung, Nr. 2/2009, 30. Jg., Juni 2009, S. 9
Herausgeber: Bundesvereinigung Lebenshilfe
für Menschen mit geistiger Behinderung
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veröffentlicht im Schattenblick zum 1. Juli 2009