Karlsruher Institut für Technologie - Mitteilung vom 13.03.2015
Softwareentwicklung ohne Barrieren
Der Bedarf an Fachkräften im Bereich der Informationstechnologie ist hoch - geeignete Bewerber sind überall gesucht. Gute Beschäftigungschancen bietet die IT-Branche auch für Menschen mit Sehschädigung, etwa in Teams für Softwareentwicklung. Die dafür nötigen barrierefreien Zugänge entwickelt nun das Studienzentrum für Sehgeschädigte (SZS) des Karlsruher Instituts für Technologie (KIT) gemeinsam mit dem FZI Forschungszentrum Informatik im Projekt "Cooperate - Neue Wege der Zusammenarbeit für Diversity Teams in der Softwareentwicklung".
Viele freie Stellen in der IT-Wirtschaft und insbesondere im Bereich der Softwareentwicklung könnten auch die beruflichen Chancen für Menschen mit Sehschädigung verbessern. In diesem Bereich setzt man jedoch überwiegend auf standardisierte grafische Beschreibungssprachen. "Menschen mit Sehbehinderung oder Blindheit sind auf die Informationsausgabe in Form von Text angewiesen", erklärt Dr. Karin Müller, die das Cooperate-Projekt am SZS leitet. "Aufgrund ihres hohen visuellen Anteils stellen gängige Modellierungssprachen, wie die Unified Modeling Language (UML), deshalb eine große Hürde für diese Menschen dar". Der fehlende barrierefreie Zugang zu Entwicklungssoftware erschwert auch die Zusammenarbeit in Diversity Teams, also solchen die aus Menschen mit und ohne Sehschädigung bestehen. Aktuell existierende Ansätze erzeugen große Kosten, da sie die bestehenden Barrieren nur durch einen hohen Personalaufwand überwinden.
Hier setzt das Projekt "Cooperate" an. Innerhalb der kommenden Jahre entwickeln die Experten, gefördert vom Ausgleichsfonds des Bundesministeriums für Arbeit und Soziales (BMAS), ein Kooperationswerkzeug für Diversity Teams. Dieses soll dieselben Inhalte gleichermaßen als Grafik und Text zugänglich machen und je nach Seheinschränkung unterschiedliche Ausgabemodi wie Vergrößerung, Braillezeile oder Audioausgabe unterstützen. Ziel ist es, jedem Teammitglied - egal ob mit oder ohne Sehschädigung - zu ermöglichen, in der für ihn passenden Darstellungsform zu arbeiten. Die besondere Herausforderung bei der Entwicklung einer barrierefreien Umgebung für Diversity Teams ist, dass alle Darstellungsformen korrekt und verzögerungsfrei aktualisiert werden. "Wenn diese Voraussetzung erfüllt ist, könnten auch Menschen ohne Sehschädigung von Alternativen zur grafischen Bearbeitung profitieren", ist Dr. Henning Groenda, der am FZI das Projekt leitet, überzeugt.
Mit dem Cooperate-Projekt wollen FZI und SZS Personen ansprechen, die in der Entwicklung von IT-Systemen arbeiten, und die in der beruflichen Aus-und Weiterbildung IT-Kräfte mit Sehschädigung schulen. Deshalb werden begleitend zum Kooperationswerkzeug auch Schulungsmaterialien entwickelt, die einen Einstieg in die Softwareentwicklung für Menschen mit Sehschädigung ermöglichen. "Wenn wir die entsprechenden Strukturen dafür schaffen, kann das Projekt dazu beitragen, dass Menschen mit Sehschädigung in den Arbeitsmarkt eingegliedert und erfolgreich mit Menschen ohne Sehschädigung zusammenarbeiten können", resümiert Karin Müller.
Über das SZS:
Das Studienzentrum für Sehgeschädigte (SZS) unterstützt und berät seit
vielen Jahren Studierende und Studieninteressierte mit Sehschädigung
in allen am KIT angebotenen Studienfächern. Damit erhalten Studierende
mit Sehbehinderung oder Blindheit die Möglichkeit, selbstbestimmt und
inklusiv am KIT zu studieren und einen Einstieg in den Beruf zu
finden. Gemeinsam mit dem Lehrstuhl "Informatik-Systeme für
Sehgeschädigte Studierende" erforscht das SZS neue Assistive
Technologien und neue Zugänge zu MINT-Studiengängen.
Über das FZI:
Das FZI Forschungszentrum Informatik am Karlsruher Institut für
Technologie ist eine gemeinnützige Einrichtung für Informatik-
Anwendungsforschung und Technologietransfer. Es bringt seit 30 Jahren
die neuesten wissenschaftlichen Erkenntnisse der
Informationstechnologie in Unternehmen und öffentliche Einrichtungen
und qualifiziert junge Menschen für eine akademische und
wirtschaftliche Karriere oder den Sprung in die Selbstständigkeit.
Wissenschaftler des FZI-Forschungsbereichs Software Engineering
bringen ihre Erfahrung bei der Entkopplung technischer und
betrieblicher Aspekte von IT-Systemen sowie der Nutzung von
modellgetriebenen Entwicklungstechniken (MDSD) und domänenspezifischen
Sprachen (DSL) in das Projekt ein.
Über das KIT:
Das Karlsruher Institut für Technologie (KIT) vereint als selbständige
Körperschaft des öffentlichen Rechts die Aufgaben einer Universität
des Landes Baden-Württemberg und eines nationalen Forschungszentrums
in der Helmholtz-Gemeinschaft. Seine drei strategischen Felder
Forschung, Lehre und Innovation verbindet das KIT zu einer Mission.
Mit rund 9 400 Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern sowie 24 500
Studierenden ist das KIT eine der großen natur- und
ingenieurwissenschaftlichen Forschungs- und Lehreinrichtungen
Europas.
www.kit.edu
Kontaktdaten zum Absender der Pressemitteilung unter:
http://idw-online.de/de/institution1173
*
Quelle:
Informationsdienst Wissenschaft e. V. - idw - Pressemitteilung
Karlsruher Institut für Technologie, Monika Landgraf, 13.03.2015
WWW: http://idw-online.de
E-Mail: service@idw-online.de
veröffentlicht im Schattenblick zum 14. März 2015
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