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TAGUNG/249: Schwerbehinderte auf dem Arbeitsmarkt überdurchschnittlich benachteiligt (SoVD)


Sozialverband Deutschland - 27. Februar 2009

Schwerbehinderte auf dem Arbeitsmarkt überdurchschnittlich benachteiligt

Fachtagung zur UN-Behindertenrechtskonvention befasste sich mit Rehabilitation und beruflicher Teilhabe für Menschen mit Behinderungen


Köln, 27. Februar 2009. Medizinische und soziale Rehabilitation, der Übergang von Schule zum Beruf sowie das Recht auf Arbeit von behinderten Menschen - diese Themen standen heute im Mittelpunkt der Fachkonferenz "alle inklusive! Die neue UN-Konvention und die Rehabilitation & berufliche Teilhabe von Menschen mit Behinderungen". Die Beauftragte der Bundesregierung für die Belange behinderter Menschen, Karin Evers-Meyer, hatte gemeinsam mit dem Sozialverband Deutschland (SoVD) und dem SoVD-Landesverband Nordrhein-Westfalen, der BAG SELBSTHILFE, sowie der LAG SELBSTHILFE NRW dazu eingeladen.

Dass dieses Thema hochaktuell ist, zeigt eine gerade veröffentlichte Studie des Deutschen Gewerkschaftsbundes. Demnach liegt die Erwerbsquote behinderter Menschen mit gerade einmal 50 Prozent deutlich unter der nicht Behinderter (76 Prozent) - und die Arbeitslosigkeit dieser Gruppe steigt seit Dezember erstmals seit Jahren wieder an. Im Januar stieg sie sogar im Vergleich zum Dezember um 6,3 Prozent. Die Wirtschaftskrise betrifft insbesondere Schwerbehinderte, die trotz besonderen Kündigungsschutzes mit Entlassungen rechnen müssen. Zudem sind Schwerbehinderte häufig langzeitarbeitslos und beziehen überdurchschnittlich oft Hartz IV. Bedenklich ist auch der Trend zu kurzfristigen statt nachhaltigen Maßnahmen wie Ein-Euro-Jobs - ebenso wie die Zahl der anerkannten Rehabilitanden: Diese sank zwischen 2002 und 2007 um mehr als die Hälfte.

Vor diesem Hintergrund diskutierten im Horion-Haus des Landschaftsverbandes Rheinland in Köln die rund 170 Teilnehmenden der Fachkonferenz die Frage, wie es gelingen kann, Menschen mit Behinderungen die volle Teilhabe am Arbeitsmarkt zu ermöglichen. Für den Sozialverband Deutschland (SoVD) betonte Angelika Winkler, dass die UN-Konvention neue Impulse für die Verwirklichung eines inklusiven Arbeitsmarktes für behinderte Menschen setzen muss. "Berufsvorbereitung für junge behinderte Menschen muss schon in der Schule beginnen. Bei den Kommunen und Agenturen für Arbeit müssen in ausreichendem Umfang qualifizierte Beratungs- und Vermittlungsangebote zur Verfügung stehen. Bei der Beratung und Vermittlung sind die Eignung sowie die Wunsch- und Wahlrechte behinderter Menschen in besonderer Weise zu berücksichtigen. Vor allem die privaten Arbeitgeber sind aufgefordert, ihrer gesellschaftlichen Verpflichtung zur Ausbildung und Beschäftigung behinderter Menschen nachzukommen. Der Ausbau von betrieblichen Ausbildungsplätzen ist ebenso unverzichtbar wie die flächendeckende Einrichtung des Betrieblichen Eingliederungsmanagements."

Diskutiert wurde weiterhin die Frage, welchen Anforderungen eine zukunftsweisende Rehabilitation entsprechen muss. Dazu zählen u.a. Rehabilitationsprogramme im Bereich der Gesundheit, die so früh wie möglich ansetzen und auf den einzelnen Menschen individuell zugeschnitten sind. "Für die medizinische Rehabilitation heißt dies, ein ganzheitliches, qualitativ hochwertiges Versorgungskonzept über alle Versorgungsgrenzen hinweg zu entwickeln", erläuterte Peter Brünsing von der BAG SELBSTHILFE. "Für den Bereich der sozialen Rehabilitation umfasst dies vermögensunabhängige Leistungen. Nur so können wir eine umfassende und barrierefreie, individuelle Teilhabe am Leben in der Gemeinschaft sicherstellen."

In insgesamt vier Workshops wurde am Nachmittag diskutiert, wie die Schaffung eines inklusiven Arbeitsmarktes gelingen kann - eine zentrale Forderung der UN-Konvention. So sollen die Vertragsstaaten das Recht von Menschen mit Behinderungen auf eine qualifizierte Ausbildung und Beschäftigung sichern. Weiterhin sollen sie geeignete Maßnahmen entwickeln, um dieses Recht auf Arbeit verwirklichen zu können. Zwar gebe es in Deutschland hierzu entsprechende Gesetze, es müsse jedoch sichergestellt werden, dass die Instrumente des Sozialgesetzbuchs Rehabilitation (SGB IX) und des Behindertengleichstellungsgesetzes im Sinne der UN-Konvention umfassend umgesetzt werden.

Einig waren sich die Teilnehmer, dass es für Menschen mit Behinderungen in den Bereichen Gesundheit, Beschäftigung, Bildung und Sozialdienste spezialisierte Rehabilitationsprogramme geben müsse, damit das Ziel einer vollständigen gesellschaftlichen Integration erreicht werden kann.

Karin Evers-Meyer zog ein positives Fazit nach der Konferenz: "Die Veranstaltung hat auf ein wichtiges Thema aufmerksam gemacht: Menschen mit Behinderungen müssen auch auf dem Arbeitsmarkt voll integriert werden", so die Behindertenbeauftragte. "Wir müssen daran arbeiten, einen inklusiven Arbeitsmarkt zu schaffen und geeignete Rehabilitationsprogramme anbieten. In diesen Bereichen gibt es noch einigen Handlungsbedarf. Diesen haben wir mit der heutigen Konferenz deutlich gemacht und Anstöße zur Umsetzung der in der Behindertenrechtskonvention anerkannten Rechte gegeben."

Die Konferenz fand im Rahmen der Kampagne "alle inklusive! - Die neue UN-Konvention" statt. Insgesamt lädt die Behindertenbeauftragte bis Ende März zu acht Veranstaltungen bundesweit ein, die jeweils ein spezielles Thema der Konvention in den Blickpunkt rücken - von Bildungspolitik über Barrierefreiheit bis hin zu Politik für Frauen mit Behinderungen. Die UN-Behindertenrechtskonvention ist weltweit das erste Menschenrechtsabkommen über die Rechte behinderter Menschen. Es wurde von Bundestag und Bundesrat bereits ratifiziert und tritt in Deutschland voraussichtlich Ende März in Kraft.


Die nächste Fachkonferenz findet am 09. März in Frankfurt am Main zum Thema Politik für Frauen mit Behinderungen statt.

Weitere Informationen unter:
www.behindertenbeauftragte.de/alle-inklusive

V.i.S.d.P.: Dorothee Winden


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Quelle:
Pressemitteilung Nr. 15 / 2009, 27. Februar 2009
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veröffentlicht im Schattenblick zum 3. März 2009