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TAGUNG/271: Gesundheit für Menschen mit Behinderungen (Hubert Hüppe)


Pressemitteilung des Behindertenbeauftragten der Bundesregierung
Hubert Hüppe, Nr. 9/2011 - Berlin, 23. Februar 2011

Tagung zur "Gesundheit für Menschen mit Behinderungen" verdeutlicht Handlungsbedarf bei Patientenversorgung behinderter Menschen


"Sowohl hinsichtlich der Ausbildung des medizinischen Personals als auch der Barrierefreiheit in Arztpraxen und Kliniken gibt es Nachholbedarf in Deutschland. Hinzu kommen teils grundsätzliche Probleme bei der medizinischen Versorgung von Menschen mit Behinderungen", fasste Hubert Hüppe, Beauftragter der Bundesregierung für die Belange behinderter Menschen, einige Ergebnisse seiner Fachtagung zum Thema "Patientenversorgung" am 21./22. Februar 2011 zusammen. Auf der von etwa 150 Teilnehmerinnen und Teilnehmern besuchten Tagung im Kleisthaus in Berlin waren unter anderem die Parlamentarische Staatssekretärin beim Bundesgesundheitsminister, Annette Widmann-Mauz, und der Vizepräsident der Bundesärztekammer Dr. Frank Ulrich Montgomery zu Gast.

Teilnehmerinnen und Teilnehmer der Tagung berichteten von medizinischem Personal, das weder fachlich in der Lage sei, Komplexerkrankungen behinderter Menschen richtig zu diagnostizieren und zu behandeln, noch im Umgang mit behinderten Menschen geschult sei. Es werde viel zu wenig berücksichtigt, dass etwa ein Beratungsgespräch mit einem Menschen mit Lernschwierigkeiten länger dauern könne und leichte Sprache erfordere. Dies gelte etwa auch bei hörbehinderten Menschen, bei denen die Übersetzungszeit berücksichtigt werden müsse oder bei Menschen mit einer spastischen Lähmung. "Ausreichende Fachkenntnisse zur Behandlung behinderter Menschen müssen schon im Studium, spätestens in Fort- und Weiterbildungen vermittelt werden. Wenn Menschen mit und ohne Behinderungen zusammen aufwachsen würden, hätten wir viel weniger das Problem, dass medizinisches Personal verunsichert bis unsensibel mit den Bedürfnissen behinderter Menschen umgeht", betonte der Behindertenbeauftragte. Ein Personal-Patienten-Verhältnis auf Augenhöhe sei außerdem noch oft die Ausnahme, wie Tagungsteilnehmerinnen und -teilnehmer schilderten. Viele Menschen mit Behinderungen vermissten eine wertschätzende Behandlung, die auf ihre spezifischen Bedürfnisse Rücksicht nimmt. Diese Barrieren setzten sich nach Berichten von Tagungsgästen bei Arztpraxen fort, die nur über Treppen erreichbar sind oder keine speziellen Behandlungsstühle vorhalten. Barrieren gebe es auch in Klinken, in die Blindenführhunde nicht mitgeführt werden können und bei Formularen, die nicht in leichter Sprache erhältlich sind.

Einige grundsätzliche Probleme wurden bei der medizinischen Versorgung deutlich. Immer mehr Menschen mit Behinderungen, die teils intensive medizinische Versorgung benötigen, stünden insbesondere im ländlichen Raum immer weniger Ärzten gegenüber. Teilnehmerinnen und Teilnehmer waren sich einig, dass der Anreiz für junge Ärzte gestärkt werden müsse, sich im ländlichen Raum niederzulassen. Bei der zahnärztlichen Versorgung gebe es Probleme sowohl bei der Vorbeugung als auch bei der Akutbehandlung oder der Versorgung mit Prothesen. Der Anspruch auf eine ausreichende zahnärztliche Versorgung behinderter Menschen müsse im fünften Sozialgesetzbuch stärker ausgestaltet werden. Insbesondere gebe es große Probleme bei der zahnärztlichen, aber auch augenärztlichen Versorgung von Heimbewohnern, wie Tagungsteilnehmerinnen und -teilnehmer berichteten.

Hubert Hüppe mahnte zum Schluss der Tagung an, auch diejenigen Menschen nicht zu vergessen, die aufgrund ihrer Behinderung nicht an der Tagung teilnehmen und sich einbringen konnten. "Auch für diese Menschen muss der uneingeschränkte Zugang zu Gesundheitsleistungen gewährleistet sein", betonte Hubert Hüppe.

Die Fachtagung "Patientenversorgung" findet in einer Reihe von Veranstaltungen des Behindertenbeauftragten der Bundesregierung zur Gesundheit für Menschen mit Behinderungen statt. Das Konzept der Veranstaltungsreihe stellt nach dem Motto "Nichts über uns, ohne uns" die Beteiligung von Menschen mit Behinderungen bei der Vorbereitung und Durchführung der Tagung in den Vordergrund. Die nächste Fachtagung findet zum Thema "Hilfsmittelversorgung" am 4. und 5. April 2011 statt. Die Ergebnisse der letzten Fachtagung "Versorgung von Menschen mit psychischen Erkrankungen" finden Sie unter Tagungsdokumentation.


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Quelle:
Pressemitteilung: 23.02.2011
Büro des Beauftragten der Bundesregierung
für die Belange behinderter Menschen, Claudia Mocker
Mauerstraße 53, 10117 Berlin
Tel.: +49 (0)30 18 527 - 2794, Fax: +49 (0)30 18 527 - 1871
E-Mail: buero@behindertenbeauftragter.de
Internet: http://www.behindertenbeauftragter.de


veröffentlicht im Schattenblick zum 24. Februar 2011