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VERBAND/674: Haus Breslaustraße eröffnet (Der Ring)


DER RING
Zeitschrift der v. Bodelschwinghschen Stiftungen Bethel - Juni 2011

Haus Breslaustraße eröffnet
Von Breckerfeld nach Dortmund

Von Robert Burg


"Bald bin ich wieder gesund, dann kann ich wieder als Koch arbeiten", sagt der Mann im dunklen Jogginganzug im Brustton tiefster Überzeugung. Es blitzt immer wieder auf, das alte Leben, bei den Gesprächen der Menschen, die an dem langen Tisch im Haus Breslaustraße sitzen. Doch für die meisten ist ein "Zurück" ausgeschlossen. Die Bewohner der neuen Bethel-Einrichtung in Dortmund-Hörde sind aufgrund einer erworbenen Hirnschädigung langfristig auf Unterstützung angewiesen.


Die neue Einrichtung des Stiftungsbereichs Bethel.regional hat Mitte März den Betrieb aufgenommen. In dem ruhig gelegenen Niedrigenergiehaus - einem von mehreren aktuellen Bauprojekten im Stiftungsbereich Bethel.regional - lebt auch Christiane Piper. Sie ist eine von 21 Bewohnerinnen und Bewohnern, die schon lange von Bethel betreut wurden, zuvor am Standort Breckerfeld. Mit drei neu hinzugezogenen Bewohnern ist das Haus Breslaustraße jetzt voll belegt. "Als Christiane Piper damals zu uns kam, ging es ihr sehr schlecht", erinnert sich Einrichtungsleiter Roland Oelschläger. Die ehemalige Krankenschwester hatte von einer OP-Komplikation eine Hirnschädigung davongetragen. Sie war nicht ansprechbar und saß im Rollstuhl. Doch in den vergangenen Jahren entwickelte sich ihr Zustand sehr gut: "Da sind schon ein paar Wunder geschehen", freut sich der 51-Jährige.


Verwandte und Freunde

Christiane Piper und Roland Oelschläger kennen sich bereits seit Jahren. Der Bethel-Mitarbeiter machte - wie fast alle der 29 Menschen, die im Haus Breslaustraße arbeiten - den Umzug von Breckerfeld nach Dortmund mit. An seinem alten Einsatzort gab es seit 2002 spezielle stationäre Angebote für Menschen mit erworbenen Hirnschädigungen. Zwar wohnten die Klienten in Breckerfeld in verschiedenen Häusern, nutzten aber eine gemeinsame Tagesförderung. Die insgesamt 56 Menschen leben nun verteilt auf Einrichtungen in Witten, Hagen und Dortmund. "Wir haben während der Umzugsplanung bei jedem unserer Klienten überprüft, wo sein Lebensmittelpunkt liegt", so Roland Oelschläger. Christiane Piper hat Verwandte in Dortmund; zudem können sie hier ehemalige Arbeitskollegen und Freunde gut besuchen. "Jetzt wohnen wir nicht mehr auf einem Anstaltsgelände, sondern mitten in einer Nachbarschaft, die uns freundlich aufgenommen hat", sagt Roland Oelschläger. Gute Kontakte haben die "Neu-Hörder" bereits zum hiesigen Kleingärtner- und dem Siedlerverein sowie zur evangelischen Kirchengemeinde.

In dem modernen Haus mit der Solaranlage auf dem Dach fühlt sich Christiane Piper wohl. Ihr Zimmer im Erdgeschoss ist wohnlich eingerichtet, auch wenn noch nicht alle Kartons ausgepackt sind. "Alles Private, was mit sollte, haben wir mitgenommen", so Roland Oelschläger. Das beinhaltet nicht nur Bücher und Stofftiere, sondern auch Sessel und Tische. Besonders gut gefällt Christiane Piper, dass sie jetzt ein eigenes, vollkommen barrierefreies Bad hat. Hier hat sie auch mit dem Gehwagen ausreichend Platz. Die Mahlzeiten, die sie in der Wohnküche ihrer Gruppe einnimmt, gehören zu den Tageshöhepunkten: Lange Zeit wurde Christiane Piper künstlich ernährt, jetzt kann sie wieder mit Genuss ihr Lieblingsgericht Heringsstipp verspeisen. Spaß macht ihr auch das gemeinsame Backen, auf dessen gelungene Ergebnisse sie stolz ist: "Die Donauwelle war zwar nicht einfach, schmeckte aber superlecker. "


Sinnespfad und Boule

Der Wohnbereich des Hauses ist in vier Wohngruppen gegliedert. Im Dachgeschoss befinden sich die Räume der Tagesgestaltung, in denen handwerklich und künstlerisch gearbeitet wird. In dem geschützten Bereich rund um das Haus gibt es einen Sinnespfad mit unterschiedlichen Untergründen, eine Boule-Bahn und ein Windspiel aus armdickem Bambus. Jetzt erkunden die Bewohner des 2,6 Millionen Euro teuren Neubaus, begleitet von Bethel-Mitarbeitenden, ihre Umgebung. "Mittlerweile ist es für einige schon Routine, sich morgens eine Zeitung am Kiosk zu kaufen", sagt Roland Oelschläger. Ebenfalls gut erreichbar ist ein Supermarkt, und ein grünes Areal direkt auf der anderen Straßenseite lädt zum Spaziergang ein.

Neben dem Haus Breslaustraße 54 entsteht ein weiteres Apartmenthaus, in dem Menschen mit erworbenen Hirnschädigungen so selbstständig wie möglich, aber trotzdem intensiv betreut leben können. Der Rohbau steht bereits, im Herbst ist das Haus fertig. Wenn die positive körperliche und geistige Entwicklung von Christiane Piper anhält, wird sie hier noch in diesem Jahr in ein eigenes Apartment ziehen können - ein weiterer großer Schritt in Richtung eines weitgehend unabhängigen Lebens.


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Aktuelle Bauprojekte

Neben dem Haus Breslaustraße gibt es weitere Bauprojekte im Stiftungsbereich Bethel.regional. Bezugsfertig ist das Haus Echeloh in Dortmund-Kley, ein weiteres Angebot wohnortnaher Unterstützung für psychisch kranke Menschen. Hier wohnen 20 Personen, die aufgrund ihrer Erkrankung nicht selbstständig leben können.

Unmittelbar neben dem im vergangenen Jahr eröffneten Haus Kesselborn in Dortmund-Marten wurde ein Apartmenthaus errichtet. Ende März haben neun Menschen mit besonderem Hilfebedarf, die bisher stationär in den Dortmunder Einrichtungen Haus Winterkampweg, Haus Am Lohbach und Haus Am Funkturm lebten, hier ihre eigene Wohnung bezogen. Sie werden unterstützt von Mitarbeitenden des Hauses Kesselborn.

In Hagen-Hohenlimburg können im Haus Neuer Kronocken voraussichtlich ab Juli Menschen mit besonderen sozialen Schwierigkeiten betreut werden, die bislang im Heimathof in Breckerfeld-Zurstraße lebten.

Das Haus Oberfeld in Dortmund-Huckarde soll bis Oktober 2011 durch einen Anbau um acht Plätze und eine Tagesstruktur mit 24 Plätzen erweitert werden. Die Acht-Personen-Einheit unterteilt sich baulich in zwei Wohngemeinschaften mit jeweils einer Wohnküche. Für den Bereich der Tagesgestaltung sind Therapieräume sowie ein Mehrzweckraum mit Küchenzeile vorgesehen.


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Quelle:
DER RING, Juni 2011, S. 10-11
Monatszeitschrift für Mitarbeiter, Bewohner, Freunde
und Förderer der v. Bodelschwinghschen Stiftungen Bethel
Herausgeber: Pastor Ulrich Pohl in Zusammenarbeit mit der
Gesamtmitarbeitervertretung der v. Bodelschwinghschen Stiftungen Bethel
Redaktion: Quellenhofweg 25, 33617 Bielefeld
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veröffentlicht im Schattenblick zum 20. Juli 2011