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VERBAND/713: Bethel-Vorstand hat Positionspapier zur Inklusion verabschiedet (Der Ring)


DER RING
Zeitschrift der v. Bodelschwinghschen Stiftungen Bethel - Mai 2014

Vorstand hat Positionspapier zur Inklusion verabschiedet
Ein Generationenprojekt über mindestens drei Jahrzehnte

Von Gunnar Kreutner



Der Vorstand der v. Bodelschwinghschen Stiftungen Bethel hat erstmalig ein Positionspapier zum Thema "Inklusion" verabschiedet. Darin bringt er das Betheler Verständnis von Inklusion auf den Punkt und beschreibt, welche Herausforderungen mit der praktischen Umsetzung verbunden sind. Beschlossen wurde zudem eine Agenda mit zwölf konkreten Vorhaben. Bis 2017 sollen diese Projekte zur Inklusion angegangen werden.


"Es war an der Zeit, eine Zwischenbilanz zu ziehen und klare Standpunkte für die eigene Rolle auf dem Weg zu einer inklusiven Gesellschaft zu entwickeln", sagt Bethels Vorstandsvorsitzender Pastor Ulrich Pohl. Das Positionspapier "Inklusion - Eine Herausforderung auch für Bethel" diene in erster Linie der Verständigung nach innen. Es solle aber auch genutzt werden, um nach außen zu verdeutlichen, wie Bethel aktuell zu dem Thema stehe.

Für Ulrich Pohl ist die "Inklusions-Bewegung" unumkehrbar. Spätestens mit der UN-Konvention über die Rechte von Menschen mit Behinderungen sei das Thema weltweit in Bewegung. Die v. Bodelschwinghschen Stiftungen Bethel hätten dem Inklusions-Gedanken aber bereits im Jahr 2001 mit der Vision "Gemeinschaft verwirklichen" einen zentralen Stellenwert gegeben.


Leitidee für alle

Inklusion ist seitdem eine Leitidee für alle Betheler Arbeitsfelder geworden. "Wir werden mit unseren Kräften daran mitwirken, Inklusion in der Gesellschaft zu einer Selbstverständlichkeit zu machen. Aber auch im eigenen Unternehmen leisten wir bereits an vielen Stellen enorme Anstrengungen", betonen Pastor Ulrich Pohl und Prof. Dr. Günther Wienberg, der im Vorstand unter anderem für die Unternehmensentwicklung verantwortlich ist.

In seinem Positionspapier weist der Vorstand darauf hin, dass Inklusion dem christlichen Selbstverständnis und der Vision Bethels entspreche. Bei dem Thema würden viele gesellschaftliche Akteure auf Bethel blicken und schauen, was das diakonische Unternehmen auf diesem Gebiet bewege. "Einer unserer Beiträge sollte es sein, im zivilgesellschaftlichen Diskurs Position zu beziehen und mit unseren Kräften darauf hinzuwirken, dass Inklusion nachhaltig ein gesellschaftspolitisches Thema bleibt und fiskalpolitische Konsequenzen hat", heißt es in dem Papier.

Fünf Aufgaben zur "Mitwirkung" am großen Inklusions-Projekt nennt der Vorstand. Das Unternehmen solle so inklusiv und barrierefrei wie möglich gestaltet werden. Die Dienstleistungen für Menschen mit Behinderungen sollen so entwickelt werden, dass sie Exklusion vorbeugen und Inklusion ermöglichen. Der Selbstbestimmung und Beteiligung von Menschen mit Behinderungen in der Arbeit Bethels will der Vorstand mehr Raum geben. Außerdem sollen andere zivilgesellschaftliche Akteure für die Inklusion gewonnen werden. Bethel könne diese Akteure beraten und unterstützen - zum Beispiel Arbeitgeber am allgemeinen Arbeitsmarkt, die Menschen mit Behinderungen beschäftigen wollen.


Keine "Inklusion light"

Inklusion wird als "Generationenprojekt" angesehen. "Auch Bethel wird das Thema mindestens drei Jahrzehnte beschäftigen", sind Pastor Pohl und Prof. Wienberg überzeugt. Inklusion sei aber nicht allein die Aufgabe von Einrichtungen wie Bethel, sondern eine gesamtgesellschaftliche Herausforderung. Sie betreffe nicht nur das Sozial- und Gesundheitswesen, sondern zahlreiche andere Bereiche des gesellschaftlichen Lebens - zum Beispiel Arbeitswelt, Infrastruktur, Bildungswesen, Kultur, Sport und Parteien.

In dem zehnseitigen Positionspapier warnt der Vorstand vor einer "Inklusion light". Da die finanziellen Mittel allein aufgrund der Schuldenkrise und der demografischen Entwicklung knapp seien, werde es schwer werden, mehr Geld als heute für die Inklusion zu mobilisieren. Ernst gemeint werde Inklusion aber zumindest übergangsweise mehr Geld kosten - allein wegen des Bildungssystems, einer barrierefreien Infrastruktur oder der Wahlfreiheit der Wohnform. "Wir sehen daher die Gefahr, dass insbesondere Menschen mit schweren und komplexen Behinderungen aus Kostengründen bei dem Thema ausgeschlossen werden", befürchtet Günther Wienberg. Sie würden heute teilweise als "Restgröße" behandelt, heißt es in dem Positionspapier. Diese Tendenz sei gefährlich, denn sie bedeute, dass die am schwersten von Behinderung Betroffenen erneut ausgeschlossen und diskriminiert würden. "Gerade als Bethel bestehen wir darauf, dass Inklusion unteilbar ist und dass wir keinen zurücklassen!", macht der Vorstand deutlich.

Kritisch wird auch die einseitige Gewichtung des Themas in der öffentlichen Diskussion gesehen. "Wir sind nicht glücklich mit der Reduzierung allein auf den Bereich Schulen und Kindergärten", so Prof. Wienberg. Auch Sozialraumorientierung, Ambulantisierung und Regionalisierung - Entwicklungen, die Bethel bewusst vorantreibe - seien nach eigenem Verständnis wichtige Bestandteile.

Damit Bethel seine eigenen "Hausaufgaben" in Sachen Inklusion macht, hat der Vorstand eine Agenda mit zwölf größtenteils bereichsübergreifenden Vorhaben beschlossen, die bis 2017 geprüft und bearbeitet werden sollen. Zu diesen Vorhaben gehören zum Beispiel die regelmäßige Einbindung des Themas in die Fachausschüsse der Arbeitsfelder, eine unternehmensweite "inklusive Fachtagung" im Jahr 2015, eine Kampagne "Bethel inklusiv" und vor allem die stärkere Beteiligung von Menschen mit Behinderungen an der Umsetzung von Inklusion nach dem Motto "Nichts über uns ohne uns".

Das Positionspapier und die Agenda sind bereits im Intranet veröffentlicht. Interessierte finden sie aber auch im Internet unter
www.bethel.de/ueber-uns/standpunkte.
Beide Papiere des Vorstands werden auch in leichter Sprache erscheinen.


KASTEN

In seinem Positionspapier hat der Vorstand erstmals formuliert, was Inklusion für Bethel bedeutet:

"Inklusion heißt von Anfang an dabei sein, von Geburt an und in jeder Lebensphase gesellschaftliche Teilhabechancen in allen Lebensbereichen (selbstbestimmt) verwirklichen zu können: in der Bildung, im Arbeitsleben, beim Wohnen, in der gesundheitlichen Versorgung, in Kultur und Politik .. Inklusion heißt auch, Menschen mit Behinderungen sollen mit ihren Kräften, Ideen und Ressourcen zur Gestaltung des gesellschaftlichen Lebens beitragen."

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Quelle:
DER RING, Mai 2014, S. 6-7
Zeitschrift der v. Bodelschwinghschen Stiftungen Bethel
Herausgeber: Pastor Ulrich Pohl in Zusammenarbeit mit der
Gesamtmitarbeitervertretung der v. Bodelschwinghschen Stiftungen Bethel
Redaktion: Quellenhofweg 25, 33617 Bielefeld
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veröffentlicht im Schattenblick zum 24. Mai 2014