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EUROPA/1814: Nachhaltige Lösungen für aus Seenot Gerettete statt wochenlanger Irrfahrten auf dem Mittelmeer


Pressemitteilung der Bundestagsfraktion Bündnis 90/Die Grünen vom 23. August 2019

Nachhaltige Lösungen für aus Seenot Gerettete statt wochenlanger Irrfahrten auf dem Mittelmeer


Zur Nachricht, dass das Rettungsschiff "Ocean Viking" in Malta anlegen darf erklärt Luise Amtsberg, Sprecherin für Flüchtlingspolitik:

Wir sind erleichtert, dass die 356 aus Seenot geretteten Frauen, Männer und Kinder an Bord der "Ocean Viking" endlich an Land dürfen. Sie mussten über zwei Wochen trotz der sich verschlechternden Lage auf dem Rettungsschiff ausharren. Italien und Malta hatten mal wieder die Einfahrt in den nächstgelegenen sicheren Hafen verweigert. Es ist überfällig, dass die aus Seenot Geretteten - fast ein Drittel von ihnen ist minderjährig - nun endlich an Land dürfen, denn sie mussten in Libyen schon Schlimmstes erleben. Sie erzählen von willkürlichen Inhaftierungen, dem Entzug von Nahrung, Wasser und Tageslicht, von Zwangsarbeit und Folter. Das medizinische Personal der Organisationen SOS Méditerranée und Ärzten ohne Grenzen an Bord sprach zuletzt von einer nicht mehr lange zu kontrollierenden Lage an Bord.

Wenn die Bundeskanzlerin eine staatlich organisierte, europäische Seenotrettung fordert, dann darf dies nicht darüber hinwegtäuschen, dass die deutsche Bundesregierung maßgeblich für diese derzeitigen Irrfahrten auf dem Mittelmeer verantwortlich ist. Mit ihrem Festhalten am längst gescheiterten Dublin System hat sie zu der gegenwärtigen Misere auf dem Mittelmeer beigetragen. Jetzt reicht es nicht mehr, bloß in Einzelfällen Aufnahmeplätze bereitzustellen. Sie muss sich für eine Lösung auch für zukünftige Schiffe einsetzen. Denn einerseits müssen Italien und Malta ihre Häfen für Rettungsschiffe öffnen, andererseits dürfen die Mittelmeeranrainer nicht länger alleine für aus Seenot Gerettete verantwortlich gemacht werden. Es braucht einen fairen und nachhaltigen EU-Verteilmechanismus. Hier ist die Bundesregierung in der Bringschuld. Wenn es der Bundeskanzlerin Ernst ist mit ihren Appellen, dann muss sie hier vorangehen, notfalls in einer "Koalition der Willigen". Das bedeutet auch, dass die Bundesregierung Menschen unabhängig vom Herkunftsland aufnehmen muss, um ihnen hier ein faires Verfahren in Sicherheit zu ermöglichen. Ohne tragfähige Lösungen wird das elendige Pokern auf dem Mittelmeer bald um das nächste Rettungsschiff von neuem losgehen. Die Leidtragenden sind dabei immer die Menschen.

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Quelle:
Pressemitteilung vom 23. August 2019
Bundestagsfraktion Bündnis 90/Die Grünen
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Pressestelle
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veröffentlicht im Schattenblick zum 24. August 2019

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