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BUNDESTAG/3146: Heute im Bundestag Nr. 151 - 21.03.2012


Deutscher Bundestag
hib - heute im bundestag Nr. 151
Neues aus Ausschüssen und aktuelle parlamentarische Initiativen

Mittwoch, 21. März 2012 Redaktionsschluss: 16:45 Uhr


1. Aigner betont Rolle des Landtourismus gerade für kleinere Bauernhöfe
2. Massive Bedenken gegen Bundesrats-Entwurf zur Sportwetten-Besteuerung
3. SPD will "aufenthaltsrechtliches Programm zur Sicherung des Fachkräftebedarfs"
4. Die Linke will Staatsleistungen an Religionsgesellschaften abschaffen


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1. Aigner betont Rolle des Landtourismus gerade für kleinere Bauernhöfe

Ausschuss für Tourismus

Berlin: (hib/MPI) Bundeslandwirtschaftsministerin Ilse Aigner (CSU) hat die Bedeutung des ländlichen Tourismus für die Landwirtschaft hervorgehoben. Im Ausschuss für Tourismus sagte die Ministerin am Mittwoch, gerade für kleinere Bauernhöfe seien Ferienangebote ein wichtiges wirtschaftliches Standbein. Aber auch im Hinblick auf Ernährung biete der Landtourismus große Möglichkeiten etwa bei der Bildung von Kindern und Jugendlichen. Diese hätten anders als "ältere Generationen, die noch mit Mangel umgehen mussten", oftmals keinen Bezug mehr zur Herstellung der Lebensmittel. Beim Urlaub auf dem Bauernhof werde dieser Bezug deutlich.

Die Unions-Fraktion pflichtete Aigner bei. Heute glaubten viele junge Leute, dass die Lebensmittel aus dem Supermarkt kommen. Der Landtourismus könne für eine andere Sicht der Dinge sorgen. Der Ausschussvorsitzende Klaus Brähmig erläuterte, der Landtourismus sei ein wachsender Markt, der Landwirten und den Bewohnern in ländlichen Gebieten zusätzliche Einnahmemöglichkeiten biete und jungen Menschen eine Zukunft in der eigenen Heimat ermögliche.

Die SPD-Fraktion mahnte einen Strategieplan für den Landtourismus an. Die von der Bundesregierung betonte Wertschätzung des ländlichen Tourismus müsse sich auch in entsprechenden Förderprogrammen niederschlagen. Die Fraktion Die Linke wies in diesem Zusammenhang auf Forderungen nach einem eigenen Bundesministerium für Tourismus hin, in dem die bislang auf viele Ressorts verteilten tourismuspolitischen Aufgaben gebündelt werden könnten. Bundesministerin Aigner wies dies zurück. Tourismus sei ein Querschnittsthema, bei dem "einer den Hut aufhaben muss". In der Bundesregierung sei dies das Wirtschaftsministerium. "Das funktioniert ganz gut", sagte die CSU-Bundestagsabgeordnete.

Auf die Frage der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen, welche Haltung das Bundesverbraucherschutzministerium beim Thema Schlichtung Flugverkehr einnehme, sagte die Ministerin, ihr gehe es darum, dass Verbraucher sich unabhängig von ihrem Anliegen an eine Schlichtungsstelle wenden könnten. Nach Ansätzen gegen Fachkräftemangel, der etwa auch in gastronomischen Einrichtungen in ländlichen Reisedestinationen ein Problem sei, erkundigte sich die FDP-Fraktion. Aigner verwies darauf, dass es darum gehe, zunächst das Arbeitskräftepotenzial im eigenen Land zu heben, etwa durch entsprechende Qualifizierungen von Arbeitslosen.


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2. Massive Bedenken gegen Bundesrats-Entwurf zur Sportwetten-Besteuerung

Finanzausschuss (Anhörung)

Berlin: (hib/HLE) Sachverständige haben aus verschiedenen Gründen Bedenken gegen einen vom Bundesrat eingebrachten Gesetzentwurf zur Besteuerung sämtlicher Sportwetten (17/8494) vorgebracht. In einer öffentlichen Anhörung des Finanzausschusses am Mittwoch wurden auch Sorgen vor einer Gefährdung der Sportpferdezucht in Deutschland laut.

Der Bundesrat will mit der Neuregelung besonders das Problem illegaler Wetten über das Internet in den Griff bekommen. Bisher seien nur Wetten erfasst worden, die im Inland veranstaltet werden, heißt es in der Begründung des vom Bundesrat vorgelegten Gesetzentwurfs. Nach der Neuregelung sollen Wetten auch dann besteuert werden, wenn der Spieler bei Abschluss des Wettvertrages zum Beispiel über Internet bei einem ausländischen Anbieter seinen Wohnsitz oder gewöhnlichen Aufenthalt im Inland hat. Durch eine Öffnungsklausel im Gesetz sollen die Bundesländer die Möglichkeit erhalten, ergänzende Regelungen zu Pferdewetten zu treffen. Die Steuer für die Pferdewetten soll von 16,66 auf fünf Prozent gesenkt werden. Für Lotterien soll weiter der Satz von 16,66 Prozent gelten. Es geht um einen Milliarden-Markt: Nach Angaben der Deutschen Steuergewerkschaft werden im Bereich der Sportwetten in Deutschland rund 3,4 Milliarden Euro umgesetzt.

Professor Andreas Musil (Universität Potsdam) erklärte in seiner Stellungnahme, in der unterschiedlichen Besteuerung von Lotterieangeboten und Sportwetten könnte ein Verstoß gegen den allgemeinen Gleichheitssatz des Grundgesetzes liegen. Die Ausdehnung der Steuerpflicht auf ausländische Anbieter könnte die Gefahr einer Doppelbelastung mit sich bringen. In der Stellungnahme von Professor Stephan Eilers (Freshfields Bruckhaus Deringer) hieß es unter anderem, die Steuer auf Sportwetten verstoße in der gewählten Ausstattung gegen die Grundrechte betroffener Veranstalter.

Die Spreizung des Steuersatzes würde nach Ansicht der Deutschen Steuer-Gewerkschaft zu erheblichen Problemen führen. Eine Möglichkeit, im Ausland getätigte Wetten in die Besteuerung einzubeziehen, wäre die Einführung einer "gesamtschuldnerischen Haftung", so dass auch die Spieler steuerpflichtig würden. Das wurde von Suchtbekämpfungs-Experten zurückgewiesen. Die Fachstelle für Suchtprävention im Land Berlin lehnte auch die Einführung unterschiedliche Steuersätze ab, weil diese nicht plausibel zu erklären seien. Professor Tilman Becker (Forschungsstelle Glücksspiel der Universität Hohenheim) forderte die Gründung einer neuen Behörde (Gambling Commission), die den gesamten Glücksspielbereich in Deutschland regulieren soll. Becker sah angesichts verschiedener Regelungen auf Bundes- und Länderebene in Deutschland "rechtsfreie Räume". Andreas Frank (FRANK Consultancy Services) nannte die Absenkung des Steuersatzes "unter Spielschutzgesichtspunkten nicht plausibel".

Probleme mit dem EU-Recht sah Ronald Reichert (Redeker Sellner Dahs). Die vom Bundesrat vorgeschlagene Neuregelung könne dazu führen, dass die deutschen Rennvereine die Mittel, die sie aus der Steuer zur Durchführung öffentlicher Leistungsprüfungen für Pferde erhalten hätten, zurückzahlen müssten. Nach Angaben des Hauptverbandes für Traberzucht werden ohnehin nur noch 15 Prozent aller in Deutschland getätigten Pferdewetten noch im Inland gehalten und ordentlich versteuert. Am Beispiel der Trabrennen wurde erläutert, in den letzten acht Jahren seien die Wetten in die Totalisatoren deutscher Trabrennvereine um 87 Prozent gesunken - von ursprünglich 214 Millionen auf gerade noch 27 Millionen Euro. Durch die gesunkenen Rückerstattungen sei die Zahl der Leistungsprüfungen im Bereich der Traberzucht um 70 Prozent zurückgegangen. Seien 1993 6,6 Millionen Euro an Züchterprämien ausgeschüttet worden, so seien es 2011 nur noch 720.000 Euro gewesen. Im Gegensatz dazu würden in Frankreich jedes Jahr 11.000 Trabrennen veranstaltet und aus Totalisatorwetten 27,5 Millionen Euro ausgeschüttet. "Das Pferd ist nicht nur ein Kulturgut in Frankreich", appellierte ein Vertreter des Hauptverbandes für Traberzucht an die Politik.


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3. SPD will "aufenthaltsrechtliches Programm zur Sicherung des Fachkräftebedarfs"

Inneres/Antrag

Berlin: (hib/STO) Die SPD-Fraktion macht sich für ein umfangreiches "Programm zur Unterstützung der Sicherung des Fachkräftebedarfs mit Mitteln des Aufenthaltsrechts" stark. In einem Antrag (17/9029), der am Donnerstag erstmals auf der Tagesordnung des Bundestages steht, fordert die Fraktion die Bundesregierung auf, ein solches Programm aufzulegen.

Danach sollen zur "Erschließung von Potenzialen im Inland" die Bemühungen um ausländische Hochschulabsolventen verstärkt sowie die bislang einjährige Frist, innerhalb derer ausländische Absolventen einer deutschen Hochschule sich einen Arbeitsplatz suchen können, auf 18 Monate verlängert werden. Auch soll laut Vorlage unter anderem eine weitergehende Bleiberechtsregelung für langjährig Geduldete geschaffen werden.

Neben "nachfrageorientierten Regelungen", nach denen unter anderem für bestimmte Berufsgruppen ein genereller Bedarf festgestellt werden können und damit im Einzelfall keine sogenannte Vorrangprüfung mehr erforderlich sein soll, werden in dem Antrag auch "angebotsorientierte Regelungen" gefordert. Danach soll im Rahmen eines Modellprojekts ein Punktesystem eingeführt werden. Mit ihm sollen Ausländer, die anhand ihrer Qualifikationen einen bestimmten Punktestand erreichen, unabhängig von einem konkreten Arbeitsplatzangebot eine Aufenthalts- und Beschäftigungserlaubnis erhalten können. Zu den weiteren Maßnahmen, die in dem Antrag gefordert werden, zählt unter anderem, das in Paragraf 30 des Aufenthaltsgesetzes geregelte Erfordernis des Spracherwerbs vor Einreise beim Ehegattennachzug abzuschaffen.


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4. Die Linke will Staatsleistungen an Religionsgesellschaften abschaffen

Recht/Gesetzentwurf

Berlin: (hib/BOB) Die Trennung von Staat und Kirche mahnt die Fraktion Die Linke in einem Gesetzentwurf (17/8791) an. Die Länder seien nach Vorgaben der Weimarer Reichsverfassung von 1919 - die heute Bestandteil des Grundgesetz seien - verpflichtet, die Staatsleistungen an die Religionsgesellschaften abzulösen. Kirchen genössen nach wie vor Mittel in erheblichem Umfang. Eine solche Bevorzugung der Kirchen gegenüber anderen Bekenntnisgemeinschaften und nichtreligiösen wie gesellschaftlichen Gruppen verstoße grundsätzlich gegen das Prinzip der Trennung von Staat und Kirche und die Verpflichtung des Staates zur Wahrung der religiös-weltanschaulichen Neutralität. Ungeachtet dieser klaren und in der juristischen Fachwelt "unbestritten geltenden Regelung" sei dieser bereits mehr als 90 Jahre gültige Verfassungsauftrag bis heute nicht umgesetzt worden.

Die Linke schlägt vor, zur Wahrung der Einheitlichkeit dem Bund Grundsätze aufzustellen zu lassen. Diese müssten durch Landesgesetz verfügte Ablösung der Staatsleistungen an Religionsgesellschaften und deren Entschädigung regeln. Als Ausgleich für diesen Enteignungsvorgang setze dieses Gesetz eine Ablösungssumme in Höhe des zehnfachen Jahresbetrags gezahlten Summe fest.


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Quelle:
Heute im Bundestag Nr. 151 - 21. März 2012 - 16:45 Uhr
Herausgeber: Deutscher Bundestag
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veröffentlicht im Schattenblick zum 23. März 2012