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BUNDESTAG/3260: Heute im Bundestag Nr. 265 - 23.05.2012


Deutscher Bundestag
hib - heute im bundestag Nr. 265
Neues aus Ausschüssen und aktuelle parlamentarische Initiativen

Mi, 23. Mai 2012 Redaktionsschluss: 18:20 Uhr

1. Bundesregierung will Griechenland im Euroraum halten
2. London sieht sich gut vorbereitet für Olympische und Paralympische Spiele 2012
3. Berliner Großflughafen benötigt vollautomatische Brandschutzanlage
4. Angebot an Filmen für Seh- und Hörbehinderte soll ausgeweitet werden
5. Frauen sind Orchideen in der Welt der Technik



1. Bundesregierung will Griechenland im Euroraum halten

Ausschuss für die Angelegenheiten der Europäischen Union

Berlin: (hib/KRU) Die Bundesregierung hat in einer Unterrichtung des Ausschusses für die Angelegenheiten der Europäischen Union vor dem Treffen der EU-Staats- und Regierungschefs an diesem Mittwochabend in Brüssel klar das politische Interesse Berlins betont, Griechenland weiter in der Eurozone zu halten. Auf Anfrage der Linksfraktion betonte der Staatsminister bei der Bundeskanzlerin, Eckart von Klaeden (CDU), es gebe genügend Flexibilität, auf Entwicklungen in Griechenland zu reagieren. Dies liege vor allem in der Hand der Troika, die die wirtschaftliche Entwicklung in dem krisengeschüttelten Land beobachtet. "Ich hoffe, dass bei der Neuwahl im Juni eine Regierung gewählt wird, die die Verpflichtungen gegenüber Brüssel erfüllt", sagte von Klaeden. Spekulationen darüber, was geschehe, wenn in Athen eine Regierung ans Ruder komme, die die Spar-Verpflichtungen ablehne, wollte von Klaeden nicht machen.

Zu den Umstrukturierungsplänen von 80 Milliarden Euro bis 2013 aus den EU-Struktur- und Köhäsionsfonds zugunsten angeschlagener Länder im Euroraum sagte der Staatsminister, diese müssten "effizient eingesetzt werden". Sieben Milliarden davon würden nun für die Bekämpfung der Jugendarbeitslosigkeit aufgewendet. Man müsse allerdings aufpassen, dass es hier "keine Mitnahmeeffekte" gebe.

Auf Nachfrage der SPD-Fraktion sagte von Klaeden, es gebe zwischen der Bundesregierung und Bayern keinen Dissens wegen der geforderten internationalen Finanztransaktionssteuer. Eine nationale Steuer, wie sie teils aus der CSU gefordert werde, lehne er aber ab.

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2. London sieht sich gut vorbereitet für Olympische und Paralympische Spiele 2012

Sportausschuss

Berlin: (hib/HAU) Die britische Hauptstadt London ist gut vorbereitet auf die anstehenden Olympischen und Paralympischen Spiele. "Wir erwarten die größte Show der Welt", sagte Simon McDonald, britischer Botschafter in Deutschland und Gastgeber der Sitzung des Sportausschusses am Mittwochnachmittag. Allein zu den am 27. Juli beginnenden Olympischen Spielen würden 15.000 Sportler aus 200 Ländern erwartet, sagte McDonald. Bei den Paralympics, die am 29. August beginnen, würden weitere 4.200 Sportler aus 160 Ländern starten, ergänzte Alan Dickson, Mitglied des Internationale Paralympischen Komitee. Planung und Vermarktung beider Veranstaltungen seien "besser als je zuvor", zeigte sich Botschafter McDonald sicher.

Angesichts von mehr als 1,5 Millionen verkauften Tickets für die Wettkämpfe könne man feststellen, "dass die Paralympics immer mehr in den Vordergrund rücken und nicht mehr nur ein Anhängsel der Olympischen Spiele sind", sagte Friedrich Julius Beucher, Präsident des Deutschen Behindertensportverbandes (DBS). Auch das Medieninteresse sei gestiegen. Mit Ausnahme der Primetime würden den ganzen Tag Wettkämpfe der Paralympischen Spiele übertragen, zeigte er sich zufrieden. Für die Sportler seien die Spiele der große Höhepunkt, betonte die Aktiven-Sprecherin Manuela Schwermund. "Wir wollen alle hinfahren und alles gewinnen", sagte sie. Die Vorgaben für die Qualifikation seien aber sehr hart. Anders als bei den "Fußgängern" reiche bei den Behindertensportlern eine Finalchance nicht aus. "Es muss schon eine Medaillenchance bestehen", sagte die Luftgewehrschützin, die ebenfalls noch in der Qualifikation steckt.

Karl Quade, DBS-Vizepräsident und Delegationsleiter in London, lobte den inklusiven Charakter der Spiel in London. "Es ist eine gemeinsame große Veranstaltung", sagte Quade. So werde das Team der Paralympics in den gleichen Unterkünften wohnen, wie zuvor die deutschen Olympiateilnehmer. Außerdem fänden die Wettkämpfe in den selben Sportstätten wie bei den Olympischen Spielen statt. "Auch was Doping angeht gelten bei uns die gleichen Regeln wie beim Olympiateam", betonte Quade.

Die Nominierung der Olympiateilnehmer beginne mit der Präsidiumssitzung am 31. Mai, sagte Christa Thiel, Vizepräsidentin des Deutschen Olympischen Sportbundes (DOSB). Nach der abschließenden Sitzung am 4. Juli stehe das Team endgültig fest. Dann würden auch Trainer und Betreuer nominiert und "Einzelfälle entschieden", sagte Thiel. Derzeit sei von einer Mannschaftsstärke von 380 Sportlern auszugehen, ergänzte Thomas Sinsel, stellvertretender Leistungssportdirektor beim DOSB. Problematisch, so räumte er ein, sei die schwache Besetzung in den Mannschaftssportarten. Lediglich die beiden Hockeyteams hätten sich schon qualifiziert. Die Herren-Volleyballmannschaft habe noch eine Chance dazu. Im Fußball, Handball und Basketball seien aber sowohl die Damen als auch die Herrenteams in der Qualifikation ausgeschieden. Was die Nationenwertung angeht, so stellte Sinsel unter Berücksichtigung aller Weltmeisterschaftsergebnisse der vergangenen zwei Jahre den Kampf um einen Platz "hinter den großen Drei aus China, den USA und Russland" in Aussicht.

Während die Fußball-Damen und die Wasserball-Herren unglücklich gescheitert seien, habe man mit einer Qualifikation der Basketballer nicht unbedingt rechnen können, schätzte Christa Thiel ein. Auch die Fußball-Herren hätten immerhin 1988 das letzte Mal bei Olympia teilgenommen. Wirklich enttäuschend sei die Nicht-Qualifikation der Handball-Herren, so Thiel. Über die Gründe werde man im Anschluss an die Spiele mit dem Verband reden, kündigte sie an.

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3. Berliner Großflughafen benötigt vollautomatische Brandschutzanlage

Ausschuss für Tourismus

Berlin: (hib/MPI) Das zuständige Bauordnungsamt verlangt nach der Verschiebung des Eröffnungstermins für den Flughafen Berlin Brandenburg (BER) nun wieder eine vollautomatische Brandschutzanlage. Wie der Geschäftsführer der Berlin Flughafen GmbH, Rainer Schwarz, am Mittwoch im Tourismusausschuss weiter bestätigte, ist das die im Bauantrag ursprünglich festgelegte Betriebsart. Zwischenzeitlich sei eine teilautomatische Brandschutzanlage vorgesehen worden, um den Eröffnungstermin 3. Juni 2012 zu halten. Die vollautomatische Anlage solle nun rechtzeitig zum neuen Eröffnungstermin am 17. März 2013 fertig und behördlich abgenommen sein, erläuterte Schwarz. Der Geschäftsführer fügte hinzu, dass bis zur nächsten Aufsichtsratssitzung am 22. Juni der Berliner Flughafengesellschaft die zu erwartenden Kosten infolge der Verschiebung zusammengetragen werden sollten.

Der Vertreter des Bundesverkehrsministeriums im Aufsichtsrat, Staatssekretär Rainer Bomba, sagte, die Verschiebung des Eröffnungstermins werde auf den Tourismusstandort Berlin "wenn überhaupt nur kurzfristige Auswirkungen haben". Schwarz erläuterte, nach seinem Kenntnisstand hätten die Umbuchungen der Airlines und die Information der Passagiere im Wesentlichen stattgefunden.

Die Fragen der Abgeordneten bezogen sich unter anderem auf die Genehmigung der Brandschutzanlage, auf das Controlling, die Auswirkungen auf den Tourismusstandort Berlin, die Konsequenzen für die Steuerzahler und die Barrierefreiheit des neuen Großflughafens.

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4. Angebot an Filmen für Seh- und Hörbehinderte soll ausgeweitet werden

Ausschuss für Kultur und Medien

Berlin: (hib/AW) Einstimmig plädiert der Kulturausschuss dafür, dass das Angebot an barrierefreien Kino- und Fernsehfilmen in Deutschland ausgeweitet werden soll. Einen entsprechenden gemeinsamen Antrag der Koalitionsfraktionen CDU/CSU und FDP (17/7709) verabschiedete der Ausschuss am Mittwoch Nachmittag jedoch nicht einstimmig. Die Linke stimmte gegen den Antrag, SPD und Bündnis 90/Die Grünen enthielten sich der Stimme. Die Oppositionsfraktionen kritisierten, dass der Antrag von Union und FDP an vielen Stellen zu unkonkret sei und sich auf Prüfaufträge beschränke.

Die Fraktionen der Koalition und der Opposition begrüßen jedoch in einer gemeinsamen Protokollerklärung eine Ankündigung der Filmförderanstalt (FFA), die eine Verpflichtung der Förderempfänger zur Erstellung von barrierefreien Filmfassungen mit Audiodeskriptionen und Untertitelung kurzfristig für möglich hält und bereits einen Grundsatzbeschluss über eine entsprechende Änderung der Förderrichtlinien und ihrer Anlagen verabschiedet hat. Diese Regelung soll bereits im Herbst 2012 in Kraft treten. Zudem fordern die Fraktionen Kulturstaatsminister Bernd Neumann (CDU) auf, eine entsprechende Änderung der Förderrichtlinien des Deutschen Filmförderfonds (DFFF) zu veranlassen, um ebenfalls zu einer raschen Ausweitung bei Filmen mit barrierefreien Fassungen zu gelangen.

Abgelehnt wurde mit den Stimmen der Koalitionsfraktionen ein Antrag der Grünen (17/8355) zum Ausbau des barriefreien Filmangebots gegen die Stimmen der Oppositionsfraktionen. Die Grünen gaben jedoch zu Protokoll, dass sie die Forderung in ihrem Antrag nach einem Sofortprogramm des Bundes zur Förderung des barrierefreien Films zurückziehen. Diese habe sich durch die Ankündigung der FFA erledigt.

Ebenfalls abgelehnt wurde mit der Mehrheit der Koalitionsfraktionen ein Antrag der SPD-Fraktion (17/8485), in dem die Sozialdemokraten ein umfassendes Programm fordern, um Menschen mit Behinderung prinzipiell den barrierefreien Zugang zu Kultur, Medien und Information zu ermöglichen. Die Sozialdemokraten berufen sich auf das Übereinkommen der Vereinten Nationen über die Rechte der Menschen mit Behinderungen vom 16. Dezember 2006. Mit der Konvention würden Rechtsansprüche geschaffen, die Deutschland umzusetzen habe. Unterstützt wurde der Antrag auch von den Linken und den Grünen. Union und Liberale hingegen verwiesen auf die bereits erreichten Fortschritte. Die von der SPD geforderte Änderung des Vergaberechts, um bei Ausschreibungen der öffentlichen Hand beispielsweise Kultureinrichtungen prinzipiell barrierefrei zu gestalten, lehnte sie ab. Dadurch würden kleinere Firmen von der Ausschreibung ausgeschlossen, da diese dies nicht leisten könnten.

Die SPD setzt sich zudem für den vermehrten Gebrauch der Gebärdensprache und der sogenannten "Leichten Sprache", mit der vor allem Menschen mit geringen sprachlichen Fähigkeiten erreicht werden können, bei öffentlichen Informationsangeboten ein. Dies gelte auch für die Informations- und Kommunikationsangebote des Deutschen Bundestages. Über die Realisierungsmöglichkeiten für Informationsangebote des Bundestages in "Leichter Sprache" wird der Ältestenrat zusammen mit dem Kulturausschuss beraten.

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5. Frauen sind Orchideen in der Welt der Technik

Ausschuss für Bildung, Forschung und Technikfolgenabschätzung

Berlin: (hib/ROL) Nach wie vor hält sich in unserer Gesellschaft hartnäckig das Bild von der technischen, also männlichen Welt und einem weiblichen, technikfernen Leben. Ist also Technik immer noch Männersache? Dieser Frage ist der Ausschuss für Bildung, Forschung und Technikfolgenabschätzung zusammen mit dem Deutschen Frauenrat am Mittwochnachmittag im Berliner Paul-Löbe-Haus des Bundestages in einen Workshop nachgegangen. Um die Antwort zum Thema "Frauen und Technik" vorwegzunehmen: Frauen sind nach wie vor kaum an der Entwicklung technischer Produkte beteiligt, und sie arbeiten nur zu geringem Anteil in technischen Berufen.

Die Ausschussvorsitzende, Ulla Borchardt (SPD), machte in ihrem Eingangsstatement darauf aufmerksam, dass die meisten Studien zu technischen Neuerungen fast nie nach Genderkriterien, also geschlechterdifferenzierenden Momenten fragen würden. Weder die weibliche Perspektive noch die möglicherweise andere Nutzung von Produkten würden besonders untersucht und bei der Entwicklung von Produkten berücksichtigt.

Kira Stein vom Deutschen Ingenieurinnenbund stellte in ihrem Referat "Ohne Frauen fehlt der Technik was" die These auf, dass alles, was Männer machen, Technik sei. Frauen hingegen würden allenfalls als kreativ gelten. Wenn ein Mann an einer Drehmaschine eine Achse herstellt, sei das Technik. Das Fertigen eines Schnittmusters zur Herstellung eines Kleides würde in unserem Denken jedoch nicht als technischer Prozess wahrgenommen werden . "Wenn eine Frau eine Technik beherrscht, ist das im Bewusstsein der Gesellschaft schnell keine Technik", sagte die Maschinenbauingenieurin und Gesellschafterin einer Software-Entwicklungsfirma. Es sei dringend geboten, mehr technisches Basiswissen an Schulen zu vermitteln. Dieses Grundverständnis müsse integraler Bestandteil unserer Kultur werden.

Anschließend ging Bettina-Johanna Krings der Frage nach "Gibt es einen weiblichen Blick auf die Technik?". Mit einem eindeutigen Ja oder Nein könne man diese Frage heutzutage nicht mehr beantworten, sagte die Soziologin, die am Institut für Technikfolgenabschätzung und Systemanalyse arbeitet. Natürlich könne man Thesen radikaler Feministinnen der 1980er Jahre - weibliche Technik ist emotional und deshalb besser - nicht folgen. Dennoch machte sie am Beispiel der Entwicklung von Care-Robotern, also Robotern, die die Pflege von alten Menschen übernehmen, deutlich, dass es in bestimmten Fällen eine weibliche Sichtweise auf Technik gibt. Frauen würden diese Roboter genauso nutzen wie Männer. Im Gegensatz zu Männern würden Frauen jedoch nicht vergessen, dass in der Pflege von Alten und Kranken Mitgefühl und Barmherzigkeit wichtig sind. Dazu seien Roboter aber nun mal nicht fähig.

Dieser Aspekt deckt sich mit einer Untersuchung, die Martina Schraudner von der Technischen Universität Berlin in ihrem Referat "Stärkere Frauenbeteiligung bei der Technikentwicklung - aber wie?" vorlegte. Danach sind Frauen entgegen der allgemeinen Annahmen nicht technikfeindlich. Wenn Technik zu den Lebensumständen passe, würden Frauen diese zu ihrer Unterstützung, zum Beispiel im Haushalt, nutzen.

Doch wie zaghaft all diese Ansätze zum Thema Frauen und Technik sind, zeigen die harten Zahlen: Im Jahr 2010 haben in Deutschland 56 Frauen in Fach Elektrotechnik promoviert. Davon waren die Hälfte Ausländerinnen. In Forschung und Entwicklung arbeiten insgesamt nur zwölf Prozent Frauen. Davon konnten nur die Hälfte Patente anmelden.

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Quelle:
Heute im Bundestag Nr. 265 - 23. Mai 2012 - 18:20 Uhr
Herausgeber: Deutscher Bundestag
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veröffentlicht im Schattenblick zum 25. Mai 2012